Von den Folgen der Corona-Pandemie betroffene Unternehmen haben nach einer BMF-Mitteilung vom 23.4.2020 bei Verlusten in 2020 ab sofort die Möglichkeit, durch einen pauschalierten Verlustrücktrag eine Erstattung der in 2019 gezahlten Steuervorauszahlungen zu beantragen. Ein entsprechendes BMF-Schreiben soll in Kürze folgen.
Hintergrund
Ich hatte vor kurzem berichtet: Zur Abmilderung der wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie haben Bund und Länder milliardenschwere finanzielle Rettungsschirme in Form von (Sofort-)Krediten, Bürgschaften und nicht rückzahlbaren Sofortzuschüssen auf den Weg gebracht. Ferner wurden umfangreiche steuerliche Maßnahmen beschlossen, die die Liquidität der Unternehmen schonen sollen, insbesondere Steuerstundungen, Erleichterungen bei Vorauszahlungen, befristeter Verzicht auf Vollstreckungsmaßnahmen oder die steuerliche Anerkennung von Corona-bedingten Spenden für gesellschaftliches Engagement auf dem Gemeinnützigkeitssektor. Über diese bisherigen steuerlichen Entlastungsmaßnahmen informiert das BMF auf seiner Website fortlaufend durch FAQ „Corona“ (Steuern). Da sich die Auszahlung von Zuschüssen oder Krediten hinziehen kann, sind die Unternehmen mit steuerlichen Entlastungsmaßnahmen vielfach besser bedient, weil diese die Liquidität im Unternehmen belassen, also sofort wirken.
BMF lässt pauschalen Verlustrücktrag zu
Auf Vorschlag des DIHK und anderer Wirtschaftsverbände lässt das BMF jetzt ab sofort eine weitere steuerliche Gestaltung zu, die für Unternehmen bares Geld wert ist. Betriebe, die –wie die meisten – coronabedingt – in diesem Jahr mit einem Verlust rechnen, erhalten eine weitere Liquiditätshilfe: Ab sofort können sie neben den bereits für 2020 geleisteten Vorauszahlungen auch eine Erstattung von für 2019 gezahlte Steuerbeträge bei ihrem zuständigen Finanzamt beantragen, und zwar auf Grundlage eines pauschal ermittelten Verlustes für das aktuelle Jahr 2020.
Verfahrenstechnisch wird dies über einen unterjährig wirkenden Verlustrücktrag ermöglicht. Die beschlossene Pauschalierung bringt für die betroffenen Unternehmen eine Vereinfachung: Denn in der aktuellen Situation ist der für 2020 zu erwartende coronabedingte Verlust vielfach nur schwer zu bestimmen. Die üblicherweise erforderlichen Nachweise sind für die Verwaltung und die Steuerpflichtigen mit einem hohen Aufwand verbunden, der mit der jetzt beschlossenen Pauschalierung wegfällt. Betroffene Steuerpflichtige mit Gewinn- und Vermietungseinkünften können die nachträgliche Herabsetzung der Vorauszahlungen zur Einkommen- oder Körperschaftsteuer für 2019 jetzt auf der Grundlage eines in 2020 pauschal ermittelten Verlustrücktrags (§ 10d Abs. 1 S. 1 EStG) beantragen. Von einer „Betroffenheit“ wird hierbei regelmäßig ausgegangen, wenn die Vorauszahlungen für 2020 bereits auf null Euro herabgesetzt wurden.
Ermittlung des pauschalen Verlustrücktrags
Der pauschal ermittelte Verlustrücktrag aus 2020 beträgt 15 Prozent der maßgeblichen Einkünfte, die der Festsetzung der Vorauszahlungen für 2019 zugrunde gelegt wurden (max. eine Million Euro bzw. zwei Millionen Euro bei Zusammenveranlagung im Rahmen von § 10d EStG). Auf dieser Grundlage werden die Vorauszahlungen für 2019 neu berechnet. Eine Überzahlung wird erstattet.
