Umzug zur pandemiebedingten Homeoffice-Nutzung nicht beruflich veranlasst

Im Jahre 2023 hatte das FG Hamburg entschieden, dass Umzugskosten auch dann beruflich veranlasst sein können, wenn der Umzug zu einer wesentlichen Erleichterung der Arbeitsbedingungen führt, ohne dass eine Fahrzeitersparnis eintritt oder ein Arbeitsplatzwechsel erfolgt. Eine solche Erleichterung könne für das Pandemie-Jahr 2020 anzunehmen sein, wenn ein Umzug erfolgt, um für jeden Ehegatten in der neuen Wohnung ein Arbeitszimmer einzurichten, damit diese im Homeoffice wieder ungestört ihrer jeweiligen Tätigkeit nachgehen können (FG Hamburg, Urteil vom 23.02.2023, 5 K 190/22).

Doch leider hat das Urteil der Revision nicht standgehalten. Der BFH hat den Abzug der Umzugskosten versagt (BFH-Urteil vom 5.2.2025, VI R 3/23).

Der Sachverhalt:

Vor Beginn der Corona-Pandemie übten die Kläger, ein Ehepaar, ihre nichtselbstständige Tätigkeit jeweils überwiegend im Betrieb ihrer Arbeitgeber aus. Seit Beginn der Corona-Pandemie verlagerten die Kläger – den Anweisungen bzw. Bitten ihrer Arbeitgeber folgend – ihre Tätigkeit in die eigene Drei-Zimmer-Wohnung, die sie gemeinsam mit ihrer Tochter nutzten. Die Wohn-/Arbeitssituation wurde jedoch als unbefriedigend empfunden, so dass die Kläger nach einer größeren Wohnung suchten. Sie mieteten schließlich eine circa 110 qm große Fünf-Zimmer-Wohnung an, in die sie im Mai 2020 einzogen. Zwei Zimmer der neuen Wohnung statteten sie büromäßig aus und nutzten diese als häusliche Arbeitszimmer. Den Aufwand für die Nutzung der Arbeitszimmer und die Kosten für den Umzug in die neue Wohnung machten sie als Werbungskosten geltend. Das Finanzamt erkannte die Aufwendungen für die Arbeitszimmer an, den Abzug der Kosten für den Umzug lehnte es jedoch ab. Zurecht, wie der BFH nun geurteilt hat.

 

Die Begründung in aller Kürze:

Es lag keine nahezu ausschließliche berufliche Veranlassung für den Umzug vor. Eine rein berufliche Veranlassung fehlt auch dann, wenn in der neuen Wohnung (erstmals) die Möglichkeit zur Einrichtung eines Arbeitszimmers besteht. Auch in einem solchen Fall ist wegen des natürlichen Bestrebens nach einer Verbesserung der Wohnqualität nicht mit der erforderlichen Sicherheit zu ermitteln, ob die Einrichtung des Arbeitszimmers Anlass oder nur Folge des Umzugs ist.

Zwar hat sich die Arbeitswelt erheblich gewandelt. Allerdings ändert auch die zunehmende Akzeptanz von Homeoffice, Tele- und Remote-Arbeit (ortsunabhängiges/mobiles Arbeiten) nichts daran, dass der Wunsch, im privaten Lebensbereich in einem Arbeitszimmer zu arbeiten, nicht allein auf objektiven beruflichen Kriterien, sondern in erster Linie auf privaten Motiven und Vorlieben beruht. Dies gilt selbst dann, wenn ein Steuerpflichtiger über keinen anderen (außerhäuslichen) Arbeitsplatz verfügt, weil er – wie in Zeiten der Corona-Pandemie – (zwangsweise) zum Arbeiten im häuslichen Bereich angehalten ist oder er durch die Arbeit im Homeoffice Berufs- und Familienleben zu vereinbaren sucht.

Ob es sich um ein steuererhebliches häusliches Arbeitszimmer handelt, ist wegen des multikausalen Veranlassungszusammenhangs insoweit ebenfalls unerheblich. Denn auch mit der Einrichtung eines (häuslichen) Arbeitszimmers geht nicht nur eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen einher, es verbessert sich stets auch die private Wohnsituation insoweit, als der ansonsten mit der Arbeitsecke belastete Wohnraum nunmehr davon ungestört genutzt werden kann.

Denkanstoß:

Der BFH hatte in älteren Urteilen die berufliche Veranlassung für einen Umzug als gegeben erachtet, wenn der Umzug zu einer wesentlichen Erleichterung für den Arbeitnehmer geführt hat (vgl. BFH-Urteil vom 10.9.1982, VI R 95/81; BFH-Urteil vom 22.11.1991, VI R 77/89). In dem Urteil aus 1991 heißt es: „Waren die für die berufliche Veranlassung eines Umzugs entscheidenden objektiven Kriterien wie Auszug aus einer oder Einzug in eine Dienstwohnung, wesentliche Fahrzeitverkürzung von mindestens 1 Stunde oder sonstige allgemeine erhebliche Verbesserungen der Arbeitsbedingungen gegeben, so hat der BFH nicht mehr danach gefragt, aus welchen Gründen der Steuerpflichtige z.B. gerade in diese neue Wohnung gezogen ist.“

Grenzt sich der BFH nun von dieser Rechtsprechung ab? Auf dem ersten Blick sieht es zwar so aus. Doch der BFH erläutert, warum er nicht von der bisherigen Haltung abkehrt. So führt er aus: „Der berufliche Veranlassungszusammenhang ist von der Rechtsprechung dabei stets nur aufgrund objektiver, außerhalb der individuellen Wohnsituation liegender Umstände bejaht worden. Steht danach die (nahezu ausschließliche) berufliche Veranlassung des Umzugs nach objektiven Kriterien eindeutig fest, ist deshalb auf Motive des Steuerpflichtigen für den Umzug in eine bestimmte Wohnung (zum Beispiel in eine größere Mietwohnung oder ein Einfamilienhaus) nicht mehr abzustellen.“

Letztlich kommt es also darauf an, dass die beruflichen Gründe objektiv und zweifelsfrei feststehen. Die Kläger im Besprechungsfall konnten die BFH-Richter insoweit nicht überzeugen.

Ein Beitrag von:

  • Christian Herold

    • Steuerberater in Herten/Westf. (www.herold-steuerrat.de)
    • Autor zahlreicher Fachbeiträge
    • Mitglied im Steuerrechtsausschuss des Steuerberaterverbandes Westfalen-Lippe

    Warum blogge ich hier?

    Als verantwortlicher Redakteur und Programmleiter zahlreicher Steuerfachzeitschriften, meiner früheren Tätigkeit in der Finanzverwaltung und meiner über 25-jährigen Arbeit als Steuerberater lerne ich das Steuerrecht sowohl aus theoretischer als auch aus praktischer Sicht kennen. Es reizt mich, die Erfahrungen, die sich aus dieser Kombination ergeben, mit den Nutzern des Blogs zu teilen und freue mich auf viele Rückmeldungen.

Kommentare zu diesem Beitrag:

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

− 1 = 7

ARCHIV

Archive