Im Haushaltsausschuss des Bundestages hat sich nach Expertenmeinung gezeigt, dass der Haushaltsentwurf 2025 der Bundesregierung nicht nur finanziell, sondern auch verfassungsrechtlich „auf Kante genäht“ ist. Auch der weitere Beratungszeitplan steht jetzt auf der Kippe. Was sind die möglichen Folgen?
Hintergrund
Die Wachstumserwartungen der Bundesregierung haben sich in 2024 deutlich eingetrübt: Lag dem Bundeshaushalt 2024 gemäß Herbstprojektion 2023 noch eine Erwartung von +4,4% Wachstum zu Grunde, lag nominale BIP-Zuwachs nach dem Frühjahrsgutachten nur noch bei 3% gegenüber dem Vorjahr. Da sich die wirtschaftliche Entwicklung auf Einnahmen und Ausgaben des Bundeshaushalts auswirkt, hat die Bundesregierung Anfang September den Entwurf eines Nachtragshaushaltsgesetzes 2024 vorgelegt (BT-Drs.20/12400), mit dem einnahme- und ausgabeseitige Entwicklungen abgebildet werden.
Das Nachtragshaushaltsgesetz 2024 und das Haushaltsgesetz 2025 hat die Bundesregierung in erster Lesung am 10.9.2024 im Bundestag eingebracht, danach wurden die Vorlagen an den Haushaltsausschuss zur weiteren Beratung überwiesen. Der Haushaltsausschuss hat am 23.9.2024 eine Sachverständigenanhörung zu den Gesetzentwürfen durchgeführt. Eigentlich sollten die Haushaltsentwürfe im Bundestag Mitte November final beraten und abgestimmt werden.
Haushaltsverabschiedung verzögert sich
Die für den 7.11.2024 angesetzte abschließende Beratung der Haushaltsentwürfe im Haushaltsausschuss wurde mit Rücksicht auf das Ampel-Aus vom Vortag um eine Woche verschoben. Auch der Bundestag hat in seiner an sich „normalen“ Sitzungswoche nur ein Rumpfprogramm am 13.11.2024, alle anderen vorgesehenen Tagesordnungspunkte der Sitzungswoche entfallen, auch Beschlussfassungen. Die nächste reguläre Bundestags-Sitzungswoche ist dann erst für 25.11. bis 29.11.2024 terminiert. Das ist sehr spät für die Haushaltsgesetze, vor allem aber für Gesetzesvorhaben der Bundesregierung, die zwar auf den Weg gebracht sind, deren Finanzierung jedoch erst noch durch die Haushaltsgesetze gesichert werden muss.
Haushaltssperre und vorläufige Haushaltsführung drohen
Können die Gesetze für den Nachtragshaushalt 2024 und für den Haushalt 2025 nicht rechtzeitig beschlossen und in Kraft gesetzt werden, droht folgendes:
Haupttreiber des Nachtragshaushalts 2024 sind das Bürgergeld mit Mehrkosten von fast 4 Mrd. Euro und höhere Subventionen für die EEG-Umlage. Zur Finanzierung sollte die Schuldenaufnahme um mehr als 10 Mrd. Euro erhöht werden. Kommt der Nachtragsetat nicht, darf der Bundesfinanzminister ohne einen Bundestagsbeschluss keine zusätzlichen Schulden aufnehmen; es gilt dann eine Haushaltssperre. Die Haushaltssperre ist eines von mehreren Mitteln, die eingesetzt werden können, wenn der Ausgleich öffentlicher Haushalte durch Mehrausgaben und/oder Mindereinnahmen gefährdet ist, dabei wird zwischen Ausgabensperren und Sperrvermerken unterschieden. Bei der Ausgabensperre behält sich die Bundesregierung vor, im Einzelfall darüber zu entscheiden, ob geplante Mittel tatsächlich ausgegeben oder Verpflichtungen eingegangen werden. Der Bundesfinanzminister kann eine Ausgabensperre verhängen, ohne dass das Parlament zustimmt. Mit einem Sperrvermerk kann der Bundestag Ausgaben an Auflagen oder Bedingungen knüpfen.
Der Start ins Jahr 2025 ohne einen beschlossenen Etat ist vergleichsweise einfach zu bewerkstelligen, da es dafür klare Spielregeln im Grundgesetz (Art. 111 GG) gibt, die wir aus dem Vorjahr bereits kennen. Es gilt dann die vorläufige Haushaltsführung, mit der der Bund seine laufenden Verpflichtungen weiter erfüllen kann. Weitergezahlt werden dann etwa beschlossene staatliche Sozialleistungen wie Wohngeld, Kindergeld, Elterngeld oder BAföG, ferner können bereits begonnene Investitionsvorhaben und bewilligte Maßnahmen weitergeführt werden. Nicht geplante Ausgaben können allerdings nur erfolgen, wenn sie vom Bundesfinanzminister genehmigt werden, weil sie „unvorhergesehen und unabweisbar“ sind. Das bedeutet, dass während der vorläufigen Haushaltsführung neue Subventionsprogramme und Ausweitung staatlicher Transferleistungen grundsätzlich nicht in Betracht kommen.
Überwiegend Zweifel an der Verfassungskonformität des Haushaltsgesetzes 2025
Schwerwiegender als die Sorge um eine fristgerechte Beschlussfassung über die Haushaltsgesetze wiegen die verfassungsrechtlichen Bedenken der Sachverständigen zum Haushaltsgesetz 2025. Nur Dank einer geschätzten Globalen Minderausgabe (GMA, die wegen Prognosefehlern im Haushaltsentwurf berücksichtigt wird) von 12 Mrd. Euro oder drei Prozent des Haushaltsvolumens bleibt der Entwurf für 2025 im Rahmen der Schuldenbremse (Art. 115 GG). Auch wenn es noch keine ausdrückliche BVerfG-Entscheidung zur Frage gibt, wie hoch die GMA als „Reserve“ maximal sein darf, halten die Experten überwiegend eine GMA in Höhe von zwei Prozent und damit unter zehn Milliarden Euro für noch vertretbar. Denn die GMA darf nur geplant werden, um Prognoseschwierigkeiten und Schätzungenauigkeiten abzubilden und darf nicht eingesetzt werden, um einen Haushaltsausgleich herbeizuführen beziehungsweise nur zum Schein herbeizuführen. Das bedeutet, dass die GMA im Haushalt 2025 um rund drei Mrd. Euro gekürzt werden müsste, ein Betrag, der dann im Haushalt fehlt.
Noch dicker könnte es für den Bund kommen, sollte das BVerfG am 12.11.2024 in der Verhandlung über den Solidaritätszuschlag (2 BvR 1550/20) den „Soli“ wenigstens mit Wirkung für die Zukunft wegen Verfassungsverstoßes einkassieren. Hier geht es um den Fiskus um ein Steuereinnahmevolumen von 12,2 Mrd. Euro (2023), die dann künftig auch noch fehlen würden.
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