Schuldzinsen: Nur anteiliger Abzug nach anteiliger Immobilienschenkung?

Übertragen Eltern eine vermietete Immobilie auf Sohn oder Tochter, werden die Darlehen oftmals zurückbehalten. Was die Kinder erfreut, ist ertragsteuerlich allerdings nachteilig, denn es gilt: Überträgt der Grundstückseigentümer ein Grundstück unter Zurückbehaltung der Darlehensverpflichtung schenkweise auf seine Kinder, so verlieren die Schulden ihre Objektbezogenheit und gehen in den privaten, nicht mit den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung im wirtschaftlichen Zusammenhang stehenden Bereich über (BFH-Urteil vom 30.1.1990, IX R 182/84).

Doch gilt dieser Grundsatz auch, wenn das Kind lediglich einen Miteigentumsanteil an einer vermieteten Immobilie erhält? Wahrscheinlich ist man schnell geneigt, auf diese Frage mit einem klaren „Ja“ zu antworten. Und in der Tat hat das Niedersächsische FG auch in diesem Sinne geurteilt (Urteil vom 13.12.2023, 3 K 162/23). Doch aufgrund des BFH-Beschlusses vom 27.4.2017 (IV B 53/16) wurde die Revision zugelassen – und diese liegt unter dem Az. IX R 2/24 vor.

Der Sachverhalt:

Der Vater war zunächst Alleineigentümer eines vermieteten Grundstücks. Zur Finanzierung des Erwerbs nahm er insgesamt drei Darlehen auf. Zum 1. Juli 2019 übertrug der Vater einen ideellen 2/5-Miteigentumsanteil im Wege vorweggenommener Erbfolge auf seinen Sohn, so dass eine vermögensverwaltende GbR entstanden ist. Der Sohn übernahm zwar auch die Grundschuld entsprechend seinem Miteigentumsanteil, doch zu einer vertraglichen Schuldübernahme oder einem Schuldbeitritt ist es nicht gekommen. Die nunmehr bestehende Vermietungs-GbR machte im Jahre 2020 Darlehenszinsen aus den Darlehen des Vaters in Höhe von rund 60.000 Euro als Sonderwerbungskosten geltend.

Das Finanzamt berücksichtigte die Schuldzinsen hingegen nur entsprechend dem Miteigentumsanteil des Vaters. Die übrigen Zinsen blieben unberücksichtigt. Die hiergegen gerichtete Klage wurde zurückgewiesen. Schenkt der Vater seinem Sohn einen Miteigentumsanteil an einer vermieteten Immobilie, ohne die Darlehen anteilig mit zu übertragen, so kann er seine Schuldzinsen anschließend nur noch anteilig entsprechend seinem verbliebenen Miteigentumsanteil abziehen – so das FG.

Die Begründung:

Der Vater habe einen Miteigentumsanteil an dem Gebäude schenkweise und damit aus privaten, nicht mit der Einkünfteerzielung im Zusammenhang stehenden Gründen auf seinen Sohn übertragen. Da das Darlehen der Finanzierung des gesamten Gebäudes diente, werde mit der Übertragung eines Miteigentumsanteils auf den Sohn der Finanzierungszusammenhang des Darlehens mit dem Gebäude anteilig zu dem übertragenen Miteigentumsanteil gelöst. Bei Grundstücken des Betriebsvermögens habe der BFH zwar hiervon abweichend entschieden (BFH-Beschluss vom 27.4.2017, IV B 53/16). Die Entscheidung sei aber auf den Streitfall nicht übertragbar, da es hier um ein Grundstück des Privatvermögens geht.

Denkanstoß:

Der BFH-Beschluss lautet: Wird ein fremdfinanziertes Grundstück des Sonderbetriebsvermögens unter Zurückbehaltung der Darlehensverbindlichkeit unentgeltlich in das Gesamthandsvermögen einer anderen Mitunternehmerschaft zum Buchwert übertragen, so ist die Darlehensverbindlichkeit bei der anderen Mitunternehmerschaft als negatives Sonderbetriebsvermögen in voller Höhe zu erfassen. Die aufgewendeten Darlehenszinsen sind in voller Höhe als Sonderbetriebsaufwand abzugsfähig.

Der BFH muss nun in der Revision zum Besprechungsurteil entscheiden, ob es sachlich gerechtfertigt ist, den Sachverhalt bei einer vermögensverwaltenden GbR anders zu behandeln als bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb. Die Entscheidung wird spannend sein und ich wage keine Prognose.

