Nachdem das Bundesverfassungsgericht entschieden hatte, dass ein Zinssatz von 6 Prozent p.a. für Steuernachforderungen und -erstattungen seit dem 1.1.2014 verfassungswidrig ist und ab dem 1.1.2019 vermindert werden muss (was zwischenzeitlich geschehen ist), gab – und gibt es – es zunehmend Stimmen, die auch eine Senkung der anderen Zinsarten fordern (BVerfG-Beschluss vom 8.7.2021, 1 BvR 2237/14, 1 BvR 2422/17). Auch die Höhe der Säumniszuschläge wurde vielfach für verfassungswidrig, zumindest für unangemessen gehalten. Allerdings erfüllen Säumniszuschläge gleich mehrere Funktionen:
- Einerseits sollen sie den Zinsvorteil abschöpfen, den ein säumiger Steuerpflichtiger durch die verspätete Zahlung der Steuerschuld erlangt.
- Andererseits sind sie ein Druckmittel eigener Art, das den Steuerschuldner zur rechtzeitigen Zahlung der Steuerschuld anhalten soll, sodass sie insoweit eine Art Zwangsmittel oder Strafe darstellen.
- Durch Säumniszuschläge werden schließlich auch die Verwaltungsaufwendungen abgegolten, die den Finanzämtern dadurch entstehen, dass ein Steuerpflichtiger eine fällige Steuer nicht oder nicht fristgemäß zahlt.
Nunmehr hat der BFH entschieden: Gegen die Höhe des Säumniszuschlags nach § 240 Abs. 1 Satz 1 AO bestehen auch bei einem strukturellen Niedrigzinsniveau keine verfassungsrechtlichen Bedenken (BFH-Urteil vom 15.11.2022, VII R 55/20).
Die Begründung des BFH ist recht ausführlich. Letztlich ist aber von Bedeutung, dass der BFH in dem Strafcharakter der Säumniszuschläge den Hauptzweck und in der Verzinsung bzw. der Abschöpfung des Zinsvorteils nur den Nebenzweck sieht. Weiterlesen