Nullsteuersatz für PV-Anlagen: Was gilt eigentlich bei Neubauten?

Für die Lieferung einer Photovoltaikanlage gilt seit dem 1. Januar 2023 ein umsatzsteuerlicher Nullsteuersatz, wenn die Anlage auf oder in der Nähe eines Wohngebäudes installiert wird. Die Regelung gilt für alle Komponenten einer Photovoltaikanlage, wie zum Beispiel Photovoltaikmodule, Wechselrichter oder auch Batteriespeicher (§ 12 Abs. 3 UStG). Die Lieferung muss an den „Betreiber“ der Photovoltaikanlage erbracht werden.

Das BMF hat auf seinen Internetseiten zwar einen FAQ-Katalog zu diversen Fragen rund um den Nullsteuersatz veröffentlicht. Zudem gibt es den Entwurf eines BMF-Schreibens, in dem weitere Zweifelsfragen geklärt werden (BMF-Schreiben im Entwurf vom 26.1.2023, III C 2 – S 7220/22/10002 :010, NWB GAAAJ-32171).

Ich kann mich allerdings nicht des Eindrucks erwehren, dass Gesetzgeber und Finanzverwaltung nur die „Nachrüstung“ eines Bestandsgebäudes mit einer Photovoltaikanlage im Blick hatten, nicht aber die Installation gleich im Rahmen eines Neubaus. Weiterlesen

Pkw-Vermietung unter Ehegatten – Renaissance eines Steuermodells?

Vor nunmehr über 25 Jahren war das Steuermodell „Pkw-Vermietung unter Ehegatten“ recht populär. Wenn ich mich recht erinnere, lag es daran, dass der BFH in einem Urteil das Modell grundsätzlich für zulässig befunden hatte, auch wenn es im speziellen Urteilsfall nicht anerkannt wurde (BFH-Urteil vom 13.12.95, X R 261/93, BStBl II 96, 180). Ich selbst habe den Eindruck, dass es in den vergangenen Jahren rund das Steuermodel etwas stiller wurde. Zumindest habe ich es in der Praxis kaum noch gesehen. Vielleicht lag es daran, dass die Umsetzung des Modells in der Praxis doch etwas Aufwand verursacht und man keine Lust auf Diskussionen in der Betriebsprüfung hat. Jedenfalls kann das Modell nach einem aktuellen Urteil des BFH einen zweiten Frühling erleben, denn dieser hat wie folgt entschieden: Weiterlesen

Umsatzsteuerliche Behandlung der Überlassung von Werbemobilen

Vor einigen Jahren haben Werbeagenturen folgendes Geschäftsmodell entdeckt: Sie erwerben einen Kleintransporter und bestücken diesen mit Werbeaufdrucken ihrer Kunden. Das Fahrzeug wird anschließend sozialen Einrichtungen, Vereinen, Verbänden oder gar Kommunen „kostenlos“ überlassen. Diese wiederum erfreuen sich, dass sie nur die laufenden Kfz-Kosten tragen müssen und stören sich nicht weiter daran, dass sie für die Unternehmen Meier, Müller oder Schulze Werbung betreiben, wenn sie mit dem Fahrzeug im Stadtgebiet umherfahren oder es an gut frequentierten Plätzen abstellen.

Es ergibt sich also eine Win-Win-Situation – und gewinnen will natürlich auch der Fiskus. Zum Jahresbeginn hat das Bayerische Landesamt für Steuern umfassend zur umsatzsteuerlichen Behandlung der Überlassung von Werbemobilen Stellung genommen (Verfügung vom 3.1.2023, S 7119.1.1-3/6 St33, NWB FAAAJ-30385).

Interessierten Lesern dieses Blogs sei empfohlen, die Verwaltungsanweisung zur Hand zu nehmen, wenn sie einen entsprechenden Sachverhalt beurteilen müssen. Von Bedeutung sind unter anderem die Hinweise zur Verschaffung der Verfügungsmacht: Weiterlesen

EuGH bestätigt deutsche Regelung zur Organschaft – kippt dennoch das Konstrukt der Innenleistungen?

Der EuGH hat heute mit Urteilen vom 01.12.2022 (Rs. C-141/20 und C-269/20) darüber entschieden, ob die umsatzsteuerrechtliche Organschaft in Deutschland mit EU-Recht vereinbar ist. Die zentrale Erkenntnis: § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG bestimmt den Organträger zulässigerweise zum Steuerschuldner.

