Üben Prüfingenieure eine freiberufliche Tätigkeit aus?

Nach dem Urteil des BFH vom 14.05.2019 (VIII R 35/16) erzielen Prüfingenieure, die beispielsweise Hauptuntersuchungen und Sicherheitsprüfungen durchführen, Einkünfte aus selbständiger Arbeit. Voraussetzung ist jedoch, dass sie insoweit leitend und eigenverantwortlich tätig werden. Hieran fehlt es bei einer Personengesellschaft, deren Gesellschafter zwar Prüfingenieure sind, die jedoch den überwiegenden Teil der Prüftätigkeiten durch angestellte Prüfingenieure durchführen lässt und sie dabei nur stichprobenartig überwacht. So das BFH-Urteil.

Der Streitfall

Die Klägerin (GbR) führte unter anderem Haupt- und Abgasuntersuchungen durch. Die Gesellschafter waren selbst Prüfingenieure. Im Streitjahr 2009 wurde der überwiegende Teil der durchgeführten Haupt- und Abgasuntersuchungen jedoch von drei angestellten Prüfingenieure übernommen, die stichprobenartig von den Gesellschaftern überwacht wurden. Das Finanzamt vertrat die Auffassung, die Klägerin erziele gewerbliche Einkünfte und setzte dementsprechend auch Gewerbesteuer fest.

Das Urteil des BFH

Dies hat der BFH in seiner aktuellen Entscheidung als zutreffend bestätigt. Die Tätigkeit der Gesellschafter der GbR ist als freiberuflich zu beurteilt, soweit sie selbst Hauptuntersuchungen durchgeführt haben. Allerdings hat die Klägerin den überwiegenden Teil der Prüftätigkeiten durch angestellte Prüfingenieure durchführen lassen. Die angestellten Prüfingenieure hätten die Hauptuntersuchungen eigenständig durchgeführt und seien dabei nur stichprobenartig von den Gesellschaftern der Klägerin überwacht worden. Insoweit fehle es jedoch an einer eigenverantwortlichen Tätigkeit der Gesellschafter. Die Klägerin erziele daher insgesamt gewerbliche Einkünfte im Sinne des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG.

Ist dies jetzt der Dolchstoß für jede Freiberufler-GbR?

Wohl nicht. In seinem Urteil betont der BFH, dass eine unschädliche Mithilfe fachlich vorgebildeter Arbeitskräfte gem. § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG auch für technische Berufe wie den des Ingenieurs voraussetzt, dass die Leistung als solche des Berufsträgers erkennbar und ihm damit persönlich zurechenbar ist.

18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG ermächtige weder dazu, Routineaufgaben vollständig auf einen angestellten Berufsträger (hier: angestellter Ingenieur) zu delegieren, noch dem Berufsträger (Gesellschafter) eine Tätigkeit als eigene zuzurechnen, die tatsächlich ein anderer, angestellter Berufsträger eigenständig ausführe und zu verantworten habe. Dies gelte auch für Prüfingenieure, obwohl deren Tätigkeit weitgehend gesetzlich geregelt sei und daher umfassende Kontrollmaßnahmen ebenso ausgeschlossen seien wie die Festlegung von Untersuchungsmethoden oder -inhalten.

Fazit

Die Mithilfe fachlich vorgebildeter Arbeitskräfte gem. § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG ist weiterhin unschädlich. Voraussetzung für die Anerkennung der freiberuflichen Tätigkeit ist weiterhin, dass die Leistung persönlich dem Berufsträgers zuzurechnen ist und sie damit erkennbar von ihm erbracht wird.

Weitere Informationen:
BFH v. 14.05.2019 – VIII R 35/16

Lesen Sie in der NWB Datenbank hierzu auch:
Geißler, Selbständige Tätigkeit, infocenter, NWB MAAAB-36694
Ebber, Gewerbliche Einkünfte, infocenter, NWB TAAAB-14242
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