Sinkende Immobilien-Preise bescheren Adler hohe Verluste
Endlich. Die Quartalsmitteilung der Adler Group zeigt nun deutlich die Auswirkungen der aufgeblähten IFRS-Bilanzen eines Immobilien-Konzerns. Oder anders ausgedrückt: Die Party der Wertsteigerungen ist zu Ende. Jetzt wird der Luftballon nicht mehr aufgeblasen, sondern die Luft entweicht – und zwar en masse. Was genau es damit auf sich hat? Schauen wir uns die Quartalsmitteilung zum 30.09.2022 etwas genauer an.
Wieso Adler einen Verlust von 925 Mio. € ausweist
Ein Vergleich einiger Zahlen liefert interessante Erkenntnisse. Anders als noch im Vorjahr hat Adler nun erstmals keine dreistelligen Millionenbeträge mehr als Wertsteigerungen der Immobilien ausgewiesen. Ganz im Gegenteil: Während in den ersten drei Quartalen 2021 noch eine Wertsteigerung in Höhe von 571 Mio. € ausgewiesen wurde, zeigen die Zahlen für den Vergleichszeitraum 2022 einen Verlust in Höhe von 370 Mio. €. Kurzum: Die aktuellen Werte der Immobilien in der Bilanz mussten nach unten (!) korrigiert werden.
Die Beträge sind vor allem dann erschreckend, wenn man diese ins Verhältnis zu den Umsatzerlösen setzt. Der Gewinn 2021 konnte nämlich nur dank der Wertsteigerungen der Immobilien erzielt werden, denn die Umsatzerlöse lagen bei lediglich 657 Mio. €.
Das Ausbleiben der Wertsteigerungen war einer der Gründe, warum für die ersten drei Quartale 2022 ein Verlust ausgewiesen werden musste. Meine Bedenken haben sich hiermit bestätigt: Auf dieses Risiko habe ich bereits mehrfach hingewiesen – nun findet dies vielleicht endlich Gehör. Ich vermute, dass Adler nicht das einzige Immobilien-Unternehmen bleiben wird, bei dem dies der Fall ist. Dass die Preise immer nur den Weg nach oben kennen, ist alles andere als realistisch.
Noch einmal zum Mitschreiben: Bisher wurden in diesem Jahr 624 Mio. € Umsatzerlöse erwirtschaftet, die Wertverringerungen der Immobilien beliefen sich in diesem Zeitraum auf insgesamt 371 Mio. €. Das sollte man sich einmal auf der Zunge vergehen lassen.
An dieser Stelle noch einmal der Hinweis: Das KPMG-Gutachten dieses Jahres hat doch einige Differenzen bei der Immobilienbewertung zwischen den Adler-Gutachtern und denen von KPMG offengelegt. Auch darauf hatte ich bereits mehrfach hingewiesen. In der Quartalsmitteilung wird nämlich an entsprechender Stelle im Nachtragsbericht nicht darauf eingegangen.
Doch nun zurück zur Frage: Wieso hat die Adler Group 925 Mio. € Verlust vor Steuern ausgewiesen für den Zeitraum 1.1.-30.09.2022? Gute Frage. Ein weiterer Grund ist offensichtlich klar: Es gibt Wertminderungen für Forderungen in Höhe von 371 Mio. €. Leider gibt die Quartalsmitteilung keine Auskunft darüber. Warum nicht? Sie kann verkürzt dargestellt werden und hat keinen Anhang, denn dort würde eine derartige Information im Halbjahresbericht bzw. Konzernabschluss für das gesamte Geschäftsjahr drinstehen. Ein Negativbeispiel, das zeigt, das nur spekuliert werden kann, welcher Sachverhalt dahinter verborgen ist.
Eine solch hohe Wertminderung auf eine Forderung wirft Fragen auf und ist erklärungsbedürftig. Zumindest wenn ein Unternehmen Transparenz anstrebt, was der Verwaltungsratsvorsitzende Kirsten in diesem Jahr mehrfach versprochen hat. Doch leider sehe ich hier nicht, dass dieses Versprechen gehalten wurde. Warum dies wichtig ist? Eine Wertminderung einer Forderung bedeutet nichts anderes als einen Zahlungsausfall: Der Schuldner begleicht die Rechnung nicht bzw. kann sie nicht begleichen.
Ein Blick in den Halbjahresfinanzbericht zeigt: Auch damals waren die Wertminderungen auf Forderungen schon sehr hoch. Doch eine genauere Erläuterung dazu gibt es im Anhang nicht – bedauerlich.
Warum Adler Geld verbrennt
Einer meiner beliebtesten Zitate von Kirsten ist seine Aussage, dass die Wertverringerungen nicht cash-relevant sind. Daher könnte man nun vermuten, dass es um die Liquidität nicht ganz so schlimm bestellt sein müsste, denn die Wertverringerungen der Immobilien im Umfang von 370 Mio. € wirken sich nicht negativ auf den operativen Cashflow aus.
Doch wie die Kapitalflussrechnung zeigt: Adler verbrennt Geld. Genau genommen waren dies bisher knapp 90 Mio. € in dem laufenden Geschäftsjahr. Deutlich geringer als der ausgewiesene Verlust. Woran das liegt? Unter anderem daran, dass der Einbruch der Immobilienwerte sich erst dann in der Liquidität widerspiegelt, wenn diese zu geringeren Preisen veräußert werden müssen.
Adler hat Immobilien veräußert. Doch wie die Kapitalflussrechnung zeigt, wurde dabei ein Gewinn in Höhe von knapp 30 Mio. € erwirtschaftet. Ich muss zugeben, kein großer Betrag im Vergleich zum Kaufpreis der veräußerten Immobilien. Denn dem Konzern sind in diesem Jahr bereits 1,2 Mrd. € aus dem Verkauf von Immobilien zugeflossen. Was ist damit passiert? Schließlich hatte es erst Ende November die Meldung gegeben, dass Adler etwas Kleingeld – mehr als 900 Mio. € um genau zu sein – als weiteres Fremdkapital erhalten soll.
Die Kapitalflussrechnung zeigt, wofür Adler die 1,2 Mrd. € genutzt hat: Es wurden in diesem Jahr bereits Anleihen in Höhe von 401 Mio. € zurückgezahlt. Zudem wurden langfristige Darlehen in Höhe von 646 Mio. € getilgt. Somit wurde Tafelsilber verscherbelt, um Schulden zurückzuzahlen.
Doch Stopp: Hat Adler nicht gerade erst die Rückzahlung weiterer Anleihen um etwa ein Jahr verlängert? Stimmt. Darüber hatte ich bereits berichtet. Ein Blick in die Bilanz zeigt nämlich, dass die kurzfristigen Schulden mit 1,4 Mrd. € deutlich höher sind als die Bankguthaben. Diese liegen nur bei gut 600 Mio. €.
Fazit:
Wie man so etwas als solide Bilanzen bezeichnen kann, wie dies auf der Hauptversammlung der Adler Real Estate Ende August dieses Jahres der Vorstand getan hatte (und sicherlich auch die Adler Group eingezogen hat), bleibt mir unerklärlich.
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