Unterstützen Eltern ihre studierenden Kinder, erhalten Sie bis zum 25. Lebensjahr des Kindes das Kindergeld oder es werden ihnen die steuerlichen Freibeträge gewährt. Ist das Kind älter als 25 Jahre, können die Unterhaltsleistungen prinzipiell als außergewöhnliche Belastungen nach § 33a EStG abgezogen werden. Voraussetzung ist natürlich, dass das Kind tatsächlich bedürftig ist, sprich über keine eigenen Einkünfte und Bezüge verfügt, die eine gewisse Höhe überschreiten. Auch darf kein nennenswertes Vermögen vorliegen. Nun ist aber der Fall häufig anzutreffen, dass ein Kind mit Freund oder Freundin, also dem Lebensgefährten oder der Lebensgefährtin, gemeinsam in einem Haushalt lebt, etwa am Studienort. Ist der Unterhöchstbetrag dann aufzuteilen? Die Finanzverwaltung sagt „ja“, der BFH sagt „nein“. Doch der Reihe nach.
Die Kläger machten Unterhaltsaufwendungen für ihre studierende Tochter, die mit ihrem Lebensgefährten in einer gemeinsamen Wohnung lebte, als außergewöhnliche Belastungen nach § 33a EStG geltend. Das Finanzamt erkannte die Aufwendungen nur zur Hälfte an, da auch der Lebensgefährte aufgrund der bestehenden Haushaltsgemeinschaft zum Unterhalt der Tochter beigetragen habe. Dies beruhe auf dem Erfahrungssatz, dass Lebensgefährten bei unterschiedlich hohem Einkommen stets aus „einem Topf“ wirtschafteten und daher die Gesamteinnahmen der Haushaltsgemeinschaft jedem gleichermaßen zur Verfügung stünden.
Dieser Argumentation vermochten sich weder das FG noch der BFH anzuschließen. Ein entsprechender Erfahrungssatz sei weder von der Lebenswirklichkeit getragen, noch lasse er sich der Rechtsprechung des BFH entnehmen, die ein „Wirtschaften aus einem Topf“ nur bei Partnern einer sozialrechtlichen Bedarfsgemeinschaft annehme. Für diese gelte die Vermutung, dass hilfsbedürftige (mittellose) Personen wegen der Kürzung / Versagung von Sozialleistungen am Einkommen und Vermögen des Lebensgefährten teilhaben.
Im Streitfall habe keine Bedarfsgemeinschaft vorgelegen, da die Tochter schon wegen der Unterhaltsleistungen der Kläger nicht mittellos gewesen sei. Es entspreche – so der BFH – vielmehr der Lebenswirklichkeit, dass Lebensgefährten, die jeweils über auskömmliche finanzielle Mittel zur Deckung des eigenen Lebensbedarfs verfügten, auch wenn sie zusammenlebten, einander keine Leistungen zum Lebensunterhalt gewährten, sondern jeder – durch die Übernahme der hälftigen Haushaltskosten – für den eigenen Lebensunterhalt aufkomme. Dabei sei unerheblich, ob es sich bei den „eigenen“ finanziellen Mittel um (steuerbare) Einkünfte, Bezüge oder Unterhaltsleistungen Dritter handele.
Hinweis:
An dieser Stelle möchte ich noch einmal auf die Blog-Beiträge „Kosten für ein Erststudium: Wie Kinder wohlhabender Eltern die Abzugsbeschränkung umgehen“ und „Zuwendungsnießbrauch an Kinder: Ohne Mühe geht es nicht“ verweisen. Hier wird eine elegante Methode aufgezeigt, um eine Einkunftsquelle temporär auf Kinder zu übertragen und damit die Steuerbelastung innerhalb der Familie erheblich zu reduzieren.
Weitere Informationen finden Sie hier:
BFH-Urteil vom 28.04.2020 – VI R 43/17