Das BMWi hatte bereits im Mai 2019 ein Eckpunktepapier für ein Bürokratieentlastungsgesetz (BEG III) veröffentlicht. Jetzt hat das BMWi am 29.8.2019 erneut ein Eckpunktepapier für eine „Mittelstandsstrategie“ vorgelegt – ein Gesetzentwurf soll Ende September vorliegen. Das Strategiepapier definiert auch Ziele für einen mittelstandsfreundlichen Bürokratieabbau. Kündigt sich jetzt endlich das lang ersehnte Bürokratieentlastungsgesetz (BEG III) an?
Hintergrund
Ob statistische Auskunfts- und Meldepflichten, steuerliche Erklärungspflichten oder Aufzeichnungspflichten: Sechs von zehn Unternehmen beklagen eine überbordende Bürokratie als Wachstumskiller. Vor diesem Hintergrund sind Gesetzgebung und Verwaltung seit Jahren bemüht, die Bürokratiebelastung einzudämmen. Mit dem BEG I (28.7.2015, BGBl 2015 I S. 1400) wurden vor allem kleinere Unternehmen spürbar von Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten des HGB und der AO befreit. Ferner gab es insbesondere Erleichterungen bei der Lohnsteuerpauschalierungsgrenze für kurzfristig Beschäftigte und beim Lohnsteuerabzug. Mit dem BEG II (30.6.2017, BGBl 2017 I S.2143) erfolgten weitere Anpassungen im SGB, insbesondere eine Bürokratieentlastung im Bereich der Sozialversicherung sowie im Steuerrecht; hierbei wurden insbesondere die Grenzen für Lohnsteuer-Anmeldungen angehoben, die Pauschalierungsgrenzen bei Rechnungen über Kleinbeträge erhöht und die steuerlichen Aufbewahrungsfristen für Lieferscheine verkürzt. In der jüngsten „Mittelstandsstrategie“ bekräftigt nun das BMWi nun seine Pläne für ein BEG III.
Was ist im BEG III geplant?
Herzstück eines mittelstandsfreundlichen Bürokratieabbaus sind nach BMWi-Ansicht Entlastungen bei der Steuerbürokratie, die rund 40 Prozent aller Bürokratielasten verursacht. Deswegen sollen vor allem kleine und mittelständische Unternehmen im Bereich des Steuerrechts, Arbeitsrechts und bei Melde- und Genehmigungspflichten mit einem Volumen von mindestens 1 Mrd. Euro entlastet werden. Im Einzelnen kündigt die „Mittelstandsstrategie“ vom 29.8.2019 folgende Maßnahmen an:
Entbürokratisierung im Steuerrecht:
- Verkürzung der Aufbewahrungspflichten für Unterlagen im Handels- und Steuerrecht (§ 147 AO) von zehn auf acht Jahre. Noch im Mai 2019 hatte das BMWi in seinem Eckpunktepapier für ein BEG III das Entlastungsvolumen mit 1,7 Mrd. Euro beziffert.
- Einsatz der Digitalisierung bei Erklärungspflichten zur Einkommen-, Körperschaft- und Gewerbesteuer.
- Vierteljährliche statt monatliche Umsatzsteuer-Voranmeldung für Gründer (§ 18 Abs. 2 S. 4 UStG); bereits im Mai hatte das BMWi einen Entlastungseffekt für rund 370.000 Gründer in Deutschland beziffert.
Zügige Digitalisierung von Verwaltungsleistungen („once-only-Prinzip“):
- Einführung einer einheitlichen elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung mit digitaler Übermittlung von Arbeitsunfähigkeitsdaten an direkt an den Arbeitgeber durch die Krankenkassen oder Ärzte. Hiervon wären mehr als 250 Mio. papiergebundene Bescheinigungen betroffen.
- Digitalisierung von Meldescheinen im Hotelgewerbe für inländische Touristen im Inland, deren Marktanteil etwa 80 Prozent beträgt.
- Elektronische Übermittlung der Gewerbemeldedaten an die gesetzlichen Unfallversicherungsträger.
- Bis 2022 digitale Beantragung aller Leistungen der öffentlichen Verwaltung
- DatenschutzgrundVO: Anhebung der Schwelle für die Bestellung eines betrieblichen Datenschutzbeauftragten auf 50 Beschäftigte.
Erleichterungen im Arbeitsrecht:
- Zur Erhöhung der Arbeitgeberflexibilität Überprüfung der Beschränkungen bei der sachgrundlosen Vertragsbefristung.
- Anhebung und Dynamisierung der Minijob-Grenze, die an die allgemeine Lohnentwicklung gekoppelt werden soll.
- Eingrenzung der Pflicht zur Arbeitszeitdokumentation durch Absenkung der Entgeltgrenze, ab der die Dokumentationspflicht entfällt. Hiervon würden nach BMWi-Angaben rund 1,5 Mio. Arbeitnehmer profitieren.
- Reduzierung der Mindestlohn-Dokumentationspflichten und Begrenzung der Auftraggeberhaftung beim Mindestlohn.
Ausblick
Die abermalige Bekräftigung eines weiteren Bürokratieabbaus ist unbedingt zu begrüßen. Allerdings muss abgewartet werden, was von den Überlegungen des BMWi im Gesetzesentwurf tatsächlich landet und was politisch mit dem Koalitionspartner umsetzbar ist.
Bereits bei den BEG I und II hat sich zweierlei gezeigt: Der zeitliche Prozess bis zur Umsetzung von Bürokratieentlastung im Bundesgesetzblatt gestaltet sich sehr langwierig. Und zweitens war in der Vergangenheit Bürokratieabbau immer von Erleichterungen geprägt, die zu keinen größeren fiskalischen Mindereinnahmen geführt haben. Deswegen bleibt mit Spannung abzuwarten, ob die Bundesregierung jetzt schnell handelt, um nicht ein Opfer der „parlamentarischen Diskontinuität“ zu werden. Und man darf gespannt sein, wieviel der Bundesregierung der Bürokratieabbau wirklich „wert“ ist.
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