In der Corona-Krise soll der Abschluss neuer Ausbildungsverträge mit dem Bundesprogramm „Ausbildungsplätze sichern“ finanziell gefördert werden. Die Eckpunkte des Programms sind am 24.6.2020 vom Bundeskabinett beschlossen worden. Am 31.7.2020 ist nun die Förderrichtlinie zur Umsetzung des Bundesprogramms vom zuständigen Ministerium veröffentlicht worden. Ab Anfang August können jetzt Ausbildungsprämien beantragt werden.
Hintergrund
Durch Corona bedingte Schließungen von Berufsschulen, Unterbrechungen von Ausbildungen, Kurzarbeit in Ausbildungsbetrieben, eine ansteigende Zahl von Entlassungen bei geringerer Zahl von Neueinstellungen sind auch Ausbildungsplätze in Gefahr, da den Ausbildungsbetrieben Einnahmen fehlen. Deshalb sind aus Sicht der Bundesregierung gezielte Maßnahmen erforderlich, um Ausbildungsplätze auch in der Krise zu schützen, das Ausbildungsniveau der Ausbildungsbetriebe und ausbildenden Einrichtungen in Deutschland aufrecht zu erhalten. Mit Ziff. 30 des Beschlusses des Koalitionsausschusses vom 3.6.2020 „Corona-Folgen bekämpfen, Wohlstand sichern, Zukunftsfähigkeit stärken“ will die Bunderegierung mit einem Finanzpaket von 500 Mio. € Ausbildungskapazitäten erhalten, Kurzarbeit für Auszubildende vermeiden, Auftrags- und Verbundausbildung fördern und Anreize zur Übernahme im Falle einer Insolvenz schaffen. Die Eckpunkte hat die Bundesregierung am 24.6.2020 beschlossen – ich habe berichtet. Am 31.7.2020 ist nun die angekündigte Förderrichtlinie von BMAS/BMFB veröffentlicht worden, die am 3.8.2020 in Kraft tritt.
Inhalt der Förderichtlinie
Schwerpunkte sind die Förderlinien „Ausbildungsprämie“, „Ausbildungsprämie plus“, „Übernahmeprämie“ und „Vermeidung von Kurzarbeit“. Die Programmlinie „Auftrags- und Verbundausbildung“ wird demnächst in einer separaten Richtlinie geregelt. Nach den Richtlinien werden jetzt für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) Ausbildungsprämien bei Erhalt des Ausbildungsniveaus (2000 € pro Auszubildenden), Erhöhung des Ausbildungsniveaus (3000 € pro Auszubildenden), Übernahmeprämien (3000 € pro Auszubildenden) oder bis zu 75% der Brutto-Ausbildungsvergütung bei Vermeidung von Kurzarbeit während der Ausbildung gezahlt.
Was Unternehmen jetzt in der Praxis konkret tun müssen
Geplant ist, dass ab dem kommenden Montag (3.8.2020) für Unternehmen möglich ist, Antrags- und Bestätigungsformulare auf der Seite der Bundesagentur für Arbeit (BA) herunterzuladen und weitere Informationen zu erhalten (www.arbeitsagentur.de). Das Verfahren sieht vor, dass sich das von Corona betroffene KMU zunächst die Anzahl der Ausbildungsverträge der letzten drei Jahre sowie die eingetragene Ausbildungsvergütung mit Stempel und Unterschrift von den Kammern bestätigen lässt, um dann seinen Antrag bei der örtlichen Arbeitsagentur zu stellen. Der DIHK hatte sich gegenüber der Bundesagentur für Arbeit und BMAS für ein deutlich effizienteres und digitales Verfahren im Sinne einer One-Stop-Lösung mit Schnittstellen zwischen Kammern und Agenturen stark gemacht. In der Kürze der Zeit war ein solches aber leider nicht umsetzbar. Ferner hatte der Wirtschaftsverband gegen den Ausweis der Ausbildungsvergütung auf der Bescheinigung der Kammer protestiert. Diese sei aber, so die BA, aus zuwendungsrechtlichen Gründen zwingend notwendig. Immerhin soll es möglich sein, dass das antragstellende Unternehmen die Bescheinigung der zuständigen Stelle auch als Kopie oder Scan bei der Arbeitsagentur einreicht. Damit ist eine Kommunikation zwischen IHK und Unternehmen prinzipiell auch per Mail möglich.
Bewertung
Muster der finalen Antrags- und Bestätigungsformulare sowie Beispiele zur Prämienberechnung liegen von der BA leiden noch immer nicht vor. Auch wenn noch einige Fragen offen sind, hat wenigstens der DIHK schon einige Hilfen rund um das Ausfüllen der Bescheinigungen, Erfassen der Zahlen und Interpretationen der Vorgaben vorbereitet: https://wm.ihk.de/display/BIL/Bundesprogramm+Ausbildung+2020. Bedauerlich ist im Zeitalter von e-government, dass das Verfahren nicht digital, sondern analog abgewickelt werden soll; das sollte schleunigst geändert werden. Kritisch zu bewerten ist auch weiterhin, dass nach dem auch Ende Juli 2020 noch vorhandenen Überangebots an Ausbildungsplätzen ein monetärer Anreiz für Ausbildungsbetriebe auch im Angesicht der Corona-Krise nicht erforderlich erscheint; Es gibt weiterhin mehr Ausbildungsplätze als Ausbildungsbewerber! Sinnhafter scheint inzwischen deshalb den Ausbildungsaspiranten selbst einen weiteren Anreiz zu geben, um sich für eine duale Ausbildung statt für ein Studium zu entscheiden – gegen den Fachkräftemangel !
Quellen
- Eckpunktepapier des BMBF vom 24.6.2020
- Förderrichtlinie vom 31.7.2020 (Bundesanzeiger/pdf)
Leider fehlt in dem Artikel eine wesentliche Voraussetzung, damit der Betrieb sich überhaupt für die Förderung qualifiziert:
Eine Ausbildungsprämie wird einem Ausbildungsbetrieb,
–der durch die Corona-Krise in erheblichem Umfang betroffen ist,
–für eine neu beginnende Berufsausbildung gewährt,
–wenn er die Zahl der für das neue Ausbildungsjahr geschlossenen Ausbildungsverträge auf dem durchschnittlichen Niveau der letzten drei Jahre hält.
In erheblichem Umfang von der Corona-Krise betroffen ist ein Ausbildungsbetrieb, der
–im ersten Halbjahr 2020 wenigstens einen Monat Kurzarbeit durchgeführt hat oder
–dessen Umsatz in den Monaten April und Mai 2020 um durchschnittlich mindestens 60 Prozent gegenüber April und Mai 2019 eingebrochen ist. Bei einem Ausbildungsbetrieb, der nach April 2019 gegründet worden ist, sind statt der Monate April und Mai 2019 die Monate November und Dezember 2019 zum Vergleich heranzuziehen.
Alle Betriebe ohne Kurzarbeit oder ohne deutlichen Umsatzrückgang sind von der Förderung ausgeschlossen.