Übergewinnsteuer in Deutschland? – Nein Danke!

Der Streit der Koalitionsparteien über die Einführung einer Steuer auf Krisengewinne nimmt an Schärfe zu. Jetzt liegt die Stellungnahme des wissenschaftlichen Beirats beim BMF zur Einführung einer „Übergewinnsteuer“ vor. Die Botschaft ist eindeutig: Finger weg! Dem ist nichts hinzuzufügen.

Hintergrund

Die Bundesregierung ringt angesichts der kriegsbedingten Zusatzlasten im Bundeshaushalt durch Aufbau eines „Sondervermögens Bundeswehr“ oder Entlastungspaketen angesichts steigender Energiepreise auch um Gegenfinanzierungsmaßnahmen – irgendwo muss schließlich das Geld herkommen. Von Teilen der Koalitionspartner wird aktuell die Einführung einer sog. „Übergewinnsteuer“ gefordert, einer Sondersteuer auf hohe Zusatzgewinne während des Russland-Krieges in der Ukraine, insbesondere bei Mineralölkonzernen, die an der Energieverteuerung kräftig verdienen.

Wissenschaftlicher Beirat beim BMF rät dringend von Übergewinnsteuer ab

Jetzt hat der Wissenschaftliche Beirat beim BMF „dringend“ von einer Übergewinnsteuer abgeraten, die Stellungnahme ist auf den Internetseiten des BMF seit dem 5.8.2022 als Download verfügbar (www.bundesfinazministerium.de). Das unabhängige Gremium aus namhaften Ökonomen rät „dringend“ davon ab, eine kurzfristig politisch opportun scheinende, langfristig aber schädliche Übergewinnsteuer einzuführen:

  • Eine Übergewinnsteuer führt zu Wettbewerbsverzerrungen und willkürlichen Steuerbelastungen, weil sich echte ökonomische Reingewinne kaum ermitteln lassen.
  • Wirtschaftlichen Aktivitäten unterliegen häufig großen Schwankungen: Gewinnen einiger Jahre stehen Verluste anderer Jahre gegenüber. Eine Mehrbesteuerung von Übergewinnen in „guten Jahren“ würde das Leistungsniveau insgesamt mindern.
  • Temporäre Mehrgewinne führen in einer Marktwirtschaft zu Lenkungseffekten, weil sie zu einem veränderten Ressourceneinsatz und damit zur Milderung von Knappheiten führen; genau diese positiven Lenkungswirkungen würden mit einer Übergewinnsteuer verhindert.
  • Eine liberale Volkswirtschaft profitiert von ihrer Innovationskraft, die Gewinner und Verlierer produziert. Würde man ex post übermäßige Gewinne wegbesteuern, entfiele für die Zukunft ein wesentlicher Anreiz zum Innovationswettlauf.

Bewertung und Ausblick

Der wissenschaftlichen Stellungnahme ist nicht hinzufügen, ihr muss einschränkungslos zugestimmt werden. In der Praxis lässt sich schon nicht klar differenzieren, was „erwartete“ und „unerwartete“ Gewinne waren, die einer Übergewinnsteuer unterliegen sollen. Genau das wäre aber vom Staat nach einem weiteren Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages darzulegen, nämlich wann von besteuerungsfähigen „unverdienten“ Gewinnen auszugehen ist. Sollte man etwa das Unternehmen BionTech steuerlich bestrafen, weil es schnell nach Beginn der Corona-Pandemie einen wirkungsvollen Impfstoff entwickelt und damit einen unvorstellbaren Gewinn erzielt hat? Und schließlich ist eine wesentliche Grundlage der Besteuerung in Deutschland ihre Regelgebundenheit: Der steuerliche Gewinn wird nach Maßgabe der Steuergesetze und nach Maßgabe eines Steuertarifs besteuert. Wollte man künftig willkürlich und „nach politischer Tageslaune“ von diesen Besteuerungsprinzipien abweichen und „Mehrsteuern“ erheben, wäre das Vertrauen in ein gerechtes Steuersystem erschüttert.

Auch wenn im EU-Ausland eine Übergewinnsteuer in Italien bereits eingeführt ist, andere Staaten wie Griechenland oder Großbritannien darüber nachdenken, sollten in Deutschland entsprechende politische Überlegungen ad acta gelegt werden.

Quellen
www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Ministerium/Wissenschaftlicher-Beirat/gutachten/uebergewinnsteuer.html

Lesen Sie hierzu auch den Beitrag von Dr. Wengerofsky:
https://www.nwb-experten-blog.de/diskussion-um-eine-uebergewinn-steuer-der-richtige-weg-oder-kontraproduktiv/

 

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