Die von Bundestag und Bundesrat Ende 2019 verabschiedete Grundsteuerreform (Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes v. 15.11.2019, BGBl 2019 I S. 1546) ermöglicht es mit einer Öffnungsklausel, dass die Länder ein von der Bundesregelung abweichendes Modell für die Erhebung der Grundsteuer erlassen. Jetzt hat das Land Hessen sein eigenes Grundsteuermodell vorgestellt.
Hintergrund
Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (10.04.2018 – 1 BvL 11/14) waren die bisherigen Bewertungsregeln für die Grundsteuererhebung verfassungswidrig. Eine Neuregelung der Grundsteuer musste nach dem Auftrag des BVerfG bis Ende 2019 im Bundesgesetzblatt stehen – danach besteht bis 2024 Zeit, die Grundlagen für die Anwendung des neuen Rechts zu schaffen. Nach zähem Ringen hat sich die Bundesregierung auf ein Reformpaket verständigt.
Neben der Einführung einer neuen Grundsteuer C zur Mobilisierung baureifer Grundsteuer und der Verabschiedung neuer Bewertungsregeln war vor allem die Änderung des GG ein zentraler Streitpunkt: Denn diese war nicht nur für die Absicherung der Gesetzgebungskompetenz des Bundes erforderlich, sondern vor allem für eine Länderöffnungsklausel, die es den Ländern ermöglicht, abweichende Regeln zu schaffen. Diese gesetzliche Grundlage ist Ende 2019 in Kraft getreten (BGBl 2019 I S. 1546). Durch Ergänzung des Art. 105 Abs. 2 GG wird die konkurrierende Gesetzgebungsbefugnis für den Bund festgeschrieben und die Abweichungsbefugnis der Länder durch Aufnahme der Grundsteuer in den Katalog des Art. 72 Abs. 3 Nr. 7 GG begründet. Anstelle eines (neuen) wertabhängigen Bewertungsmodells können die Bundesländer nun abweichend entscheiden, die Grundsteuer nach einem wertunabhängigen Modell zu berechnen. Dieses weniger aufwändige Bewertungsverfahren wird durch die Länderöffnungsklausel im Grundgesetz möglich…
Flächen-Lage-Modell in Hessen
Das jetzt vom hessischen Finanzminister verlautbarte Konzept für die Grundsteuer-Erhebung hat folgende Eckpunkte:
- Grundsteuer A:
Die Regelungen des Bundes zur Grundsteuer A will das Land Hessen übernehmen. Die Grundsteuer A gilt als „Gewerbesteuer der Land- und Forstwirte“ und ist heute wie künftig ertragswertorientiert ausgestaltet. Dies spricht für eine bundeseinheitliche Regelung.
- Grundsteuer B:
Die Grundsteuer B wird auf Privat- und Betriebsgrundstücke erhoben und war im Gesetzgebungsverfahren der zentrale Streitpunkt, weil sich gerade hier die Bewertungsfrage besonders auswirkt. Das Hessen-Modell verfolgt als Zielsetzung „Gerecht, einfach und verständlich: So soll die neue Grundsteuer in Hessen sein. Gerecht, da in guten Lagen mehr Grundsteuer anfällt als in weniger guten. Einfach, da sie für Bürger wie Verwaltung gut handhabbar ist. Verständlich, da gut nachvollziehbar ist, wie diese für die Kommunen so wichtige Steuer berechnet wird.“ Dieses Ziel will Hessen nun mit einem „Flächen-Faktor-Verfahren“ umsetzen: Neben Flächengrößen soll auch die Lage eine Rolle dabei spielen, in welchem Umfang die Grundstücksnutzer von kommunaler Infrastruktur profitieren können. Mit einem einfachen Faktorverfahren wird das Ergebnis des Flächenmodells erhöht oder vermindert, je nachdem, wie sich die Lagequalität des betreffenden Grundstücks im Vergleich zu einer durchschnittlichen Lage in der Gemeinde darstellt. Das bedeutet: Einfache Lagen werden gegenüber dem reinen Flächenmodell niedriger, gute Lagen höher besteuert. Für die Berechnung sollen die bereits vorhandenen Bodenrichtwertzonen genutzt. Das Modell nimmt auf die Gegebenheiten vor Ort Rücksicht. In Gemeinden mit keinen oder nur sehr geringen Unterschieden im Bodenwertniveau soll es zu gleichen Ergebnissen wie das Flächenmodell führen. Weichen jedoch Zonenwerte vom kommunalen Durchschnitt der Bodenwerte in stärkerem Maße ab, führt dies auch zu Unterschieden in der Bemessungsgrundlage der Grundsteuer.
- Grundsteuer C:
Hessen möchte in seinem Grundsteuergesetz auch eine Regelung zur Grundsteuer C aufnehmen, die es den Gemeinden ermöglicht, für baureife Grundstücke per gesondertem Hebesatz eine höhere Grundsteuer zu erheben, als für die übrigen Grundstücke. Ergänzend zur Bundesregelung soll die hessische Regelung hierbei die Möglichkeit vorsehen, den Hebesatz für die Grundsteuer C nach der Dauer der Baureife von Grundstücken abzustufen, wobei eine Höchstgrenze gelten soll.
Was machen die anderen Länder?
Die „Länderöffnungsklausel“ war insbesondere ein Petitum des Landes Bayern, um aufgrund der Immobilität des Steuerobjekts und des bereits in der Verfassung verankerten Hebesatzrechtes die Steuerautonomie der Länder dadurch zu stärken, dass sie abweichende Bewertungsregeln erlassen können. Bayern will ganz ohne Wertkomponente auskommen und die Grundsteuer allein an der Fläche bemessen. Beabsichtigt ist eine „Einfachgrundsteuer“ einzuführen, die im Grundsatz auf den Kriterien „Fläche des Grunds und Bodens“ sowie „Wohn- bzw. Nutzfläche des Gebäudes“ beruht. (BayLT-Drs.18/3557 v. 18.10.2019) Eigentlich wollte Bayern bis Ende des ersten Quartals 2020 erste konkrete Vorschläge zur Umsetzung der Grundsteuerreform vorlegen; dazu ist es bislang – soweit ersichtlich – noch nicht gekommen, Corona lässt grüßen.
Erste Überlegungen für eine gesonderte Länderregelung gibt es auch in Baden-Württemberg. Dort hat das Finanzministerium im Januar 2020 einen Vorschlag für ein Bodenwertmodell vorgelegt (Staatsanzeiger BW v. 31.1.2020).
Hessen hat bereits den anderen Ländern angeboten, sich an dem Hessen-Modell zu beteiligen oder dieses zu übernehmen. Mal sehen, ob die Länderfinanzminister sich darauf einlassen. Zu begrüßen wäre das zur Vermeidung eines Fleckenteppichs unterschiedlichster Besteuerungsmodelle allemal.
Quellen
https://finanzen.hessen.de/steuern/reform-der-grundsteuer