Tankgutscheine statt Arbeitslohn sind beitragspflichtig!

Ich möchte Ihnen hier „auf die Schnelle“ eine aktuelle Meldung des Bundessozialgerichts vorstellen, die mich ehrlich gesagt etwas ratlos zurücklässt, die aber enorme Auswirkungen auf das beliebte Modell „Gewährung von Tankgutscheinen“ haben dürfte. Zumindest dürfte sie all denjenigen, die ihren Mitarbeitern bereits vor der Gesetzesänderung zum 1.1.2020 (§ 8 Abs. 2 Satz 11 letzter Halbsatz EStG) Tankgutscheine gewährt haben, Schweißperlen auf die Stirn treiben.

Die Meldung des BSG lautet:

„Tankgutscheine über einen bestimmten Euro-Betrag und Einnahmen aus der Vermietung von Werbeflächen auf privaten PKWs, die als neue Gehaltsanteile an Stelle des Bruttoarbeitslohns erzielt werden, sind sozialversicherungspflichtiges Arbeitsentgelt und unterliegen der Beitragspflicht. Dies hat der 12. Senat des Bundessozialgerichts am 23. Februar 2021 entschieden und damit der Revision eines Rentenversicherungsträgers stattgegeben (Aktenzeichen: B 12 R 21/18 R).

Vereinbart ein Arbeitgeber mit der Belegschaft einen teilweisen Lohnverzicht und gewährt im Gegenzug an Stelle des Arbeitslohns Gutscheine und zahlt Miete für Werbeflächen auf den PKWs der Belegschaft, handelt es sich dabei sozialversicherungsrechtlich um Arbeitsentgelt. Dieses umfasst grundsätzlich alle im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis stehenden geldwerten Vorteile. Ein solcher Zusammenhang ist anzunehmen, wenn der ursprüngliche Bruttoarbeitslohn rechnungsmäßig fortgeführt wird und die Tankgutscheine und Werbeeinnahmen als „neue Gehaltsanteile“ angesehen werden. Demzufolge kommt es nicht darauf an, dass die Werbeeinnahmen auf eigenständigen Mietverträgen mit der Belegschaft beruhten.

Die Beitragspflicht der Tankgutscheine entfiel auch nicht ausnahmsweise. Bei ihnen handelte es sich nicht um einen Sachbezug, weil sie auf einen bestimmten Euro-Betrag lauteten und als Geldsurrogat teilweise an die Stelle des wegen Verzichts ausgefallenen Bruttoverdienstes getreten waren. Die steuerrechtliche Bagatellgrenze von 44 Euro im Monat kommt daher nicht zur Anwendung.“

Zur Einordnung: Die monatliche 44-Euro-Freigrenze gilt bei Gutscheinen und Geldkarten seit 1.1.2020 nur dann, wenn die Vorteile zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährt werden. Zuvor gab es diese Einschränkung nicht, so dass das Modell „Tankgutscheine“ sehr beliebt war und es vielfach auch heute noch ist. Da das BSG im weiteren Verlauf seiner Pressemeldung die alte Fassung des EStG zitiert, darf davon ausgegangen werden, dass es aber nicht um die Neuregelung geht, sondern um die Altfälle.

Das heißt: Selbst wenn – damals steuerlich zulässig – die 44 Euro-Freigrenze für Benzingutscheine per Gehaltsumwandlung in Anspruch genommen worden ist, so soll der Betrag, also zumeist 44 Euro pro Monat, beitragspflichtig sein. Da könnten für Arbeitgeber nun enorme Nachforderungen zukommen.

Ich hoffe, dass der Volltext des Urteils alsbald veröffentlicht wird und für Klarheit sorgt. Arbeitgeber – und auch Arbeitnehmer – sollten dann sorgfältig prüfen, wie das Urteil einzuordnen ist.

Das Thema „Miete für Werbeflächen“ ist im Übrigen ein ganz anderes. Hier haben auch die Finanzverwaltung und einige Finanzgerichte bereits Bedenken angemeldet. So hat das FG Münster entschieden, dass ein Entgelt, das der Arbeitgeber an seine Mitarbeiter für die Anbringung eines mit Werbung versehenen Kennzeichenhalters zahlt, der Lohnsteuer unterliegt (Urteil vom 3.12.2019, 1 K 3320/18 L).

Weitere Informationen:
Pressemitteilung des BSG


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