Nicht gelieferte Blockheizkraftwerke stellen kein Steuerstundungsmodell dar

Der EuGH hatte im Jahr 2018 zu den Betrugsfällen der nicht gelieferten Blockheizkraftwerke ausführlich Stellung bezogen und die harte Haltung der deutschen Finanzverwaltung nicht akzeptiert. Das heißt, er hat den Vorsteuerabzug auf Anzahlungen in den betroffenen Fällen dem Grunde nach bejaht. Ende 2018 hat dann der BFH ebenfalls zu den Fällen Stellung genommen und entschieden, dass der Vorsteuerabzug aus einer geleisteten Vorauszahlung dem Erwerber eines (später nicht gelieferten) Blockheizkraftwerks nicht zu versagen ist, wenn zum Zeitpunkt der Zahlung die Lieferung als sicher erschien (EuGH 31.5.2018, C-660/16 und C-661/16; BFH-Urteil vom 5.12.2018, XI R 44/14).

Während die umsatzsteuerlichen Fragen –  von einigen „Scharmützeln“ abgesehen (siehe Blog „Anzahlungen auf Blockheizkraftwerke – Finanzverwaltung gibt nicht auf“) –  weitestgehend beantwortet sind, war noch eine bedeutsame einkommensteuerliche Frage zu klären: War das Konzept der (nicht gelieferten) Blockheizkraftwerke (zunächst) als Steuerstundungsmodell einzustufen, das den Verlustabzug gemäß § 15b EStG verhindert hätte? Hierzu hat nun das FG Münster entschieden (Urteil vom 21.2.2020, 4 K 794/19 F).

Danach gilt: Es liegt kein Steuerstundungsmodell im Sinne von § 15b EStG vor, wenn ein Konzept keine steuerlichen Vorteile in Aussicht stellt, sondern vielmehr mit von Beginn an erzielbaren Renditen wirbt, auch wenn dies in betrügerischer Absicht erfolgt.

Hier noch einmal zur Erinnerung der Sachverhalt: Der Kläger schloss Kaufverträge über zwei Blockheizkraftwerke und mit einem mit dem Verkäufer verbundenen Unternehmen Verträge über die Anmietung einer Standortfläche, Verwaltungsverträge und Premium-Service-Verträge ab. Diesen Verträgen lagen Prospekte und andere Kundeninformationen zugrunde, wonach die Stromerzeugung über Blockheizkraftwerke bei einer über 20 Jahre gesetzlich fixierten Einspeisevergütung einen jährlichen Überschuss von ca. 20.000 EUR bis ca. 30.000 EUR (je nach Anlageleistung, ohne Abschreibungen) ausweise. Ferner wurde darauf hingewiesen, dass keine steuerlichen Aspekte berücksichtigt würden. Tatsächlich wurden die Blockheizkraftwerke – wie von den Initiatoren von vornherein beabsichtigt – nicht geliefert, was beim Kläger zu einem Verlust führte.

Wegen der einkommensteuerlichen Qualifizierung dieser Vorgänge entstand zwischen den Beteiligten eine Kontroverse, die das FG Münster im Urteil vom 11.3.2016 (4 K 3365/14 E) dahin entschied, dass es sich bei dem Ergebnis des (vom Kläger angestrebten) Betriebs der hier in Rede stehenden Blockheizkraftwerke (für die Jahre 2011 und 2012) um gewerbliche Einkünfte handele. Auf die Revision des Finanzamts hin hob der BFH das Senatsurteil für die Streitjahre aus verfahrensrechtlichen Gründen auf, weil bislang nicht über die (vorgreifliche) Frage entschieden worden sei, ob auf die Einkünfte aus dem „Verwaltungsvertrags-Modell“ § 15b EStG anzuwenden ist (BFH 7.2.2018, X R 10/16).

Das FG Münster hat der „zurückverwiesenen“ ­Klage nun vollumfänglich stattgegeben. Ein Steuerstundungsmodell liege nicht vor. Das Konzept stelle zwar eine modellhafte Gestaltung dar. Es könne aber nicht festgestellt werden, dass hierdurch steuerliche Vorteile in Form negativer Einkünfte erzielt werden sollten. Dies folge bereits daraus, dass steuerliche Aspekte nicht nur nicht angesprochen, sondern ausdrücklich aus der Betrachtung ausgeschlossen worden seien. Die Attraktivität des vorgestellten Modells beruhe vielmehr – anders als bei einem Steuerstundungsmodell – nicht auf Verlusten, sondern ausdrücklich auf laufenden und von Beginn an zu erzielenden Renditen. Die prognostizierten Überschüsse berücksichtigten bereits die Fixkosten und deckten auch die in der Prognose nicht enthaltenen Abschreibungen sowie etwaige Schuldzinsen ab. Im Übrigen baue das Modell auch nicht auf einer Fremdfinanzierung auf, sondern eröffne vielmehr eine Wahlmöglichkeit zur Eigenkapitalfinanzierung. Die Frage, ob die Anwendung des § 15b EStG auch deswegen rechtswidrig ist, weil die tatsächliche Umsetzung des Modells von den Initiatoren nie beabsichtigt war, sei nicht entscheidungserheblich.

