Die Umsätze eines Tauf-, Trauer- und Hochzeitredners unterliegen nicht dem ermäßigten Steuersatz des § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG, wenn die vorgelegten Texte – bezogen auf den jeweiligen Anlass – nach gleichem Muster aufgebaut sind, teilweise wörtliche Übereinstimmungen aufweisen und der individuelle Bezug sich lediglich aus den dem Redner mitgeteilten Informationen über den Verstorbenen, das Brautpaar oder den Täufling und seine Eltern ergibt. So lautet das BFH-Urteil vom 11.7.2018 (XI R 36/17).
Auch das FG Baden-Württemberg hatte in diesem Sinne entschieden (Urteil vom 24.11.2021, 14 K 982/20). Die Klägerin meldete nach ihrem theologischen und philosophischen Studium eine selbstständige Tätigkeit als Trauerrednerin, Gestalterin von Hochzeitsfeiern sowie von Begrüßungsfeiern für Neugeborene an. Sie verfasste auch Bücher über Trauerreden und die Trauersprache. In ihrer Umsatzsteuerjahreserklärung 2017 erklärte sie unter anderem Umsätze aus Trauer- und Hochzeitsreden zum ermäßigten Umsatzsteuersatz im Wesentlichen mit der Begründung, ihre Reden seien kreativ ausgestaltete individuelle Botschaften.
Doch Finanzamt und FG waren der Ansicht, dass die Grenze zur künstlerischen Tätigkeit nicht überschritten sei. Den Schwerpunkt der Tätigkeit der Klägerin bilde nicht die künstlerische Form des Vortrags, sondern sein Gegenstand und Inhalt. Es seien jeweils lediglich „Gebrauchsreden“. Bei Trauerreden werde über den Verstorbenen berichtet. Gedichte und eine musikalische Begleitung seien üblich. Die Klägerin äußere durchaus tiefsinnige Gedanken zum Leben, Sterben und Abschiednehmen. Doch diese machten die anlassbezogenen Reden nicht zu einer künstlerischen Darbietung (vgl. Blog „Trauerredner haben es nicht leicht“).
Wer aber dachte, dass das Thema „Steuersatz für Leistungen eines Trauerredners“ beendet sei, wird aktuell eines Besseren belehrt. Demnächst ist wieder der BFH am Zuge. Mit Urteil vom 17.5.2022 (4 K 153/20) hat das Schleswig-Holsteinische FG zwar ebenfalls entschieden, dass Trauerreden regelmäßig nicht als künstlerische Darbietungen im Sinne des Umsatzsteuergesetzes zu qualifizieren seien und daher der ermäßigte Steuersatz nicht anzuwenden sei. Doch gegen das Urteil ist Revision eingelegt worden; das Revisionsverfahren ist beim BFH unter dem Aktenzeichen V R 11/22 anhängig. Insofern sollten gleichgelagerte Fälle offen gehalten werden.
Im zugrunde liegenden Sachverhalt geht es um einen Diplom-Theologen mit absolvierter Ausbildung zum evangelischen Pastor. Der Kläger betont die besondere Qualität und Individualität seiner Reden, welche stets in ein künstlerisches Arrangement eingebunden seien und wie eine Theaterkulisse wirkten. Dem trat das Finanzamt entgegen. Die vorgelegten Texte über Trauerreden seien zwar von Empathie und sprachlicher Geschicklichkeit geprägt. Sie höben sich jedoch nicht aus der Masse der zu solchen Anlässen gehaltenen Reden heraus. Es fehle deshalb die erforderliche individuelle schöpferische Gestaltungshöhe.