Beschränkung der betragsmäßigen Verlustverrechnung bei Termingeschäften – auch der BFH hat ernsthafte Zweifel

Anfang Februar hatte ich bereits darauf hingewiesen, dass das FG Rheinland-Pfalz in einem AdV-Verfahren Bedenken gegen die betragsmäßige Beschränkung der Verlustverrechnung bei Termingeschäften geäußert hat (FG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 05.12.2023, 1 V 1674/23). Soeben hat der BFH diese Bedenken geteilt und der AdV ebenfalls entsprochen. Der BFH hält die betragsmäßige Beschränkung der Verlustverrechnung für verfassungswidrig (BFH-Beschluss vom 7.6.2024, VIII B 113/23 (AdV)).

Zum Hintergrund

Zum 1.1.2021 wurde mit § 20 Abs. 6 Satz 5 EStG (i.d.F. des Jahressteuergesetzes 2020) geregelt, dass Verluste aus Termingeschäften nur mit maximal 20.000 Euro pro Jahr mit Gewinnen aus anderen Termingeschäften oder Stillhalterprämien verrechnet werden können. Nicht verrechnete Verluste können auf Folgejahre vorgetragen werden und jeweils auch nur in Höhe von maximal 20.000 Euro verrechnet werden. Wer mit seinen Termingeschäften also nur ein einziges Mal „richtig danebenlag“, muss schon extrem alt werden und jahrzehntelang Gewinne erzielen, um die vollständige Verrechnung des Verlustes erleben zu können.

Der Sachverhalt

Ein Steuerpflichtiger erklärte in 2021 Kapitalerträge aus Termingeschäften in Höhe von 250.631 Euro und Verluste aus entsprechenden Geschäften in Höhe von 227.289 Euro. Das Finanzamt verrechnete die laufenden Verluste aus Termingeschäften nur in Höhe von 20.000 Euro mit Gewinnen aus Termingeschäften. Die noch nicht verrechneten laufenden Verluste in Höhe von 207.289 Euro berücksichtigte es lediglich in der Verlustfeststellung. Hiergegen wandte sich der Steuerpflichtige und beantragte die Aussetzung der Vollziehung. Weiterlesen

Beschränkung der betragsmäßigen Verlustverrechnung bei Termingeschäften – FG hat ernsthafte Zweifel

Verluste aus (gewissen) Kapitalanlagen sind aus Sicht des Fiskus Teufelszeug und sollen nach Möglichkeit nur eingeschränkt verrechnet werden können. Das hält die Finanzverwaltung selbstredend nicht davon ab, Gewinne vollumfänglich zu besteuern. Dieses Ungleichgewicht ist zum 1.1.2021 noch einmal verschärft worden, indem mit § 20 Abs. 6 Satz 5 geregelt wurde, dass Verluste aus Termingeschäften nur mit maximal 20.000 Euro pro Jahr mit Gewinnen aus anderen Termingeschäften oder Stillhalterprämien verrechnet werden können. Nicht verrechnete Verluste können auf Folgejahre vorgetragen werden und jeweils auch nur in Höhe von maximal 20.000 Euro verrechnet werden. Wer mit seinen Termingeschäften also nur ein einziges Mal „richtig danebenlag“, muss schon extrem alt werden und jahrzehntelang Gewinne erzielen, um die vollständige Verrechnung des Verlustes erleben zu können.

Das FG Rheinland-Pfalz hat jetzt in einem AdV-Verfahren Bedenken gegen die betragsmäßige Beschränkung der Verlustverrechnung geäußert (FG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 05.12.2023, 1 V 1674/23).

Der Sachverhalt:

Ein Steuerpflichtiger erklärte in 2021 Kapitalerträge aus Termingeschäften in Höhe von 250.631 Euro und Verluste aus entsprechenden Geschäften in Höhe von 227.289 Euro. Das Finanzamt verrechnete die laufenden Verluste aus Termingeschäften nur in Höhe von 20.000 Euro mit Gewinnen aus Termingeschäften. Die noch nicht verrechneten laufenden Verluste in Höhe von 207.289 Euro berücksichtigte es lediglich in der Verlustfeststellung. Hiergegen wandte sich der Steuerpflichtige und beantragte die Aussetzung der Vollziehung. Die Beschränkung der Verrechnung von Gewinnen und Verlusten aus Termingeschäften hielt er für unzulässig. Er wies darauf hin, dass vom Bundesverfassungsgericht derzeit ohnehin geprüft werde, ob die Beschränkung der Verlustverrechnung für Aktienverluste rechtens ist (2 BvL 3/21). Die Entscheidung werde präjudizierend auch für die Verrechnung von Verlusten aus Termingeschäften sein. Das FG gab dem AdV-Antrag statt.

Die Begründung:

Das FG habe nach vorläufiger Prüfung ernstliche Bedenken hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit der betragsmäßig beschränkten Verlustverrechnung gemäß § 20 Abs. 6 Satz 5 EStG i.d.F. des JStG 2020. Die Vorschrift bewirke, dass Verluste aus Termingeschäften zwar nicht generell versagt, jedoch nur bei (späteren) Gewinnen aus Termingeschäften bzw. Stillhalterprämien und dann nur zeitlich gestreckt abgezogen werden dürfen. Die Vorschrift behandele damit Steuerpflichtige bei der Bestimmung ihrer steuerpflichtigen Einkünfte unterschiedlich, je nachdem, ob sie Verluste aus Termingeschäften oder anderen Kapitalanlagen haben. Für diese Ungleichbehandlung fehle es an einem sachlichen Rechtfertigungsgrund. Dass es mehr oder weniger risikoreiche Kapitalanlagen gibt, rechtfertige noch nicht eine Verlustverrechnungsbeschränkung. Diese gehe mit der Gefahr einher, dass eine Verlustberücksichtigung faktisch ganz ausgeschlossen sein kann.

Denkanstoß:

Die Entscheidung in der Hauptsache steht noch aus. Auch hat das AdV-Verfahren bereits den BFH erreicht, denn die Beschwerde wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen (Az. VIII B 113/23). Jedenfalls zeigt die Entscheidung, dass die – betragsmäßige – Beschränkung der Verlustverrechnung zweifelhaft ist. Entsprechende Fälle sollten daher bis auf Weiteres offen gehalten werden.

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