Hinweis

Es ist zu hoffen, dass die Problematik der nicht gelieferten Blockheizkraftwerke nun wirklich ein Ende gefunden hat, zumal das FG Münster die Revision nicht zugelassen hat, „weil der Senat auf der Grundlage feststehender Rechtsprechungsgrundsätze zu § 15b EStG und insbesondere zum Begriff „Steuerstundungsmodell“ über die Verhältnisse des Einzelfalls entscheidet.“ Weitere Fragen seien in der Revision nicht klärungsfähig.

Das Urteil zeigt übrigens sehr schön, wie absurd die Meldepflicht für Steuergestaltungen ist. Die Finanzverwaltung hätte möglicherweise auf einer Meldepflicht bestanden (wenn es um einen grenzüberschreitenden Fall gegangen wäre), während das FG – nach vielen Jahren des Streits – entschieden hat, dass gar keine Steuergestaltung vorlag. Nur: Über die Frage, ob eine – zu meldende – Steuergestaltung vorgelegen hätte, hätte nicht die Finanz-, sondern die Zivilgerichtsbarkeit entscheiden müssen. Die ganze steuerliche Frage der nicht gelieferten Blockheizkraftwerke hätte dann sozusagen in zivilen Parallelverfahren aufgegriffen werden müssen. Dabei ging es schon in steuerlicher Hinsicht bis vor den EuGH.

Weitere Informationen:

FG Münster, Urteil v. 21.2.2020 – 4 K 794/19 F

Verlustrettung im Erbfall durch Ausgliederung?

Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes gibt es in Deutschland über 2 Mio. Einzelunternehmen. Jeder Unternehmer hat natürlich das Ziel, Gewinne zu erwirtschaften. Doch Verluste gehören eben leider auch zum Unternehmertum. So ärgerlich diese auch sein mögen, werden Verluste immerhin steuerlich berücksichtigt und münden zumindest in einem Verlustvortrag nach § 10d EStG für die „besseren Jahre“. Verstirbt der Unternehmer jedoch, kommt es neben der persönlichen auch zu einer steuerlichen Tragödie. Denn nach dem Beschluss des Großen Senats des BFH vom 17.12.2007 (GrS 2/04, BStBl 2008 II S. 608) kann der Erbe einen vom Erblasser nicht ausgenutzten Verlustabzug nach § 10d EStG nicht bei seiner eigenen Veranlagung geltend machen.

Da man auf solche Lebenssachverhalte meist nicht vorbereitet ist, stellt sich die Frage, ob man zumindest aus steuerlicher Sicht noch etwas unternehmen kann. Ein Gedankenspiel aus der Praxis will ich an dieser Stelle vorstellen.

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Übernahme eines verrechenbaren Verlustes bei unentgeltlicher Übertragung eines Teil-Kommanditanteils

Mit Urteil vom 1. März 2018, Az. IV R 16/15, hat der BFH einen der Graubereiche des § 15a EStG konkretisiert.

Überträgt ein Kommanditist unentgeltlich einen Teil seiner Beteiligung an der KG, geht der verrechenbare Verlust anteilig auf den Übernehmer über, wenn diesem auch das durch die Beteiligung vermittelte Gewinnbezugsrecht übertragen wird.

Nach der unentgeltlichen Übertragung eines Teils eines Kommanditanteils hatte das zuständige Finanzamt den bestehenden verrechenbaren Verlust weiterhin vollumfänglich dem übertragenden Gesellschafter zugeordnet.

Hiergegen wandte sich die KG und machte geltend, dass der für den übertragenden Gesellschafter festgestellte verrechenbare Verlust mit der Teilanteilsübertragung auf den empfangenden Gesellschafter übergegangen sei.

Diesen interpersonellen Verlustübergang hat der BFH bestätigt. Anders als etwa der Verlustabzug nach § 10d EStG folge die Regelung des § 15a Abs. 2 EStG einer streng beteiligungsbezogenen Betrachtungsweise.

