Sommerloch. Die Hauptversammlungs-Saison 2018 ist vorbei. Der nächste Stoß an Quartalsberichten kommt im Oktober – noch. Trump will dies nämlich in den USA ändern. Sollte dies auch in Deutschland überlegt werden? Denken wir darüber nach.
Die Quartalshetze wurde in den letzten Jahren zunehmend kritisiert. Kurzfristiges Gewinn- und Renditestreben, langfristig wichtige Investitionen wurden mitunter vernachlässigt. Onkel Trump hat dafür eine Lösung: Die Quartalsberichte einfach abschaffen. Derzeit lässt er dies von der SEC, der amerikanischen Börsenaufsicht, prüfen.
Wozu braucht es denn eigentlich die Quartalsberichte? Nun ja. Mehrere Berichte während des Jahres schaffen Transparenz für die Anleger. Durch die Globalisierung und Digitalisierung müssen Unternehmen sich immer schneller an die aktuellen Gegebenheiten anpassen. Selbst bei den Geschäftsberichten, die nur einmal jährlich veröffentlicht werden, gilt mittlerweile das sog. „fast close“.
Ach ja, politische Unsicherheiten à la Brexit und Onkel Trump gelten selbstverständlich auch als Einflußfaktoren. Teilweise gibt es wöchentlich oder sogar täglich Neuigkeiten, die die Geschäfte von Unternehmen erheblich beeinflussen. Gerade das Thema Brexit zeigt aktuell: Was heute gilt, ist morgen schon anders. Das Scheidungsdatum steht fest: 29. März 2019. Nur merken die Briten so langsam, was das heißt. Vielleicht hätte eine Reise durch die EU à la „EU live erleben“ vor dem Referendum geholfen. Sollten Sie Ihren Sommerurlaub noch vor sich haben: Die EU live erleben lohnt sich auf alle Fälle, denn nur dann kann man deren Dimension spüren – Slovaken, die sehr stolz sind, Mitglied der EU zu sein und den Euro als Währung zu haben, Ungarische Staatsbürger, die in ihren Geschäften den Euro als Zahlungsmittel akzeptieren – trotz der eigenen Währung.
Doch nun wieder zurück zu den Quartalsberichten. Mit der Quartalshetze auf Gewinn und Rendite muss man Trump Recht geben. Allerdings besteht auch bei Halbjahres- und Geschäftsberichten die Problematik, dass vorrangig über den Gewinn berichtet wird. Das Thema Liquidität, das im Gegensatz zum Gewinn nicht mit Hilfe des Medikamentes Bilanzpolitik beeinflusst werden kann, spielt in der Regel kaum eine Rolle. In Kurzmitteilungen über Unternehmen werden bisher in der Regel die Gewinnsteigerung zum Vorjahr und vielleicht noch die Entwicklung der Umsätze angesprochen. Das Thema Investitionen in Innovationen zur langfristigen Erfolgssicherung oder aber auch die Liquiditätslage, wird nur in den seltensten Fällen thematisiert. Dabei ist es viel wichtiger, auch auf die Zukunftsfähigkeit des Geschäftsmodells zu schauen, gerade da wir erst am Anfang der Digitalisierungswelle stehen. Auf noch erzielten Gewinnen und damit finanziellen Erfolgen sollten sich Unternehmen nicht ausruhen.
Das Problem liegt meines Erachtens nicht in den Quartalsberichten an sich, sondern vielmehr am Inhalt bzw. dem Fokus der veröffentlichten Informationen. Um von der Quartalshetze wegzukommen, bedarf es keiner Abschaffung von Zwischenberichten. Vielmehr sollten die Inhalte der Quartals- und ggf. auch der Halbjahresberichte überdacht werden. Auch wenn sich Investitionen in Innovationen nicht kurzfristig in einem höheren Aktienkurs widerspiegeln, wie ich in meiner Dissertation festgestellt habe, sind diese mittel- bis langfristig für den Erfolg sowie die Existenzsicherung von Unternehmen von erheblicher Bedeutung.
Der Fokus seitens der Anleger sollte demnach nicht nur auf einer kurzfristig hohen Dividendenzahlung liegen. Allerdings ist dies nun wiederum vom Anlagehorizont sowie der Anlagestrategie der Investoren abhängig. Wie das Beispiel der SolarWorld AG zeigt, kann eine kurzfristig hohe Dividende langfristig zu einem Absturz des Aktienkurses mangels getätigter Investitionen in Forschung und Entwicklung führen.
Nicht nur die Berichterstattung, sondern auch die Vergütungssysteme für das Management börsennotierter Unternehmen haben Auswirkungen auf deren Entscheidungen. Nur sind die Vergütungssysteme und die Berichte darüber in den Geschäftsberichten leider derart komplex geworden, dass selbst geübte Bilanzleser bei der Beschreibung aussteigen. Aber das ist eine andere Baustelle, an der auch noch gearbeitet werden muss.
Fazit:
Wie so oft gilt: „Totgesagte leben länger.“ Warten wir auf die Antwort der amerikanischen Börsenaufsicht. Vielleicht ergeben sich hieraus Anregungen für weitere Diskussionen zur Quartalsberichterstattung.
Lesen Sie dazu auch:
Freiberger: Offenheit schafft Erfolg (sz.de, abgerufen am 20.08.2018)
o.V.: Trump will Quartalsberichte abschaffen (faz.net, abgerufen am 17.08.2018)
Rinker: Wertrelevanz von Forschungs- und Entwicklungskosten – Eine empirische Untersuchung börsennotierter Unternehmen in Deutschland (Springer Verlag, 2017)
Folgende meiner Beiträge zu diesem Thema finden Sie hier im NWB Experten-Blog:
Quartalsmitteilung quo vadis? – Wie vertragen sich die Entschlackung und die Informationsqualität?
Ende der Quartalshetze? – Wie Unternehmen die neuen Erleichterungen der Berichterstattung nutzen
Insolvenz der Solarworld AG: Rächt sich die Forschungsträgheit des Unternehmens?