Am 5.7.2024 ist die von EU-Parlament und Ministerrat beschlossene EU-Lieferketten-Richtlinie (CSDDD) verkündet worden und tritt noch im Juli 2024 in Kraft. Welche Folgen hat das für deutsche Unternehmen?
Hintergrund
Ich hatte wiederholt im Blog berichtet: Seit 1.1.2023 gilt in Deutschland zum Schutz von Arbeits- und Menschenrechten sowie Umweltstandards in Lieferketten das Lieferkettengesetz (LKSG; BGBl 2021 I S. 2159). Auf EU-Ebene hatte man sich im Dezember 2023 bereits auf eine EU-Lieferketten-RL (CSDDD) geeinigt, die über die das deutsche LKSG hinausgeht. Das EU-Parlament hat am 24.4.2024 der modifizierten EU-Lieferketten-Richtlinie (CSDDD) zugestimmt. Mit der erfolgten finalen Zustimmung des Ministerrats ist der formale Rechtssetzungsprozess auf EU-Ebene abgeschlossen. Am 5.7.2024 ist nun die CSDDD im Amtsblatt der EU veröffentlicht worden (ABl. 2024, S. 58 v. 5.7.2024). Die Richtlinie tritt am zwanzigsten Tag nach Verkündung in Kraft, also noch im Juli 2024. Jetzt muss Deutschland – wie alle anderen EU-Mitgliedstaaten auch – innerhalb von zwei Jahren die CSDDD in deutsches Recht umsetzen, also bis spätestens Juli 2026.
Stufenweise Umsetzung der CSDDD
Die CSDDD tritt für Unternehmen in der EU stufenweise wie folgt in Kraft:
- 3 Jahre nach Inkrafttreten für Unternehmen mit mehr als 5.000 Beschäftigten und einem weltweiten Nettoumsatz > 1.500 Millionen Euro,
- 4 Jahre nach Inkrafttreten für Unternehmen mit mehr als 3.000 Beschäftigten und einem weltweiten Nettoumsatz > 900 Millionen Euro und
- 5 Jahre nach Inkrafttreten für Unternehmen mit mehr als 1.000 Beschäftigten und einem weltweiten Nettoumsatz > 450 Millionen Euro.
Was bedeutet das für deutsche Unternehmen?
Nachdem die EU die CSDDD nicht als Verordnung, sondern als Richtlinie verabschiedet hat, muss diese zunächst in den EU-Mitgliedstaaten – also auch in Deutschland innerhalb der Frist von zwei Jahre, spätestens bis Juli 2026 umgesetzt werden. Die CSDDD gilt also nicht unmittelbar für deutsche Unternehmen, sondern erst, wenn sie der deutsche Gesetzgeber entsprechend umgesetzt hat. Dazu muss in Deutschland das LKSG aus 2021, das seit 1.1.2023 gilt, angepasst werden, um die Vorgaben der CSDDD umzusetzen; allerdings könnte der deutsche Gesetzgeber über den Inhalt der CSDDD auch hinaus regulieren, also den Inhalt der CSDDD für deutsche Unternehmen sogar verschärfen.
Zur Vermeidung von Wettbewerbsnachteilen haben deutsche Wirtschaftsverbände unmittelbar nach Verabschiedung der CSDDD die Aussetzung des deutschen LKSG gefordert, weil dieses in zentralen Punkten aktuell noch strenger ist als die EU-CSDDD. Inzwischen liegen entsprechender Oppositionsantrag der CDU/CSU (BT-Drs. 20/11752) im Bundestag sowie ein Entschließungsantrag des Bundesrates (BR-Drs. 323/24) mit derselben Zielrichtung vor, das deutsche KSG sofort aufzuheben – ich habe gerade erst dazu im Blog berichtet. Nachdem nun noch im laufenden Juli 2024 die CSDDD in Kraft tritt, wächst der Druck auf Bundestag und Bundesrat, umgehend Klarheit für deutsche Unternehmen zu schaffen, welcher Anforderungen an Sorgfaltspflichten für deutsche Unternehmen in Lieferketten künftig gelten sollen – und welche nicht. Das sollte umgehend nach der parlamentarischen Sommerpause erfolgen, weil die Unternehmen auch zeitlichen Vorlauf benötigen, um die entsprechenden Prozesse in den Unternehmen anzupassen – wir bleiben dran!
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