Die unterschiedlichen Einordnungen im Hinblick auf die Wirkung der Mehrwertsteuersatzsenkung zum 01.07.2020 lässt die Frage aufkommen, inwiefern es zu einer Verlängerung der Maßnahme über den 31.12.2020 hinauskommen könnte. Während im Teil I dieses Blogs die unterschiedlichen Positionen (exemplarisch) aufgezeigt wurden, stellt Teil II dar, welche Besonderheiten seitens der Unternehmerschaft bei einer Verlängerung zu beachten wären und welche Alternativen der Bundesregierung zu Unterstützung der Corona-gebeutelten Wirtschaft (u.a.) zur Verfügung stehen.
Klare Aussagen seitens der Bundesregierung erforderlich
Inwiefern es zu einer Verlängerung der Maßnahme kommen wird, ist derzeitig noch unklar. Stets war seitens der Bundesregierung auf die zeitliche Befristung der Absenkung hingewiesen worden. Allerdings war zu diesem Zeitpunkt eine „zweite Welle“ und ein „zweiter Lockdown“ noch weit entfernt. Sollte es zu einer Verlängerung der Maßnahme oder – wie z.B. vom HDE gefordert – sogar zunächst zu einer unbefristeten Absenkung kommen, so sollte darüber zeitnah entschieden werden. Nicht zu unterschätzen sind nämlich die Umstellungsprozesse, welche innerhalb der Unternehmen bei der Rückführung zu den Regelsteuersätzen durchzuführen sind. Hier bedarf es klarer Aussagen, die zu Planungssicherheit für die betroffenen Akteure führen.
Alternative Unterstützungskonzepte
Will man eine sinnvolle Alternative zur Verlängerung der Umsatzsteuersatzsenkung aufzeigen, gilt es zunächst zu überlegen, wem diese zugutekommen soll. Denn: Die nicht verpflichtende Weitergabe der gesunkenen Preise an die Verbraucher führte bisweilen gerade dazu, dass die Maßnahme besonders der Unternehmerschaft diente. Dass die Maßnahme daher, wie vom VZBV konstatiert, zu einer zu geringen Entlastung für die Verbraucher führt, ist in den Vorgaben der Maßnahme selbst begründet und kann nicht als Kritik angeführt werden. Für die direkte Entlastung von Verbrauchern ist die Mehrwertsteuersatzsenkung in der jetzigen Ausgestaltung daher ein weniger geeigneter Anknüpfungspunkt. Hier sollte abgewogen werden, inwiefern eine stärkere Absenkung der Stromkosten oder ein höherer Kinderbonus tatsächlich die besseren, ebenfalls vom VZBV, vorgeschlagenen Alternativen darstellten.
Ebenfalls kann es als sinnvoll erachtet werden, auf privater Seite gerade diejenigen Bürgerinnen und Bürger mit geringen Einkommen direkt zu unterstützen/entlasten, so etwa Menschen in Kurzarbeit oder mit Minijobs. Durch einen entsprechenden Impuls könnten die Konsumausgaben angekurbelt werden. Vor allem das DIW unterstützt solche Maßnahmen, sieht dessen Chef, Marcel Fratzscher, doch ein großes Problem im Anstieg der privaten Sparquote. Diese habe sich in den letzten Monaten fast verdoppelt, weil viele Menschen aufgrund von Ängsten und Sorgen weniger konsumieren und mehr sparen.
Für die Unternehmerschaft hingegen könnte eine Verlängerung der Umsatzsteuermaßnahme grundsätzlich sinnvoll sein. Bleiben allerdings – wie im November nunmehr vorgeschrieben – die Lokale zu und Freizeitangebote begrenzt, nützt eine Mehrwertsteuersatzsenkung den vielen Unternehmerinnen und Unternehmern reichlich wenig. Will man jedoch weiterhin Maßnahmen an die steuerliche Stellschraube anknüpfen, so könnte beispielsweise eine Ausdehnung der Verlustverrechnung anvisiert werden. Zwar war diese im Rahmen des Zweiten Corona-Steuerhilfegesetzes bereits ausgebaut worden. So können Verluste für die Jahre 2020 und 2021 aktuell bis zu einer Höchstbetragsgrenze von fünf Mio. Euro (bzw. zehn Mio. Euro bei Zusammenveranlagung) zurückgetragen werden (§ 10d Abs. 1 Satz 1 EStG). Zusätzlich wirken die Impulse, welche durch die Möglichkeit eines „vorläufigen Verlustrücktrags für das Jahr 2020“ (§ 111 EStG) und die Möglichkeiten der „Anpassung von Vorauszahlungen für den Veranlagungszeitraum 2019“ (§ 110 EStG) gesetzt wurden. Unangetastet bei der gesetzlichen Verbesserung blieb allerdings der nur einjährige Rücktragszeitraum. Die negativen Einkünfte eines Jahres können entsprechend nur mit positiven Einkünften des Vorjahrs verrechnet werden; ein Rücktrag in weiter zurückliegende Jahre ist nach wie vor unzulässig. Negative Einkünfte aus dem VZ 2020 können damit z.B. nur in den VZ 2019 zurückgetragen werden. Hier kann eine deutliche Nachbesserung als sinnvoll erachtete werden.
Fazit: Weitere Maßnahmen erforderlich
Mit Sicherheit gesagt werden kann, dass der erneute Lockdown Deutschland vor zusätzliche Herausforderungen stellen wird. Sowohl die Unternehmerschaft als auch die privaten Haushalte werden durch die Einschränkungen Einbußen erleiden. Sicher dürfte auch sein, dass die Bundesregierung weitere Maßnahmen ergreifen wird, um der deutschen Wirtschaft unter die Arme zu greifen.
Inwiefern die Verlängerung der bis zum 31.12.2020 geltenden Mehrwertsteuersatzsenkung einen sinnvollen Baustein darstellen kann, sollte differenziert betrachtet werden. Andere Maßnahmen, welche gezielt(er) auf die Bedürftigkeit Einzelner eingehen, könnten u.U. eine effektivere Alternative darstellen.