Totalüberschussprognose trotz Überschreitens der 66-Prozent-Grenze – BFH hebelt § 21 Abs. 2 EStG aus

§ 21 Abs. 2 Satz EStG lautet: „Beträgt das Entgelt bei auf Dauer angelegter Wohnungsvermietung mindestens 66 Prozent der ortsüblichen Miete, gilt die Wohnungsvermietung als entgeltlich.“ Auch vor 2021 war der Wortlaut kein anderer. Nun ist man also geneigt, das Wort „gilt“ mit dem Attribut „ausnahmslos“ zu versehen. Doch wer das Steuerrecht kennt, weiß, dass es so etwas wie „ausnahmslos“ kaum gibt. Und mit einer solchen – möglichen – Ausnahme musste sich jüngst BFH befassen. Vorweg: Nach Auffassung des BFH ist eine Totalüberschussprognose trotz Einhaltung der 66-Prozent-Grenze ausnahmsweise doch angezeigt, wenn es sich um die Vermietung einer aufwendig gestalteten Wohnimmobilie, handelt. Davon ist insbesondere auszugehen, wenn das Objekt mehr als 250 qm Wohnfläche umfasst (BFH-Urteil vom 20.6.2023, IX R 17/21).

Der Sachverhalt:

Ein Elternpaar hatte insgesamt drei Villengebäude mit einer Wohnfläche von jeweils mehr als 250 qm erworben. Die Immobilien vermieteten sie unbefristet an ihre volljährigen Kinder. Durch die Vermietung entstanden den Eltern jährliche Verluste zwischen 172.000 Euro und 216.000 Euro. Diese Verluste verrechneten sie mit ihren übrigen Einkünften. Dadurch ergab sich eine erhebliche Einkommensteuerersparnis. Der BFH hat die Verrechnung der Verluste mit den übrigen Einkünften und die damit verbundene Steuerersparnis jedoch nicht zugelassen.

Die Begründung:

Wird eine Immobilie mit einer Wohnfläche von mehr als 250 qm vermietet, müsse der Steuerpflichtige nachweisen, dass die Vermietung erfolgt, um einen finanziellen Überschuss zu erzielen. Könne er diesen Nachweis nicht führen, weil er über einen längeren Zeitraum Verluste erwirtschaftet, handele es sich bei der Vermietungstätigkeit um eine steuerlich nicht beachtliche Liebhaberei.

Bereits in der Vergangenheit habe der BFH geurteilt, dass im Ausnahmefall eine Totalüberschussprognose angeracht sein könnte, insbesondere bei aufwendig gestalteten oder ausgestatteten Objekten (z.B. Größe von mehr als 250 qm Wohnfläche; Schwimmhalle; vgl. BFH-Urteil vom 6.10.2004, IX R 30/03). Denn insoweit handele es sich um Objekte, bei denen die Marktmiete den besonderen Wohnwert nicht angemessen widerspiegelt und die sich aufgrund der mit ihnen verbundenen Kosten oftmals auch nicht kostendeckend vermieten lassen. Daher sei bei diesen Objekten anlässlich der steuerlichen Erfassung der Einkünfte regelmäßig nachzuweisen, dass über einen 30-jährigen Prognosezeitraum ein positives Ergebnis erwirtschaftet werden kann. Der BFH bestätigt seine bisherige Rechtsprechung mit der aktuellen Entscheidung. Weiterlesen

DSGVO: Darf das Finanzamt überhaupt noch Mietverträge anfordern?

Der Datenschutz ist ein hohes Gut. Bürgerinnen und Bürger sollen sicher sein, dass mit ihren personenbezogenen Daten sensibel umgegangen wird. Zwar gab es das Thema „Datenschutz“ selbstverständlich auch schon vor dem Inkrafttreten der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) im Jahre 2018, doch seitdem haben die Diskussionen darüber, was erlaubt ist und was nicht, besonders Fahrt aufgenommen. Auch die Behörden müssen die DSGVO beachten, wobei ihnen allerdings einzelgesetzlich weitreichende Rechte eingeräumt werden. Die Verarbeitung personenbezogener Daten durch Finanzbehörden ist in § 29b AO geregelt. Danach gilt: Die Verarbeitung personenbezogener Daten durch eine Finanzbehörde ist zulässig, wenn sie zur Erfüllung der ihr obliegenden Aufgabe oder in Ausübung öffentlicher Gewalt, die ihr übertragen wurde, erforderlich ist.

