Zahlreiche (ehemalige) Studierende haben bereits ihre Steuererklärungen abgegeben, ihre Werbungskosten aus der Studienzeit geltend gemacht und um entsprechende Veranlagung bzw. Verlustfeststellung gebeten. Üblicherweise werden die Veranlagungen durchgeführt, die Werbungskosten nicht anerkannt (sofern es sich um ein Erststudium handelt) und die Bescheide in diesem Punkt vorläufig erlassen (im Hinblick auf das Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht). Allerdings gibt es zahlreiche Fälle, in denen die Finanzverwaltung die Steuererklärungen zunächst liegen lässt oder bei denen es zum Beispiel hinsichtlich der Kosten für die doppelte Haushaltsführung Streit gibt und sich die Veranlagung daher verzögert. Sofern die Verjährung droht, sollte daher unbedingt ein ausdrücklicher Antrag auf Steuerfestsetzung und auf Feststellung eines verbleibenden Verlusts gestellt werden. So wird der Eintritt der Festsetzungsverjährung gehemmt. Allerdings gibt eine Änderung des Anwendungserlasses zur AO – gestützt auf die aktuelle BFH-Rechtsprechung – Grund zu Besorgnis (BMF v. 14.01.2015, BStBl 2015 I S. 76). Dort heißt es nämlich zu § 171 AO:
„Auch in der Kombination von Erklärungseinreichung und damit im Zusammenhang stehender Antragstellung (auf Durchführung einer Festsetzung oder Feststellung) kann kein Antrag i. S. d. § 171 Abs. 3 AO gesehen werden (BFH-Urteil vom 15.5.2013, IX R 5/11, BStBl 2013 II S. 143).“
Was kann man also tun? Wer ganz sicher gehen will, sollte sich durch das Finanzamt schriftlich bestätigen lassen, dass der Antrag auf Steuerfestsetzung als solcher akzeptiert wird und die Verjährung gehemmt wird. Sollte eine solche Bestätigung nicht erfolgen, sollte unbedingt vor dem Jahreswechsel ein so genannter Untätigkeitseinspruch gemäß § 347 Abs. 1 Satz 2 AO eingelegt werden, der gemäß § 171 Abs. 3a AO zur Ablaufhemmung der Verjährung führt (BFH-Urteil v. 22.1.2013, IX R 1/12). Das ist zwar für die Finanzverwaltung (und für den zuständigen Bearbeiter) nicht schön, allerdings scheinen es die Finanzverwaltung und der BFH nicht anders zu wollen. Der Untätigkeitseinspruch ist nach meinem Dafürhalten auch ohne Fristeinhaltung möglich. Wer also am 30.12. eine Steuererklärung mit einem Antrag auf Steuerfestsetzung abgibt, kann am 31.12. einen Untätigkeitseinspruch einlegen. So ist gesichert, dass in verjährungsbedrohten Fällen die Ablaufhemmung greift. Betroffene Finanzbeamte mögen mir an dieser Stelle für den hier gegebenen Praxistipp verzeihen. Allerdings zwingt der Anwendungserlass zur AO leider zu dieser drastischen Maßnahme.
Weitere Infos:
- BMF v. 14.01.2015, BStBl 2015 I S. 76
- BFH-Urteil vom 15.5.2013, IX R 5/11
- BFH-Urteil v. 22.1.2013, IX R 1/12