Steuerstrafverfahren trotz Fehlers des Beraters?

Nach wie vor bin ich erstaunt und überrascht, in wie vielen Fällen steuerstrafrechtliche Ermittlungen aufgenommen werden, obwohl den falschen Angaben und somit der falschen Steuerfestsetzung ein Fehler des Beraters vorausgegangen ist bzw. dieser ursächlich ist. Die Finanzverwaltung beruft sich dann stets darauf, dass man zwar Verständnis habe, aber letztlich habe der Mandant die Steuererklärung unterschrieben und er hätte den Fehler erkennen müssen. Das ist natürlich weltfremd und auch der BFH hatte schon im Jahre 2013 entschieden (BFH 29.10.2013, VIII R 27/10):

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Angebliche Steuerhinterziehung des Sparkassenpräsidenten: Welche Risiken drohen bei verspäteter Steuererklärung?

In zahlreichen Medienberichten wird über ein Steuerstrafverfahren gegen den amtierenden Sparkassenpräsidenten berichtet. Dieser Vorwurf ist angesichts seiner dienstlichen Tätigkeit naturgemäß besonders delikat. Hier im NWB Experten-Blog möchte ich nun tiefer in das Thema einsteigen.

Denn trotz der Welle der Berichterstattung sollte gesehen werden, dass bis zu einer rechtskräftigen Verurteilung die Unschuldsvermutung gilt. In der Praxis ist es jedoch zeit- und kostenaufwändig, eine einmal begonnene Medienlawine zu stoppen (wenn dies überhaupt gelingt). Der Sparkassenpräsident selbst bestreitet den Vorwurf und sieht insbesondere keinen Vorsatz. Gegen den Strafbefehl des Amtsgerichts München hat er Einspruch eingelegt. Mangels genauer Kenntnis des Sachverhalts kann der Vorwurf „von außen“ im Moment nicht abschließend beurteilt werden. Die für eine Beurteilung maßgeblichen Gesichtspunkte sind jedoch von allgemeiner Bedeutung und der Sparkassenpräsident ist eine Person des öffentlichen Lebens mit Vorbildfunktion, so dass er sich eine öffentliche Diskussion gefallen lassen muss.

Wie lautet der Vorwurf genau?

Laut den Medienberichten soll der Sparkassenpräsiden Erklärungen zur Einkommensteuer verspätet abgegeben haben (Jahre 2012 bis 2014). Die verspätete Abgabe von Steuererklärungen kann strafbar sein, wenn die Verspätung den objektiven und subjektiven Tatbestand des § 370 AO erfüllt. Für den objektiven Tatbestand des § 370 AO genügt es, dass die Steuern nicht rechtzeitig festgesetzt werden. Denn eine Steuerverkürzung liegt nach der gesetzlichen Regelung des § 370 Abs. 4 AO insbesondere dann vor, wenn die Steuer nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt wird. Die Einkommensteuererklärung ist von steuerlich beratenen Steuerpflichtigen bis zum 31.12. des Folgejahres abzugeben (soweit nicht regionale oder sonstige Fristverlängerungen bestehen, z.B. sog. Kontingentierungsverfahren).

Wenn die verspätete Abgabe vorsätzlich geschieht (damit ist dann der subjektive Tatbestand erfüllt), handelt der Steuerpflichtige strafbar. Vorsatz liegt jedenfalls dann vor, wenn der Steuerpflichtige wissentlich oder willentlich die Erklärungen verspätet abgibt (zum Thema Vorsatz einschließlich des sog. Eventualvorsatzes vgl. Beyer, BBK 2017, 89). Die Strafbarkeit entfällt nicht automatisch dadurch, dass der Steuerpflichtige später tatsächlich die Steuererklärung abgibt (in Einzelfällen kann allerdings eine strafbefreiende Selbstanzeige gem. § 370 AO oder ein strafbefreiender Rücktritt gem. § 24 StGB vorliegen, siehe hierzu unten). Auch entfällt die Strafbarkeit nicht automatisch dadurch, dass das Finanzamt zuvor mehrere Jahre lang nicht an die Abgabe der Erklärung erinnert hat. Ob ein Vertrauensschutz entstehen kann, ist fraglich und hängt vom Einzelfall ab. Das gesetzliche Strafmaß beträgt bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe (bei einer besonders schweren Steuerhinterziehung i.S.d. § 370 Abs. 3 AO kann das Strafmaß bis zu zehn Jahren sein). Medien berichten, dass der nicht rechtskräftige Strafbefehl gegen den Sparkassenpräsidenten ein Strafmaß von 180 Tagessätzen vorsehe. Ein Tagessatz wird nach dem monatlichen Nettoeinkommen (geteilt durch 30) berechnet. Nettoeinkommen ist die Summe aus den Zuflüssen abzüglich der beruflichen und privaten Verpflichtungen (wie z.B. Unterhaltsverpflichtungen). Bei einem Jahresgehalt von z.B. 700.000 Euro ergibt sich ein Tagessatz von 700.000 Euro/12/30 = rund 1.900 Euro (Abzüge aus etwaigen Verpflichtungen müssten noch erfolgen, werden hier aus Vereinfachungsgründen nicht berücksichtigt). Bei einer Anzahl von 180 Tagessätzen kann dann somit eine Geldstrafe von 180 x 1.900 Euro (also mehr als 340.000 Euro) drohen.

Wie verteidigt sich der Sparkassenpräsident?

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GoBD-konforme Datenspeicherung: Erste Strafverfahren wurden eingeleitet

Dem Vernehmen nach sind insbesondere in Nordrhein-Westfalen nun in mehreren Finanzamtsbezirken die ersten Strafverfahren gegen Steuerpflichtige (überwiegend Handwerker) eingeleitet worden, die eine GoBD-konforme Software zur Auftragsbearbeitung bzw. Fakturierung verwenden.

Der typische Fall: Ein Handwerker erstellt ein Angebot, beispielsweise über 40.000 Euro zzgl. Umsatzsteuer. Dieses Angebot wird revisionssicher abgespeichert. Der Auftrag wird erteilt, der spätere tatsächliche Rechnungsbetrag lautet aber nur über 20.000 Euro zzgl. Umsatzsteuer. Natürlich kann es zahlreiche – wirtschaftliche – Gründe für die erhebliche Abweichung zwischen Angebot und Rechnung geben. Weiterlesen

Gewerbeuntersagung & Co. – mögliche Nebenfolgen einer Steuerhinterziehung

Steuerstrafverfahren sind steuerlich und (steuer-)strafrechtlich anspruchsvoll. Dies ist zum einen auf die inhaltlichen Fragestellungen, zum anderen auf das Nebeneinander von Steuer- und Steuerstrafverfahren zurückzuführen.

Zwei aktuelle Entscheidungen jenseits dieser Dimensionen zeigen wieder einmal: auch die möglichen Nebenfolgen einer Steuerhinterziehung wollen bedacht sein. Denn sie können im Einzelfall schwerer wiegen als die steuerstrafrechtliche Verantwortlichkeit.

Der Beitrag stellt die Entscheidungen vor, bietet einen Überblick über weitere mögliche Nebenfolgen und verweist auf Rechtsprechung und Literatur zum Thema. Weiterlesen