Unternehmensnachfolge: Nießbrauch weiterhin kritisch zu sehen

Der Nießbrauch ist bei Nachfolgeregelungen verständlicherweise ein gern gesehener Begleiter. Während er im Zusammenhang mit dem Privatvermögen bzw. bei der Übertragung von Grundbesitz in der Regel gestalterisch keine allzu großen Probleme bereitet, kann er jedoch bei der Übertragung von Betriebsvermögen große Gefahren bergen, zum Beispiel dann, wenn das Finanzamt der Auffassung ist, dass dem Junior oder der Juniorin nicht genügend Rechte eingeräumt worden sind, um seine/ihre Mitunternehmerinitiative zu entfalten.

Ein Urteil des BFH aus dem Jahr 2015 hatte bereits gezeigt, wie gefährlich Nießbrauchregelungen im Zusammenhang mit der Gewährung der schenkungsteuerlichen Begünstigung des Betriebsvermögens sein können (BFH v. 6.5.2015, II R 34/13). Zudem ist bei einer gewollten Übertragung des Betriebsvermögens die Buchwertfortführung nach § 6 Abs. 3 EStG alles andere als gesichert.

In dem Sachverhalt, der dem Urteil des Jahres 2015 zugrunde lag, hatte ein Vater seinem Sohn einen Kommanditanteil unter Vorbehalt des Nießbrauchs übertragen. Allerdings vereinbarten die Vertragsparteien, dass der Vater als Nießbrauchberechtigter hinsichtlich der Kommanditanteile (weiter) das Stimmrecht ausübt, und zwar auch hinsichtlich der Grundlagengeschäfte. Das Finanzamt versagte daraufhin die Steuerbegünstigungen für Betriebsvermögen nach § 13a ErbStG (a.F.). Der BFH hat dieses Ergebnis bestätigt.

Hingegen hat er jüngst entschieden, dass der Eigentümer eines nießbrauchbelasteten Kommanditanteils durchaus Mitunternehmer sein kann (BFH v. 6.11.2019, II R 34/16). Auf die Darstellung des Sachverhalts soll hier verzichtet werden, da mein Kollege Ralph Homuth das Urteil bereits in seinem Blog-Beitrag „Schenkung eines Kommanditanteils unter Vorbehaltsnießbrauch“ besprochen hat. Festzuhalten bliebt, dass die Begünstigung des § 13a ErbStG zwar in Betracht kam. Aber: Der Fall wurde an die Vorinstanz zurückverwiesen. Lesen Sie einmal, mit welchen Fragen sich diese nun noch befassen muss und Sie werden erkennen, welch Vielzahl von Feststellungen im Zusammenhang mit der Beurteilung des Nießbrauchs zu treffen sind.

Nun darf sich der BFH erneut mit den Problemen des Vorbehaltsnießbrauchs im Betriebsvermögen befassen. Es geht um die Revision im Anschluss an ein Urteil des FG Münster vom 20.9.2019 (11 K 4132/15 E,G, Revision unter BFH X R 35/19). Wiederum sind zahlreiche Detailfragen zu entscheiden.

Ich möchte den geneigten Leser daher dafür sensibilisieren, dass der Nießbrauch bei der Unternehmensfolge kritisch zu sehen und in der Praxis kaum rechtssicher zu gestalten ist. Letztlich können sich die Beteiligten in vielen Fällen nicht sicher sein, ob die Steuerbegünstigungen für Betriebsvermögen nach § 13a ErbStG zu gewähren sind, wem ertragsteuerlich die Einkünfte zuzuordnen sind und ob die stillen Reserven beim Betriebsübergang unbesteuert bleiben. Allenfalls bei glasklaren Fällen besteht eine gewisse Rechtssicherheit (siehe dazu BMF 20.11.2019, BStBl 2019 I S. 1291 Rz. 7 zur Übertragung eines Mitunternehmeranteils unter Vorbehalt eines Nießbrauchrechts unter Verweis auf das BFH-Urteil vom 25.1.2017, X R 59/14, BStBl 2019 II S. 730).

Ich möchte mich daher fast auf die Aussage festlegen: „Finger weg vom Nießbrauch bei Betriebsvermögen.“ Im Übrigen gibt es doch wahrliche bessere Gestaltungen, um Sohn oder Tochter schrittweise das Unternehmen bzw. dessen Leitung zu übertragen.

Weitere Informationen:

FG Münster vom 20.9.2019 (11 K 4132/15 E,G, Revision unter BFH X R 35/19)

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