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Prüffelder der Finanzämter in NRW für 2017

Alle Jahre wieder gibt die Finanzverwaltung in NRW die zentralen und dezentralen Prüffelder bekannt. Ziel dieser Bekanntgabe soll eine Arbeitserleichterung auf beiden Seiten sein, damit etwaige zur Bearbeitung der Prüffelder benötigte Belege direkt mit eingereicht werden können.  Weiterlesen

Abzug gewerbesteuerlicher Verlustvorträge – falsches Verständnis der Unternehmensidentität

Zuweilen gibt es Urteile, bei denen ich den Eindruck habe, dass die Entscheidungen an der wirtschaftlichen Realität vorbeigehen. So zuletzt geschehen beim Urteil des FG Köln vom 20.01.2016 (10 K 2841/13, EFG 2016, S. 667). Dort ging es um die Frage, ob die für einen gewerbesteuerlichen Verlustabzug erforderliche Unternehmer- und Unternehmensidentität gegeben ist. In den Urteilsgründen heißt es: „Entscheidend für die Unternehmensidentität ist das Gesamtbild der Betätigung, welches sich aus den wesentlichen Merkmalen des Gewerbebetriebs ergibt. Maßgebliche Kriterien sind danach insbesondere die Art der Betätigung, der Kunden- und Lieferantenkreis, die Arbeitnehmerschaft, die Geschäftsleitung, die Betriebsstätten, Organisation und Finanzierung sowie Umfang und Zusammensetzung des Aktivvermögens.“

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Fußstapfentheorie mit Füßen getreten

Das FG Münster hat in jüngster Zeit zweimal die Anwendung der Fußstapfentheorie verneint. Die beiden Entscheidungen sind von enormer Tragweite und sollten in Fällen der vorweggenommenen Erbfolge beachtet werden. Im ersten Fall ging es um die Frage, ob ein „verbleibender Verlustabzug“ bei der unentgeltlichen Übertragung von GmbH-Anteilen auf den Erwerber übergeht oder ob insoweit § 8c KStG seine volle Wirkung entfaltet. Das FG Münster hat wie folgt entschieden: „Unter § 8c KStG fallen alle rechtsgeschäftlichen entgeltlichen oder unentgeltlichen Übertragungen, damit auch Anteilsübergänge im Wege der vorweggenommenen Erbfolge. Tz. 4 des BMF-Schreibens vom 4.7.2008 (BStBl. I 2008, 736) ist keine Grundlage für einen Anspruch auf Billigkeitserlass nach § 163 AO bei Übertragungen im Wege vorweggenommener Erbfolge, die nicht zu einer vom Zuwendenden angeordneten bzw. gesetzlich festgelegten Anrechnungspflicht auf die spätere Erbschaft (§ 2050 BGB) führen.“ Damit wendet sich das FG Münster sogar gegen die ausdrückliche Haltung der Finanzverwaltung (FG Münster v. 04.11.2015, 9 K 3478/13 F).

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Verlustverrechnung nach dem Studium: Gönnen Sie Ihren Kindern einen langen Urlaub

Ein typischer Fall: Ein junger Mensch beendet sein Masterstudium im August und möchte alsbald anfangen zu arbeiten. Während des (Master-)Studiums haben sich aufgrund von Studiengebühren, Fahrtkosten und Aufwendungen der doppelten Haushaltsführung (verrechenbare) Verluste von rund 12.000 Euro angesammelt. Erzielt dieser Steuerpflichtige nun beispielsweise ab September einen Bruttoarbeitslohn von insgesamt 13.000 Euro, gehen die Verlustverrechnung bzw. der Verlustabzug nach § 10d EStG nahezu vollständig ins Leere, denn die Einkommensteuer inklusive Solidaritätszuschlag läge auch ohne den Verlustabzug – je nach zu versteuerndem Einkommen –  irgendwo zwischen 0 und 600 Euro. Weiterlesen

Pressemitteilungen des BFH oder die Leiden eines jungen Bloggers

Üblicherweise erfreut man sich als Redakteur über Pressemitteilungen des BFH, da man diese oftmals ohne größere Eingriffe übernehmen kann. Manchmal passiert es aber doch, dass sich der „Clou“ einer Pressemitteilung nicht auf den ersten Blick erschließt. So zuletzt bei der Pressemitteilung des BFH vom 29. April 2015. Diese lautet „Erleichterte Feststellung von Verlustvorträgen“ und „versprach“ sozusagen, dass Steuerpflichtige die Kosten ihres Erststudiums nachträglich auch dann noch geltend machen können, wenn sie seinerzeit keine Einkommensteuererklärung abgegeben haben. Über den Umweg des Antrags auf Feststellung eines verbleibenden Verlustabzugs könnte quasi die Festsetzungsverjährung ausgehebelt werden (s. BFH-Urteil vom 13.1.2015, IX R 22/14). Nun wollte ich einfach einmal schauen, wie sich denn die Festsetzungsverjährung der Einkommensteuererklärung von der des Antrags auf Verlustfeststellung unterscheidet. Weiterlesen