Organträger ist zulässigerweise Steuerschuldner – keine Rückforderungsansprüche für Organträger

Entgegen den Ausführungen der Generalanwältin in den beiden Vorlageverfahren sieht der EuGH in der deutschen Regelung keinen Verstoß gegen das EU-Recht, da die Organgesellschaften einerseits über § 73 AO für ihre Umsatzsteuerschulden haften und so keine Steuerausfälle für den Fiskus drohen. Daneben kann der Organträger aufgrund der erforderlichen Eingliederung nach deutschem Recht seinen Willen in den Organgesellschaften durchsetzen, was eine genaue Erhebung der Umsatzsteuer ermöglicht. Unter diesen Voraussetzungen ist es aus Sicht des EuGH zulässig, ein Mitglied des Organkreises (hier den Organträger) als Steuerschuldner für die Umsatzsteuern des gesamten Organkreises zu bestimmen.

Im Ergebnis sind daher die Steuerfestsetzungen gegen den Organträger rechtmäßig und dieser hat keinen Anspruch auf Erstattung der von ihm entrichteten Umsatzsteuern. Die befürchteten Steuerrückforderungen in Milliardenhöhe (s. BFH, Beschl v. 07.05.2020 – V R 40/19) sowie ein „Bauträger 2.0“ bleiben somit aus. Weiterlesen

Outplacementberatung: BFH erlaubt Vorsteuerabzug

Bezieht der Unternehmer für einen von ihm angestrebten Personalabbau Leistungen von Outplacement-Unternehmen, mit denen unkündbar und unbefristet Beschäftigte individuell insbesondere durch Bewerbungstrainings bei der Begründung neuer Beschäftigungsverhältnisse unterstützt werden sollen, ist der Unternehmer aufgrund eines vorrangigen Unternehmensinteresses zum Vorsteuerabzug berechtigt. So lautet der Tenor des BFH-Urteils vom 30.6.2022 (V R 32/20).

Eigentlich denkt man: Wo liegt das Problem? Wie konnte die Finanzverwaltung überhaupt auf die Idee kommen, den Vorsteuerabzug zu versagen? Schaut man sich die Systematik des Vorsteuerabzugsrechts genauer an, war die Logik der Finanzverwaltung dann aber doch nicht ganz so abwegig. Weiterlesen

Aktuelles EuGH-Urteil zum Vorsteuerabzug einer Holding

Unternehmen mit steuerfreien „Grundstücksumsätzen“ steht bekanntermaßen kein Vorsteuerabzug zu. Seit Jahr und Tag versuchen Steuerpflichtige daher, diesem misslichen Umstand durch mehr oder weniger geeignete Gestaltungen entgegenzutreten. Sprich: Sie möchten den Vorsteuerabzug gerne auf Umwegen erreichen.

Hoffnung versprach hier insoweit folgender Gedanke: Eine Holding erbringt umsatzsteuerpflichtige Verwaltungsdienstleistungen an ihre „Tochter-Grundstücksgesellschaften“ und ist somit grundsätzlich zum Vorsteuerabzug berechtigt. Wenn erst einmal eine generelle Vorsteuerabzugsberechtigung eröffnet ist, könnten in einem zweiten Schritt bestimmte Eingangsleistungen, die normalerweise die Tochtergesellschaften selbst bezogen hätten, zunächst von der Holding in Auftrag gegeben und dann den Tochtergesellschaften als Gesellschafterbeitrag unentgeltlich zur Verfügung gestellt werden.

Doch der EuGH hat hier soeben einen Strich durch die Rechnung gemacht. In einem Fall wie dem obigen verneint er den Vorsteuerabzug (EuGH-Urteil vom 8.9.2022, Rs. C‑98/21). Weiterlesen

Energiekrise: Temporär reduzierte Umsatzsteuer auf Gas

Der Bundesrat hat am 7.10.2022 der befristeten Absenkung der Umsatzsteuer auf Gaslieferungen zugestimmt. Aber wo bleibt die Entlastung bei anderen Energieträgern?

Hintergrund

Auf den enormen, vor allem kriegsbedingten Energiepreisanstieg reagiert der Bund mit umfangreichen Entlastungsmassnahmen für Verbraucher und Unternehmen, vor allem bei Strom und Gas. Mit der Umsetzung der Vorschläge der sog. Gaskommission der Bundesregierung sollen weitere Schritte folgen, insbesondere eine „Gaspreisbremse“.

Umsatzsteuer auf Gas wird befristet reduziert

Mit dem vom Bundesrat am 7.10.2022 gebilligten „Gesetz zur temporären Senkung der Umsatzsteuer auf Gaslieferungen über das Erdgasnetz“ wird die Umsatzsteuer auf Gaslieferungen befristet reduziert:  Vom 1.10.2022  bis  31.3.2024  beträgt die Umsatzsteuer auf Gaslieferungen und die Lieferung von Fernwärme statt 19 nur 7 Prozent. Unternehmen sollen die Senkung vollständig an die Verbraucherinnen und Verbraucher weitergeben, um diese von den hohen Energiekosten zu entlasten. Es tritt rückwirkend zum 1.10.2022 in Kraft. Weiterlesen

Umsatzsteuerfalle Vercharterung von Segel- oder Motorbooten

Zugegeben: Wohl nicht jeder Steuerberater betreut Mandanten, die Segel- oder Motoryachten verchartern. Dennoch lohnt es sich, einen Blick auf ein Urteil des FG Mecklenburg-Vorpommern vom 22.9.2021 (3 K 227/19 rkr.) zu werfen, das rechtskräftig geworden ist.

