Update: Einigung im Schuldenstreit – kommt die Grundgesetzänderung?

Am 14.3.2025 haben sich SPD und CDU/CSU mit der Fraktion Bündnis90/Die Grünen über die Modifikation des Gesetzentwurfs zur Änderung des GG (BT-Drs. 20/15096) geeinigt, über den der Bundestag am 18.3.2025 final abstimmen wird; für die Annahme ist eine Zwei-Drittel-Mehrheit in Bundestag und Bundesrat erforderlich, der am 21.3.2025 tagen wird.

Hintergrund

Am 13.3.2025 hat sich der Bundestag in erster Lesung den von den Fraktionen von CDU/CSU und SPD eingebrachten „Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes“ befasst. Ziel dieses Entwurfs ist es, höhere Verteidigungsausgaben, ein Sondervermögen Infrastruktur in Höhe von 500 Milliarden Euro und einen Verschuldungsspielraum für die Haushalte der Länder zu ermöglichen – ich habe im Blog berichtet. Das Bundesverfassungsgericht (hat den Weg dafür frei gemacht, dass der (alte) Bundestag überhaupt noch am 18.3.2025 über die Grundgesetzänderung abstimmen darf. Da im Bundestag für Annahme des Gesetzentwurfs aber eine Zwei-Drittel-Mehrheit erforderlich ist, ist auch die Zustimmung aus dem Oppositionslager im aktuellen Bundestag erforderlich.

Einigung der mutmaßlichen neuen Regierung mit Fraktion Bündnis90/Die Grünen

Am 14.3.2024 hatten nun die Verhandlungen zwischen Schwarz-Rot und den Grünen Erfolg. Damit steht der Zweidrittelmehrheit bei der Bundestagsabstimmung am 18.3.2025 vorerst nichts mehr im Weg. Die Grünen konnten erreichen, dass statt 50 nun 100 der zusätzlichen 500 Mrd. Euro im Infrastruktur-Sondervermögen in den Klima- und Transformationsfonds fließen. Zudem legt der (noch nicht veröffentlichte) neue Gesetzestext nun fest, dass das Sondervermögen nur für zusätzliche Investitionen ausgegeben werden darf. Andernfalls hätten „normale“ Investitionen aus dem regulären Haushalt verschoben werden können, sodass am Ende nicht mehr investiert worden wäre. Im Verteidigungsbereich sollen Kredite künftig nicht nur für die Bundeswehr aufgenommen werden dürfen, sondern auch für Geheimdienste, Sicherheit von Computer-Netzen und die Unterstützung der Ukraine.

Verbleibende Abstimmungsrisiken im Bundestag

Mit der politischen Einigung ist aber noch längst nicht „in Stein gemeißelt“, dass es ohne Weiteres zur Zwei-Drittel-Mehrheit im Bundestag kommt. Am 16.3.2025 war der geänderte Gesetzentwurf noch nicht (im Internet) veröffentlicht. Da die Abstimmung im Bundestag bereits am 18.3.2025 erfolgen soll, bleibt nicht viel Zeit – auch nicht für die Abgeordneten des alten Bundestages, um sich mit den komplexen und weitreichenden GG-Änderungen, die vorgeschlagen werden.

Da erinnern wir uns mit Schrecken an das Gesetzgebungsverfahren zum Gebäudeenergiegesetz (GEG), das das BVerfG im Juli 2023 angehalten hatte, weil den Abgeordneten zur Wahrung ihrer Beteiligungsrechte (Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG) ausreichend Zeit eingeräumt werden muss, um sich mit dem Gesetzentwurf zur Bildung einer Meinung auseinanderzusetzen. Außerdem könnte die ausscheidenden Bundestagsabgeordneten der Union und/oder den Grünen ihre Zustimmung verweigern, schon deshalb weil sie keinem Fraktionszwang mehr unterliegen oder an ihren Überzeugungen festhalten (Union: Keine Aufweichung der Schuldenbremse) bzw. Giftpfeile der CSU im Wahlkampf nicht verzeihen (Grüne).

Zustimmungsrisiken im Bundesrat

Auch im Bundesrat ist bei insgesamt 69 Stimmen die erforderliche Zustimmungsmehrheit mit Zwei Dritteln (46 Stimmen) längst nicht sicher. Denn Landesregierungen können im Bundesrat ihre Stimme(n) nur einheitlich abgeben. Die Freien Wähler (FW), die in Bayern Koalitionspartner der CSU sind, haben die Grundgesetzänderung bislang abgelehnt. Bleibt es bei diesem Veto, müsste sich Bayern im Bundesrat enthalten; dann wäre die Zwei-Drittel-Mehrheit in Gefahr.

Es bleibt also spannend: Erst am 21.3.2025 nach Ende der Bundesratssitzung haben wir Gewissheit, ob der Schuldenstreit beigelegt ist. Wir bleiben dran…

Weitere Informationen

Ein Beitrag von:

  • Prof. Dr. jur. Ralf Jahn

    • Studium der Rechtswissenschaften in Würzburg
    • Hauptgeschäftsführer der IHK Würzburg-Schweinfurt
    • Honorarprofessor an der Universität Würzburg

    Warum blogge ich hier?
    Mein erster Blog bietet die Möglichkeit, das Thema der Pflicht der „Pflichtmitgliedschaft in Kammern“ „anzustoßen“ und in die Diskussion zu bringen. Bei genauem Hinsehen sichert der „Kammerzwang“ nämlich Freiheitsrechte durch die Möglichkeit zur eigenverantwortlichen Partizipation.

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