Kaum hat das neue Jahr richtig begonnen, geht es bei Adler wieder richtig rund. Zur Erinnerung: Freiwillig hatte sich keine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft auf die Ausschreibung von Adler beworben. Der Immobilien-Konzern sah sich gezwungen, das Gericht um Hilfe zu bitten. Das Amtsgericht-Charlottenburg bestellte KPMG als Prüfer. Doch diese haben abgelehnt. Und nun?
Ein Blick zurück
Spannend. Schließlich hatte KPMG sich im letzten Jahr geweigert, weiterhin die Bücher von Adler zu prüfen. Bei der traumhaften Zusammenarbeit mit dem Mandanten keineswegs verwunderlich, denn schließlich war Adler bei der Vorgabe von Unterlagen nicht kooperativ. Dazu kommt noch die Ankündigung des Verwaltungsratschefs, dass für 2022 ein uneingeschränktes Testat angestrebt werde. Und in diesem Jahr ist deutlich mehr Zeit, einen testierten Abschluss vorzulegen, denn nicht mehr der 30. April wie im letzten Jahr, sondern der 31. Dezember ist dieses Jahr die finale Frist. Dass die Zeit knapp ist, um alle vom Prüfer geforderten Unterlagen diesem zur Verfügung zu stellen, wird also dieses Jahr nicht mehr durchgehen.
Man bedenke zudem, dass die Branche der Wirtschaftsprüfer immer noch erheblich unter dem Wirecard-Skandal leidet. Die ersten Reformen wurden bereits umgesetzt, weitere werden sicherlich Folgen, denn auch auf EU-Ebene entsteht der Druck, dass hier etwas passieren muss. Da ist ein Prüfungsmandat sicherlich alles andere als der Traum einer Prüfungsgesellschaft. Nicht nur das Imagerisiko, sondern auch das Haftungsrisiko sind bei einem solchen Hochrisikomandanten nicht gerade gering.
Ohrfeige für Adler
Auch bei einer gerichtlichen Bestellung kann die auserwählte Prüfungsgesellschaft ablehnen. Finde ich eigentlich auch ganz gut, schließlich muss die den Auftrag auch durchführen. Doch im Fall von Adler ist das ein Problem, denn KPMG hat abgesagt; nun muss das Gericht wieder tätig werden. Die Zeit läuft, das Geschäftsjahr 2023 hat begonnen und für 2022 wird immer noch ein Abschlussprüfer gesucht.
Für Adler sicherlich alles andere als ein Grund zur Freude. Eine ziemliche Ohrfeige, um es etwas weniger positiv auszudrücken. Doch was nun? Tja, das Gericht wird die nächste Gesellschaft auserwählen. Und wenn diese auch absagt? Gute Frage. Meines Wissens gab es so einen Fall in der Vergangenheit noch nicht. Eine gerichtliche Bestellung ist auch eher der Ausnahmefall.
Verstaatlichung der Abschlussprüfung – eine mögliche Lösung?
Haben wir hier eine Lücke im Gesetz? Sollte das Gericht entscheiden und die Prüfungsgesellschaft zur Annahme des Auftrages verpflichtet werden? Um ehrlich zu sein: Wie soll denn ein Gericht ein privatwirtschaftliches Unternehmen dazu zwingen, einen bestimmten Auftrag anzunehmen, bei der die Mitarbeit des Mandanten zwingend erforderlich ist? Vor allem dann, wenn die Annahme des Auftrages mit einem großen Haftungsrisiko verbunden ist? Schwierig.
Brauchen wir eine „harte“ Lösung? Sollte die Abschlussprüfung verstaatlicht werden? Das wäre ein sehr harter Schnitt zu den bisherigen Regelungen. Bei den Reformdiskussionen im Zuge des Wirecard-Skandals hat man dazu Stimmen gehört, aber nur am Rande. Ob dadurch alle Probleme gelöst werden würden, steht sicherlich auf einem anderen Stern.
Bei der Causa Adler ist sicherlich auch an anderer Stelle einiges schiefgelaufen, dass es so weit kommen musste. Allein die Schuld auf die Prüfer zu schieben, wäre nicht sachgerecht. Wir brauchen auf jeden Fall eine Lösung. Wie diese jedoch aussehen könnte, darüber müssen wir uns den Kopf noch zerbrechen.