Nun hat es in diesem Zusammenhang ein interessanter Fall vor den BFH geschafft. Vereinfacht ausgedrückt lautet die Frage: Ist das Finanzamt berechtigt, von einem Vermieter die Mietverträge mit seinen Mietern anzufordern oder sind deren Rechte nach der DSGVO höher zu gewichten als das öffentliche Interesse (der Finanzverwaltung)? Das Aktenzeichen der Revision lautet IX R 6/23. Weiterlesen

Sofortabzug für Abfindungen an weichende Mieter

In Zeiten der Wohnraumknappheit lässt eine Überschrift, in denen die Worte „weichende Mieter“ vorkommen, wohl bei vielen Leser schlechte Erinnerungen wach werden.

Aber in diesem Blog geht es nicht ums Mietrecht, sondern ums Steuerrecht, und hier speziell um die Frage, ob Abfindungen an weichende Mieter zu sofort abziehbaren Werbungskosten oder zu – anschaffungsnahem – Herstellungsaufwand führen, wenn sie geleistet werden, um eine Wohnung zu sanieren und im Anschluss – wieder bzw. weiter – vermieten zu können.

Die Antwort hatte zunächst das FG Münster zuungunsten der Vermieter gegeben: Weiterlesen

Kaufpreisaufteilung im Notarvertrag: Man darf es nicht übertreiben

Wer eine Immobilie für Zwecke der Einkünfteerzielung erwirbt und dementsprechend Absetzungen für Abnutzung geltend macht, hat ein Interesse daran, dass ein möglichst hoher Anteil des Gesamtkaufpreises auf das Gebäude und ein möglichst niedriger Anteil auf den Grund und Boden entfällt. Am einfachsten ist es, wenn die Aufteilung bereits im notariellen Kaufvertrag vorgenommen wird. Das Finanzamt muss diese Werte im Allgemeinen übernehmen, „solange dagegen keine nennenswerten Zweifel bestehen“ (vgl. BFH 10.10.2000 – IX R 86/97, BStBl 2001 II S. 183; BFH 29.5.2008, BFH/NV 2008 S. 1668; BFH 16.9.2015, IX R 12/14).

In der Praxis wird der Halbsatz „solange dagegen keine nennenswerten Zweifel bestehen“ leider oft überlesen. Man kann es auch anders ausdrücken: Vielfach werden die Grenzen des Machbaren ausgelotet und manchmal auch überschritten – so auch in einem Fall, den das FG Münster kürzlich entschieden hat (Urteil vom 22.9.2022, 8 K 2748/20 E/justiz.nrw.de). Weiterlesen

Vermietung an Angehörige oder der vergessene Spitzboden

Die Vermietung einer Wohnung gilt auch dann als voll entgeltlich, wenn die tatsächlich verlangte Miete mindestens 66 Prozent der ortsüblichen Marktmiete beträgt. Auch 50 Prozent reichen für den Erhalt des ungekürzten Werbungskostenabzuges aus, dann aber nur unter Erstellung einer positiven Überschussprognose (§ 21 Abs. 2 EStG).

Natürlich muss der Mietvertrag zudem einem Fremdvergleich standhalten. Was aber als fremdüblich gilt, wird von Steuerpflichtigen, Finanzverwaltung und Finanzgerichten oftmals unterschiedlich beurteilt. So haben Steuerpflichtige zuweilen wenig Muße, die Nebenkosten genau abzurechnen. Und auch bei der Größe der Wohnfläche kann es schon einmal wenig konkret zugehen – zumindest dann, wenn die Wohnung Schrägen enthält und man sich erst baurechtlich informieren müsste, um zu erfahren, mit welcher Quadratmeterzahl Wohnraum mit Schrägen in die Berechnung einzufließen hat.

Für den letztgenannten Fall, also der unkonkreten Wohnflächenangabe im Mietvertrag, kommt nun etwas Unterstützung durch das FG Berlin-Brandenburg. Weiterlesen

Bergschäden: Schadensersatz gehört zumeist zur reinen Vermögenssphäre

Meine Heimatstadt Herten hat zwei Superlative zu bieten: Sie war einmal die größte Bergbaustadt Europas und angeblich ist sie immer noch Europas zweitgrößte Stadt ohne eigenen Bahnhof. Immerhin: Der Bahnhof ist in Planung, so dass das eine Prädikat wohl bald entfällt. Das andere Prädikat hingegen ist schon seit einigen Jahren Geschichte, denn die Schachtanlagen sind geschlossen. Was geblieben ist, sind die Bergschäden. Zwar sind Risse in den Wänden oder Schieflagen ganzer Straßenzüge nicht mehr an der Tagesordnung, aber auch heute noch sind Bergschäden zu beobachten.

