Mit seinem „Champions League“-Urteil hat der BFH die Besteuerung privater Veräußerungsgewinne geregelt. Doch wie verhält es sich in Bezug auf Verluste?
§ 23 EStG: Sonderregelung für Verluste
Wer privat ein anderes Wirtschaftsgut als Grundstücke o.ä. veräußert, unterliegt innerhalb der Jahresfrist generell der Besteuerung. Bei Verlusten sieht die Sache jedoch etwas anders. Denn im § 23 EStG findet sich eine Besteuerungsausnahme für die Veräußerung von „Gegenständen des täglichen Gebrauchs“. Hierzu nahm der BFH nun erstmals Stellung und schloss sich der überwiegenden Literaturmeinung an. Danach muss es sich bei objektiver Betrachtung um Gebrauchsgegenstände handeln, die dem Wertverzehr unterliegen und/oder kein Wertsteigerungspotential aufweisen.
Diese Ausnahme gilt theoretisch auch im Gewinnfall. Allerdings: wird ein Gewinn erzielt, lag offensichtlich ein Wertsteigerungspotential vor. Dann aber handelt es sich nach der Definition nicht mehr um einen Alltagsgegenstand. Die Besteuerungsausnahme kann nicht greifen. Blöd gelaufen…
Wann liegt Wertsteigerungspotential vor?
Wann ein Gegenstand Wertsteigerungspotential hat, ist objektiv zu bestimmen. Grundsätzlich hat natürlich jeder Gegenstand das Potential zur Wertsteigerung (Stichwort: Coronakrise/Toilettenpapier). Daher wird man hier zumindest eine einschränkende Auslegung dahingehend verfolgen müssen, dass ein objektiver Dritter bei Erwerb wenigstens eine Wertsicherung erwarten muss. Das dürfte regelmäßig z.B. für Edelmetall, Sammlermünzen oder Kunst der Fall sein. Besteht ein objektives Wertsteigerungspotential, sind Veräußerungsverluste steuerlich anzuerkennen. Voraussetzungen ist dann allein, dass die Haltefriste noch läuft.
Was sind Alltagsgegenstände?
Wird ein Wirtschaftsgut ohne Wertsteigerungspotential mit Verlust veräußert, kommt eine steuerliche Berücksichtigung nur dann in Betracht, wenn kein Gegenstand des täglichen Gebrauchs vorlag. Den Alltagsgebrauch eines Wirtschaftsguts macht die herrschende Meinung daran fest, dass es einem wirtschaftlichen Werteverzehr unterliegt. Mit anderen Worten sind Dinge erfasst, die als Anlagevermögen planmäßig abzuschreiben sind. Das gilt für alle erdenklichen physischen Dinge, wie etwa Bücher, Möbel oder Werkzeuge. Software fällt ebenfalls in diese Kategorie: Obgleich ggf. eine technische Abschreibung fehlt, liegt dennoch eine wirtschaftliche – ggf. fiktive – Abnutzung vor. Das genügt für die Qualifikation als Alltagsgegenstand.
Damit unterfallen so gut wie alle Wirtschaftsgüter ohne Wertsteigerungspotential der Besteuerungsausnahme für Alltagsgegenstände. Eine Verlustberücksichtigung ist damit faktisch ausgeschlossen. Denkbar erscheint hier allenfalls noch die Erfassung von Einwegartikeln wie Lebensmitteln oder (bestimmten) Hygieneprodukten. Denn der BFH fordert in seinem Ticket-Urteil, dass ein Alltagsgegenstand im Sinne des § 23 EStG zumindest mehrmalige Verwendung erfahren können muss. Allerdings ist die Veräußerung von Einwegartikeln mit Verlust wirtschaftlich in aller Regel sinnentleert.
Gehaltvoller erscheint da schon die Veräußerung gebrauchter E-Books. Diese als Alltagsgegenstand zu qualifizieren, erscheint zweifelhaft, da sie nach hier vertretener Auffassung bei einem privaten Erwerber keiner wirtschaftlichen Abnutzung unterliegen. Allerdings ist der Handel mit gebrauchten E-Books generell unzulässig. In Zweifelsfällen steht zudem zu befürchten, dass die gesetzgeberische Intention zur Vermeidung der Anerkennung steuerlicher Verluste auf den Verkauf von Alltagsgegenständen im untechnischen Sinne ausgedehnt wird.
Im Ergebnis ist daher davon auszugehen, dass Verluste nach § 23 EStG nur dann wirksam sind, wenn das veräußerte Wirtschaftsgut objektiv zumindest zur Wertsicherung abstrakt geeignet war.
Weitere Infos:
- BFH, Urteil vom 29. Oktober 2019 – IX R 10/18
- Ertel, Champions-League: Finalticket-Urteil unter dem Aspekt der Besteuerung von Kryptowährungen