„Sind bei der Ermittlung des Einkommens Einkünfte berücksichtigt worden, die im Veranlagungszeitraum oder in den vorangegangenen vier Veranlagungszeiträumen als Erwerb von Todes wegen der Erbschaftsteuer unterlegen haben, so wird auf Antrag die um sonstige Steuerermäßigungen gekürzte tarifliche Einkommensteuer, die auf diese Einkünfte entfällt, um den in Satz 2 bestimmten Prozentsatz ermäßigt.“ – so lautet § 35b Satz 1 EStG. Die Vorschrift soll eine Übermaßbesteuerung von Erbschaften verhindern, läuft allerdings oftmals ins Leere.
So hatte etwa das FG Münster entschieden, dass die Steuerermäßigung des § 35b EStG nicht auf Kapitaleinkünfte anwendbar ist, die dem Abgeltungssteuersatz unterliegen (FG Münster, Urteil vom 17.2.2021, 7 K 3409/20 AO; siehe Blog-Beitrag „Zur Anrechnung der Erbschaft- auf die Einkommensteuer„).
Nun hat der BFH geurteilt, dass die zeitliche Komponente des § 35b Satz 1 EStG wortlautgetreu auszulegen ist. Der Begünstigungszeitraum des § 35b Satz 1 StG beginnt regelmäßig mit dem Tod des Erblassers und wird auch dann nicht verlängert wenn die tatsächliche Verfügungsgewalt über den Nachlass – ohne Verschulden des Erben – erst nach mehreren Jahren eingetreten ist (BFH-Urteil vom 28.11.2023, X R 20/21). Weiterlesen