Zumindest gelingt es vielen Geschädigten, bei den Verursachern einen Schadensersatz durchzusetzen, wenn auch oftmals erst nach externer Unterstützung wie etwa dem Verband bergbaugeschädigter Haus- und Grundeigentümer. Nun habe ich keinen Überblick, wie es in anderen Regionen aussieht, doch ich habe den Eindruck, dass es oft (nur) auf Pauschalzahlungen hinausläuft, die geleistet werden. Aber sind die Zahlungen eines Bergbauunternehmens als steuerpflichtige Einnahmen zu erfassen, wenn es um eine Mietwohnimmobilie geht? Im Prinzip nein – so der BFH. Weiterlesen

Wenn der Nachbar baut und zahlt ….

Angenommen, Sie besitzen ein Mehrfamilienhaus in einem recht eng bebauten Viertel. Das Nachbarhaus wird nun abgerissen und es soll ein Neubau mit einer Tiefgarage entstehen. Der neue Nachbar klingelt eines Tages bei ihnen an der Tür, erklärt Ihnen die notwendigen statischen Eingriffe, die auch Ihr Gebäude betreffen und bietet Ihnen ein hübsches Sümmchen für den Fall an, dass Sie mit den Eingriffen einverstanden sind. Die Kosten der Baumaßnahmen selbst trägt natürlich der neue Nachbar.

Würden Sie auf die Idee kommen, dass die Entschädigungszahlung zu steuerpflichtigen Einkünften führt, weil Sie eine Leistung an den Bauherrn erbracht haben? Weiterlesen

Totalüberschussprognose trotz Überschreitens der 66-Prozent-Grenze

§ 21 Abs. 2 Satz EStG lautet: „Beträgt das Entgelt bei auf Dauer angelegter Wohnungsvermietung mindestens 66 Prozent der ortsüblichen Miete, gilt die Wohnungsvermietung als entgeltlich.“ Auch vor 2021 war der Wortlaut kein anderer. Nun ist man also geneigt, das Wort „gilt“ mit dem Attribut „ausnahmslos“ zu versehen. Doch wer das Steuerrecht kennt, weiß, dass es so etwas wie „ausnahmslos“ kaum gibt. Und mit einer solchen – möglichen – Ausnahme muss sich bald der BFH befassen.

Hintergrund ist ein Urteil des FG Baden-Württemberg vom 22.1.2021 (5 K 1938/19), das ich leider noch nicht im Wortlaut einsehen konnte. Ich bin aber darauf gestoßen, weil es in der Liste der anhängigen BFH-Verfahren aufgeführt ist (Revision unter IX R 17/21).

Wenn ich richtig liege, hat das FG Baden-Württemberg entschieden, dass eine Totalüberschussprognose trotz Einhaltung der 66-Prozent-Grenze ausnahmsweise doch angezeigt ist, wenn es sich um die Vermietung eines aufwendig gestalteten Wohngebäudes, im konkreten Fall um ein Einfamilienhaus mit weit über 250 qm Wohnfläche, handelt Weiterlesen

Wie sind Abfindungen an weichende Mieter zu berücksichtigen?

Zugegeben: Die Kombination der Begriffe „Sanierung“ und „Abfindung für weichende Mieter“ lässt wahrscheinlich dem einen oder anderen die Haare zu Berge stehen, denn schnell denkt man an skrupellose Immobiliengesellschaften, die aus vermeintlich maroden Gebäuden in hippen Stadtteilen Luxusobjekte machen wollen und dafür die Altmieter herausbekommen wollen. Nun ja, die Fälle gibt es selbstredend. Doch zuweilen bedingt auch einfach die Bausubstanz eine umfassende Renovierung. Und um diese durchführen zu können, bedarf es mitunter des vorherigen Auszugs der Mieter.

Aber natürlich soll es in diesem Blog nicht ums Mietrecht gehen, sondern um die Frage, ob Abfindungen an weichende Mieter zu sofort abziehbaren Werbungskosten oder zu – anschaffungsnahem – Herstellungsaufwand führen. Weiterlesen