Tesla schreibt als amicus curiae – Vorbild für die Mandatsbetreuung?

In der vergangenen Woche überraschte Neu-Autobauer Tesla mit einem Brief als amicus curiae, der eine Klimaschutzklage unterstützen soll. Selbst wenn der Brief aus meiner Sicht schnell als recht plumper PR-Stunt identifiziert ist, stellt sich hier die Frage der Nachahmungswürdigkeit in der Mandatsbetreuung.

Was ist ein amicus curiae?

Die Figur des amicus curiae („Freund des Gerichts“) ist in Deutschland weitgehend unbekannt. Verbreiteter ist sie in den USA, wo häufiger auf externe Experteneingaben bei Gericht zurückgegriffen wird. Als amicus curiae treten beispielsweise Aktivistenverbände auf, die in großen Umfang Ressourcen in eine Themenbearbeitung investieren und auf Expertenwissen zurückgreifen können. Das Gericht erhält so im Idealfall unaufgefordert fundierten Input für ein laufendes Gerichtsverfahren, der bei der Entscheidungsfindung berücksichtigt werden kann.

Amicus curiae in Deutschland?

Hierzulande sind Stellungnahmen eines amicus curiae selten. Das liegt zum Teil am starren Prozessrecht, welches externe Eingaben generell nicht vorsieht. Zum anderen kollidiert die Idee des externen Experten ein wenig mit der Arbeitskultur in der Richterschaft. Es gilt der Grundsatz, dass das Gericht das Recht bereits kennt und selbständig anwendet.

Wozu das alles?

Eine Eingabe als amicus curiae dient letztlich immer dazu, Einfluss auf ein laufendes Gerichtsverfahren zu nehmen. Im Vordergrund stehen dabei in der Regel weniger die Interessen der Prozessbeteiligten, als selbstbezogene Motive. Kippt ein Gericht beispielsweise eine gesetzliche Regelung, gegen die sich ein Konkurrent wehrt, profitiert man auch selbst davon.

Lohnt sich der Aufwand?

Der Erfolg solcher Eingaben als amicus curiae lässt sich kaum einschätzen. Das Gericht selbst wird es in jedem Fall vermeiden, den Anschein von Beeinflussbarkeit aufkommen zu lassen. Ein Erfolg lässt sich daher nur daraus ableiten, dass man Überlegungen der eigenen Eingabe im Urteil wiederfindet. Möglicherweise hat das Gericht aber ebenso ohne Beachtung der Eingabe entschieden.

Überhaupt bleibt für den amicus in der Regel unklar, ob das Gericht die Stellungnahme auch nur zur Kenntnis nimmt. Beim Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) etwa werden amicus-Briefe in der Gerichtsverwaltung abgefangen und zurückgeschickt. Beim Bundesverfassungsgericht werden sie dem Vernehmen nach von den wissenschaftlichen Mitarbeitern ausgewertet. Ähnlich ist die Situation am US Supreme Court. Bei den unteren Instanzgerichten dürfte viel von der Einstellung des Richters abhängen. Die übrigen Prozessbeteiligten (und ihre Anwälte) sind nach meiner Erfahrung selten aufgeschlossen für unaufgeforderte Hilfsangebote.

Damit bleibt die Erkenntnis, dass die Erstellung von Eingaben als amicus curiae ein Glücksspiel ist. Insbesondere weiß man eben nicht, ob die zusammengestellten Argumente überhaupt von jemandem gelesen wurden. Ich selbst habe eher gemischte Erfahrungen mit solchen Eingaben gemacht. Das muss man sich in diesem Bereich bewusst machen.

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