Wenn es dem Unternehmen später wirtschaftlich wieder besser geht und es wider Erwarten im Jahr 2020 doch noch einen Gewinn erzielt, muss der Unternehmer diesen Liquiditätsvorteil wieder an den Fiskus zurückzahlen. Solange das Unternehmen Verluste ausweist, muss nicht zurückgezahlt werden.
Beispiel:
Der Steuerzahler hat für das Jahr 2019 Vorauszahlungen zur Einkommensteuer i. H. v. 20.000 Euro entrichtet. Sein für 2019 voraussichtlich erwarteter Gewinn beläuft sich auf 80.000 Euro. Für das Jahr 2020 wurden Vorauszahlungen i. H. v. 6.000 Euro pro Quartal festgesetzt. Die Zahlung für das erste Quartal 2020 hat er zum gesetzlichen Fälligkeitstermin (10.3.2020) geleistet.
Wegen der wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise bricht sein Umsatz im Jahr 2020 auf null Euro ein, seine Fixkosten laufen aber unverändert weiter. Er beantragt deshalb unter Hinweis auf seine corona-bedingten wirtschaftlichen Verhältnisse beim Finanzamt eine Herabsetzung seiner Vorauszahlungen für 2020 auf null Euro. Das Finanzamt setzt diese antragsgemäß herab und erstattet die bereits geleistete Vorauszahlung für das erste Quartal 2020 i. H. v. 6.000 Euro.
Zusätzlich beantragt er jetzt im Hinblick auf den erwarteten Verlust für 2020 die Herabsetzung der Vorauszahlungen für 2019 im – neuen – pauschalierten Verfahren. Das Finanzamt setzt die Vorauszahlungen für 2019 auf der Grundlage eines pauschal ermittelten Verlustrücktrags von 12.000 Euro (15 Prozent von 80.000 Euro) auf 16.000 Euro herab. Das Finanzamt erstattet die Überzahlung i. H. v. 4.000 Euro. Also bekommt der Unternehmer insgesamt 10.000 Euro (6.000 Euro Vorauszahlung für das 1. Quartal 2020 + 4.000 Euro Vorauszahlung aus 2019 – pauschaler Verlustrücktrag) ausgezahlt.
Wie geht’s weiter?
Natürlich können Steuererstattungen nicht auf Basis einer bloßen BMF-Pressemitteilung erfolgen. Die konkreten Details sollen in einem BMF-Schreiben geregelt, das in Kürze veröffentlicht wird; dann liegt eine ausreichende Rechtsgrundlage vor, auf die sich alle betroffenen Steuerzahler berufen können.
Die Wirtschaftsverbände hatten einen pauschalierten Verlustrücktrag in größerem (d.h. nicht auf 15 Prozent der maßgeblichen Einkünfte beschränkten) Umfang angeregt. Ferner hätten sie einen mehrjährigen Verlustrücktrag befürwortet, der nicht auf ein Jahr beschränkt ist. Dann hätten vom Verlustvortrag auch solche „Corona-geschädigte“ Unternehmen profitiert, die zwar in 2019 keinen, jedoch dafür in 2018 einen Gewinn erzielt haben. Wie dem auch sei: Mit der jetzt gefundenen Lösung ist einer Vielzahl von Unternehmen geholfen, die jetzt sehr schnell wieder über (mehr) Liquidität verfügen.
Quelle
BMF-Pressemitteilung vom 23.4.2020
Lesen Sie in der NWB Datenbank hierzu auch folgenden infoCenter-Beitrag:
Meier, Verlustausgleich – Verlustabzug
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Wichtig: man bekommt hier nur sein eigenes Geld erstattet, keinen Zuschuss. Die „Retourkutsche“ folgt nämlich, wenn die Steuererklärung 2019 einreicht und die Erstattung der Vorauszahlungen vom Finanzamt wieder zurückgefordert wird. Hier lässt sich zwar ggf. eine zinslose Stundung beantragen. Man sollte dann nur aufpassen, dass man seinen Laden – insbesondere, wenn 2020 doch keine so hohen Verluste brachte – nicht wegen der ganzen Nachzahlungen 2021/2022 zumachen muss.