Die EU-Lieferketten-Richtlinie (CSDDD) hat am 28.2.2024 im Rat der EU-Mitgliedstaaten keine Mehrheit gefunden. Ist das das Aus für das EU-Lieferkettenrecht?
Hintergrund
Ich habe wiederholt im Blog berichtet: Die EU-Kommission hatte am 23.2.2022 den Entwurf einer RL zur nachhaltigen Unternehmensführung, den Entwurf einer Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD), die neben Vorgaben für eine verantwortungsvolle Unternehmensführung auch menschenrechtliche und umweltbezogene Sorgfaltspflichten definiert.
Am 14.12.2023 hatten sich die Verhandlungsführer von EU-Rat und EU-Parlament über die CSDDD (sog. EU-Lieferkettenrichtlinie) geeinigt, deren Inhalt die Anforderungen des deutschen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes noch verschärfen würde. Die für den 14.2.2024 geplante finale Abstimmung über die EU-Lieferketten-Richtlinie hat Rat der Europäischen Union (Rat) zunächst verschoben, um eine Kompromisslösung noch vor den Europawahlen im Juni zu finden.
CSDDD im Rat gescheitert – Welche Folgen hat das?
Nach der Abstimmung im Ausschuss der Ständigen Vertreter im EU-Rat am 28.2.2024 steht die EU-Lieferketten-RL (CSDDD) nun vor dem Aus, weil es keine qualifizierte Mehrheit dafür gab. Die aktuelle belgische Ratspräsidentschaft teilte hierzu nach Meldung der Presseagenturen am 28.2.2024 mit: „Wir müssen nun den Stand der Dinge prüfen und werden sehen, ob es möglich ist, die von den Mitgliedstaaten vorgebrachten Bedenken in Absprache mit dem Europäischen Parlament auszuräumen.“
Damit haben sich die Bedenkenträger – in Deutschland die FDP als Teil der Regierungsampel mit ihren Bedenken gegen zu viel Bürokratie und zu weitreichende zivilrechtliche Haftung der Unternehmen entlang der Lieferkette, wenn gegen die Pflichten aus Art. 7 und 8 des RL-Entwurfs verstoßen wird, durchgesetzt – vorerst und bis auf Weiteres jedenfalls.
Zwar wäre es formalrechtlich möglich, dass die CSDDD auch nach der Europawahl im Juni 2024 in den neu zusammengesetzten Gremien verhandelt und gar verabschiedet wird, weil es eine strenge parlamentarische Diskontinuität wie in Deutschland auf EU-Ebene nicht gibt. Allerdings scheint zweifelhaft, ob die CSDDD weiterverfolgt wird, wenn erstmal die Europawahlen erfolgt sind.
Ist das Scheitern gut oder schlecht für die deutsche Wirtschaft?
Es wäre zwar wünschenswert, wenn mit einer EU-RL gleiche Wettbewerbsbedingungen in Bezug auf Sorgfaltspflichten in Lieferketten hergestellt würden, da das derzeit (nur) in Deutschland geltende LKSG die deutschen Unternehmen benachteiligt. Allerdings muss dies mit Augenmaß passieren, insbesondere muss eine über das Ziel hinausschießende, von nicht den Unternehmen nicht beherrschbare zivilrechtliche Haftung vermeiden werden.
Weitere Informationen
DIHK-PM vom 1.2.2024 „Gründlichkeit vor Schnelligkeit“: EU-Lieferkettenrichtlinie: Gründlichkeit vor Schnelligkeit (dihk.de)