Die Entscheidung zeigt nämlich deutlich das manchmal fatale Zusammenwirken von Einkommen- und Umsatzsteuerrecht auf. Selbst wenn Leistungen mit einer gewissen Nachhaltigkeit und nahezu im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs ausgeübt werden, kann es nämlich geschehen, dass zum einer der Betriebsausgabenabzug und der Vorsteuerabzug verloren sind, zum anderen aber die erbrachten Leistungen dennoch der Umsatzsteuer unterliegen. Weiterlesen

Zuordnung zum Unternehmensvermögen – BFH urteilt zugunsten der Steuerpflichtigen

Bei teilweise privat und teilweise unternehmerisch genutzten Wirtschaftsgütern – wie Gebäuden im Allgemeinen und Photovoltaikanlagen im Besonderen – ist eine Zuordnung zum Unternehmensvermögen erforderlich, wenn der Vorsteuerabzug begehrt wird. Die Zuordnung zum Unternehmensvermögen kann ganz oder teilweise erfolgen. Die Zuordnungsentscheidung muss grundsätzlich bei Bezug der Leistung getroffen werden. Die Zuordnung zum Unternehmen wird regelmäßig durch die Geltendmachung des Vorsteuerabzugs im Rahmen der Umsatzsteuer-Voranmeldung dokumentiert.

Die Zuordnungsentscheidung muss aber spätestens und mit endgültiger Wirkung nach außen hin bis zu dem Zeitpunkt erfolgen bzw. dokumentiert werden, für den nach den gesetzlichen Vorschriften die Abgabe der Steuererklärung für das Jahr des Leistungsbezuges vorzunehmen ist. Das heißt: Eine “zeitnahe” Zuordnungsentscheidung liegt vor, wenn sie bis zur gesetzlichen Abgabefrist der Umsatzsteuererklärung vorliegt – so lauten seit Jahren die Grundsätze für den Vorsteuerabzug bei gemischt genutzten Wirtschaftsgütern bzw. Gegenständen.

Diese Grundsätze haben auch weiterhin Gültigkeit, doch aktuell hat der BFH – im Nachgang zu einer EuGH-Entscheidung – präzisiert, wann eine Zuordnungsentscheidung als „nach außen hin dokumentiert“ gilt. Und hier hat er seinen Spielraum, den ihm der EuGH gegeben hat, durchaus zugunsten der Steuerpflichtigen genutzt. Weiterlesen

Reihengeschäfte in der Umsatzsteuer – aktueller BMF-Entwurf

Im Zuge der EU Quick Fixes bzw. den entsprechenden Regelungen im Mehrwertsteuersystem (Art. 36a MwStSystRL), kam es national zu entsprechenden gesetzlichen Anpassungen, welche unter anderem durch das „Gesetz zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften“ (sog. Jahressteuergesetz 2019) umgesetzt wurden.

Im Rahmen der vorgenannten Quick Fixes wurden die Themen Reihengeschäfte, Umsatzsteuer-ID Nummern, Konsignationslager und Belegnachweise EU-einheitlich geregelt, wobei den Mitgliedstaaten für bestimmte Umsetzungen ein gewisser Spielraum eingeräumt wurde (u.a. Belegnachweise). In den letzten beiden Jahren wurden national auch unzählige Praxisfragen durch entsprechende BMF Schreiben geklärt, u.a. im BMF-Schreiben v. 10.12.2021 zu Konsignationslagern sowie im BMF Schreiben vom 20.05.2022 betreffend die Steuerbefreiung von innergemeinschaftlichen Lieferungen.

Die für deutsche Unternehmer umfassendsten Änderungen ergaben sich im Bereich der Konsignationslagerregelung (Einführung des § 6b UStG) als auch im Rahmen von Reihengeschäften (§ 3 Abs. 6a UStG), wohingegen die Umsatzsteuer-ID Nummer als materiell-rechtliche Voraussetzung kaum einen Unternehmer hierzulande schockieren durfte.

Aktuell liegt nun ein Entwurf des BMF vom 22.06.2022 vor, welcher u.a. Klarstellungen im Rahmen der Reihengeschäfte bei Transportbeauftragung durch den Zwischenhändler (früher „mittlerer Unternehmer“) trifft. Weiterlesen