Überbrückungshilfe soll bis Jahresende verlängert werden – aber mit welchem Inhalt?

Das Überbrückungshilfeprogramm des Bundes soll nach einem Beschluss des Koalitionsausschusses der Bundesregierung bis 31.12.2020 verlängert werden. Aber mit welchem Inhalt? Die Politik steht vor einer kaum lösbaren Aufgabe.

Hintergrund

Die Überbrückungshilfe ist ein branchenübergreifendes Zuschussprogramm für Freiberufler und KMU, die coronabedingt aufgrund von Betriebsschließungen mit erheblichen Umsatzrückgängen zu kämpfen haben. Das Überbrückungshilfe-Programm schließt nahtlos an das bis 31.5.2020 befristete Soforthilfe-Programm des Bundes an. Ein Eckpunktepapier zur Überbrückungshilfe hat das BMF auf seiner Homepage veröffentlicht, ferner fortlaufend aktualisierte FAQ. Weitere Einzelheiten zur Überbrückungshilfe finden Sie auch auf der Website des BMWI.  Über Einzelheiten habe ich im hier im Experten-Blog und an anderer Stelle berichtet (NWB 2020, 2174 s.u.).

Anträge können seit 8.7.2020 nur über authentifizierte Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, vereidigte Buchprüfer und – seit 10.8.2020 – Rechtsanwälte in einem Online-Antragsverfahren bis 30.9.2020 gestellt werden. Das Programm sieht einen – nach Umsatzeinbruch in den Monaten Juni, Juli und August 2020 gestaffelten – Zuschuss zu den betrieblichen Fixkosten vor. Voraussetzung ist hierfür aber, dass der externe Dritte in den Monaten März und April 2020 einen coronabedingten Umsatzrückgang von mindestens 60 Prozent testiert (Ausnahmen gelten für Gründerunternehmen und Saisonbetriebe).

Überbrückungshilfen kommen bei Unternehmen nicht an

Das gutgemeinte Subventionsprogramm kommt allerdings bei den Unternehmen in der Realität nicht an: Von dem mit 24,6 Mrd. Euro bestückten Programm waren am 20.8.2020 – also nach mehr als der „Halbzeit“ – erst rund 38.000 Anträge bundesweit mit einem Fördervolumen von rund 249 Mio. € bewilligt, teilt die Bundesregierung mit. Das entspricht mal gerade rund einem Prozent des maximal denkbaren Fördervolumens. Woran liegt das?

Um Missbräuche wie bei der Soforthilfe auszuschließen, war das Überbrückungshilfeprogramm von Anfang an nur online über Angehörige der steuerberatenden Berufe zu beantragen – und dies mit hohen bürokratischen Hürden. Das scheuen viele potentielle Antragsteller und verzichten auf das Fördergeld – auch aus Angst vor unnützen Beraterkosten und möglichen Rückzahlungsrisiken.

Das größte Hemmnis dürfte aber in den restriktiven Zugangsvoraussetzungen liegen, wie ich mehrfach betont habe: Einen coronabedingten Umsatzausfall von mindestens 60 Prozent im März und April 2020 gegenüber dem Vorjahreszeitraum können die meisten Unternehmen nicht nachweisen. Wird diese „Schallgrenze“ im Juni, Juli 2020 oder später gerissen, greift das Programm nicht mehr: Die Bundesregierung geht dann davon aus, dass der Umsatzrückgang nicht mehr – wie im März und April 2020 – eine Folge der coronabedingten behördlichen Schließungsanordnungen war, sondern „nur“ eine Folge der nachwirkenden Konjunkturabkühlung (BT-Drs. 19/21823 v. 25.8.2020).

Bundesregierung will Überbrückungshilfe verlängern

Nach dem Beschluss des Koalitionsausschusses vom 25.8.2020 soll die Überbrückungshilfe nun bis 31.12.2020 verlängert werden. Einzelheiten sind bislang noch nicht bekannt. Bayerns Wirtschaftsminister Aiwanger jedenfalls meint, die starre Umsatzgrenze von 60 Prozent Umsatzausfall sein „zu streng und unflexibel“, Branchen wie Messebauer, Schausteller oder Reisebüros drohten in die Insolvenz zu marschieren.

Aber was soll die Bunderegierung unter Federführung jetzt in dieser verzwickten Lage tun? Mit der angekündigten „Verlängerung“ des Programms kann doch nicht die Verlängerung der Antragsfrist über den 30.9.2020 hinaus bis Jahresende gemeint sein. Denn damit schafft man doch die Eingangshürde des 60-Prozent-Umsatzausfalls nicht aus dem Weg, die gerade der „Knackpunkt“ ist. Bedeutet also, die Eingangsschwelle absenken, den Zugang erleichtern? Dies hat das BMWI bislang strikt abgelehnt.

Und außerdem: Was ist dann mit den Antragstellern, die bislang wegen dieser Hürde eine Antragstellung gescheut haben? Was ist mit denen, deren Antrag wegen Nichterfüllung dieses Kriteriums bestandskräftig abgelehnt wurde? Droht eine verfassungsrechtlich unzulässige Ungleichbehandlung unterschiedlicher Antragsteller (Art. 3 Abs. 1 GG)? In dieser Zwickmühle scheint eigentlich nur ein neues Programm denkbar, dass für alle Antragsteller den gleichen Maßstab anlegt.

Warten wir also gespannt ab, welche Lösung uns die Politik in den nächsten Tagen präsentiert….

Weitere Informationen:

BT-Drs. 19/21823 v. 25.8.2020

Lesen Sie hierzu auch meinen Beitrag:

Die Überbrückungshilfe im neuen Corona-Konjunktur- und Krisenbewältigungspaket – Steuerberater sind in das Online-Antragsverfahren fest eingebunden (NWB 2020, S. 2174)für Abonnenten kostenfrei

 Und im NWB Experten-Blog:


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