Trägt das Mitglied eines Aufsichtsrats aufgrund einer nicht variablen Festvergütung kein Vergütungsrisiko, ist es nicht als Unternehmer tätig. So hat der BFH entgegen der früheren Auffassung mit Urteil vom 27.11.2019 (V R 23/19/V R 62/17) entschieden. Er begründet dies mit der Rechtsprechung des EuGH zum Aufsichtsratsmitglied einer Stiftung (vgl. Urteil vom 13.6.2019, C-420/18). Maßgeblich ist, dass das Aufsichtsratsmitglied für Rechnung und unter Verantwortung des Aufsichtsrats handelt und dabei auch kein wirtschaftliches Risiko trägt. Letzteres ergab sich in dem vom EuGH entschiedenen Einzelfall daraus, dass das Aufsichtsratsmitglied eine feste Vergütung erhielt, die weder von der Teilnahme an Sitzungen noch von seinen tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden abhängig war.
Da weder der EuGH noch der BFH naturgemäß zu Einzelfragen Stellung bezogen haben und auch eine Stellungnahme des BMF auf sich warten lässt, kommen nun erwartungsgemäß die Finanzgerichte zum Zuge.
So hatte das Niedersächsische FG mit Urteil vom 19.11.2019 (5 K 282/18) unter Berücksichtigung des genannten EuGH-Urteils entschieden, dass die Tätigkeit eines Verwaltungsratsvorsitzenden eines berufsständischen Versorgungswerks nicht der Umsatzsteuer unterliegt, wenn er weder im eigenen Namen nach außen auftritt noch gegenüber dem Versorgungswerk über die Befugnis verfügt, die für dessen Führung erforderlichen Entscheidungen zu treffen. Der Verwaltungsratsvorsitzende sei auch nicht deshalb unternehmerisch tätig geworden, weil er neben einer Festvergütung zusätzlich Fahrtkostenersatz und geringfügige Sitzungsgelder bezogen habe.
Das Niedersächsische FG hat seine Rechtsprechungsgrundsätze nun im Wesentlichen fortgeführt und in einem ähnlichen Fall entschieden, dass auch das einfache Mitglied des Verwaltungsausschusses eines berufsständischen Versorgungswerks kein Unternehmer ist, wenn es diese Tätigkeit nicht mit eigenem wirtschaftlichen Risiko ausübt. Die zugelassene Revision wurde vom unterlegenen Finanzamt nicht eingelegt, so dass die Entscheidung rechtskräftig ist (Urteil vom 8.10.2020, 5 K 162/19).
Und auch das FG Hamburg blieb nicht tatenlos. Es hat geurteilt, dass das Vorstandsmitglied einer öffentlich-rechtlich organisierten Berufskammer nicht selbstständig für die Kammer tätig ist und damit kein Unternehmer ist, wenn es nicht im eigenen Namen und auf eigene Rechnung tätig wird und kein Vergütungsrisiko trägt (Urteil vom 8.9.2020, 6 K 131/18).
Der Kläger erhielt für seine Kammertätigkeiten pauschale Zahlungen, Sitzungsgelder und Reisekostenerstattungen. Er sah diese Zahlungen als umsatzsteuerfrei nach § 4 Nr. 26 Buchst. a UStG an. Das FG kam sogar zu dem Ergebnis, dass erst gar keine unternehmerische Tätigkeit vorlag. Die pauschalen monatlichen Zahlungen erfolgten unabhängig von der geleisteten Arbeitszeit für die Kammer und auch in Urlaubs- oder Krankheitszeiten. Zudem erhielt er seine Reisekosten und Spesen von der Kammer erstattet, sodass er auch hier kein wirtschaftliches Risiko trug. Dem Fehlen eines wirtschaftlichen Risikos komme im Rahmen der Abwägung ein besonderes Gewicht zu. Auf die Frage, ob der Kläger ehrenamtlich für die Kammer tätig war und seine Umsätze deshalb nach § 4 Nr. 26 Buchst. a UStG steuerfrei sind, komme es daher nicht mehr an.
Auch hier wurde die Revision zugelassen. Ob diese eingelegt worden ist, kann ich aus heutiger Sicht leider nicht beantworten.