Innerhalb der Ampelkoalition ist eine Diskussion über die Notwendigkeit einer Reform der Unternehmensbesteuerung entbrannt. Die Frage ist aber, ob und wann ein solches Reformvorhaben derzeit überhaupt finanzierbar ist.
Hintergrund
Im internationalen Vergleich großer Industrienationen hinkt Deutschland bei der Unternehmensbesteuerung hinterher, die Steuerbelastung ist deutlich höher als andernorts. Laut Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) betrug die effektive Steuerbelastung für deutsche Unternehmen 2022 durchschnittlich 28,8 Prozent, im EU-Durchschnitt wurden die Unternehmen hingegen nur mit 18,8 Prozent belastet. Eine zu hohe Steuerlast lähmt die Investitionsfähigkeit deutscher Unternehmen und führt im internationalen Wettbewerb zu einem deutlichen Wettbewerbsnachteil. Seit Jahren wird deshalb immer wieder der Ruf nach einer steuerlichen Entlastung der Unternehmen laut. Die letzte umfassende Unternehmenssteuerreform erfolgte 2008, das ist lange her.
Ampel diskutiert Unternehmenssteuereform
Derzeit diskutiert die Ampelregierung die Optionen einer Unternehmenssteuerreform, das ist schon ein begrüßenswerter Lichtstreif am Horizont an sich. Wachstumsimpulse für die deutsche Wirtschaft sind zwar dringend erforderlich, denn in 2023 ist die deutsche Wirtschaft geschrumpft. Auch für 2024 sind die Aussichten eher schlecht: Nach OECD-Schätzungen wird das deutsche Bruttoinlandsprodukt (BIP) im laufenden Jahr nur um 0,3 Prozent wachsen. Im Vergleich der großen Industrie- und Schwellenländer sind nur in Argentinien die Aussichten noch schlechter (-2,3 Prozent); im Durchschnitt sollen die G20-Staaten hingegen um 2,9 Prozent wachsen. In 2025 werden durchschnittlich rund 3 Prozent erwartet, in Deutschland hingegen nur 1,1 Prozent.
Gibt es überhaupt Finanzierungsoptionen?
So notwendig also eine steuerliche Entlastung für deutsche Unternehmen ist, um die Investitionstätigkeit anzukurbeln und damit eine wesentliche Basis für mehr Wachstum zu legen, um so fraglicher ist, wie eine solche Reform finanziert werden soll und vor allem wann. Den (innerhalb der Regierung unabgestimmten) Vorschlag des Bundeswirtschaftsministers, eine Reform über ein Sondervermögen nach Vorbild des Bundeswehr-Sondervermögens zu finanzieren, ist postwendend wieder im Schreibtisch verschwunden. Hierfür wäre auch eine Abweichung von der Schuldenbremse (Art. 115 GG) mit Zwei-Drittel-Mehrheit im Bundestag erforderlich – derzeit undenkbar. Ebenso Illusion scheint der FDP-Vorschlag, zur Entlastung der Unternehmen den Solidaritätszuschlag für diese Zielgruppe abzuschaffen; dies tragen die anderen Koalitionspartner nicht mit.
Nachdem die Haushaltsmittel des Bundes nach der Nichtigerklärung des Nachtragshaushalts 2021 durch das BVerfG zusammengeschmolzen sind, die Finanzierungsspielräume in 2024 und 2025 also außerordentlich begrenzt sind, wird schon das Entlastungsvolumen des Wachstumsschanchengesetzes im Vermittlungsausschuss am 21.2.2024 gegenüber dem ursprünglich veranschlagten Volumen voraussichtlich mehr als halbiert.
Was bedeutet das also? Die Haushaltsmittel sind derzeit knapp, der Bund muss sparen. Wenn die Konsumausgaben des Bundes also nicht deutlich sinken, wird auch bei steigendem Steueraufkommen eine Unternehmenssteuerreform, die nach ihrem Volumen die Bezeichnung wirklich verdient, in den nächsten beiden Jahren praktisch nicht erreichbar sein. Und im Herbst 2025 stehen bereits die nächsten Bundestagswahlen an: Alles, was nicht bis Frühsommer 2025 in Bundestag und Bundesrat endverhandelt ist, wird danach der Diskontinuität zum Opfer fallen. Eine große Reform der Unternehmensbesteuerung wäre dann erst wieder in der neuen Legislaturperiode denkbar. Düstere Aussichten also. …
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