Fehlerhaftes steuerliches Einlagekonto – Änderung nach § 129 AO möglich?

Leider sind die Fälle, in denen der Wert des steuerlichen Einlagekontos gemäß § 27 KStG nicht korrekt festgestellt (und erklärt) worden ist, in der Praxis immer wieder anzutreffen. Und da stellt sich die Frage, wie der Fehler geheilt werden kann, wenn der bzw. die entsprechende(n) Feststellungsbescheide bereits bestandskräftig sind. Zumindest für einige Fälle kommt nun Hilfe durch den BFH, denn er hat mit 8.12.2021 (I R 47/18) wie folgt entschieden:

  • Allein der Umstand, dass zur Bestimmung der zutreffenden Höhe des steuerlichen Einlagekontos nicht die mechanische Übernahme der im Jahresabschluss angegebenen Kapitalrücklage ausreicht, sondern auf einer zweiten Stufe noch weitere Sachverhaltsermittlungen zur tatsächlichen Höhe des steuerlichen Einlagekontos erforderlich sind, schließt eine offenbare Unrichtigkeit i.S. des § 129 Satz 1 AO nicht aus.
  • Zumindest in denjenigen Fällen, in denen die offenbare Unrichtigkeit auf der versehentlichen Nichtangabe eines Werts in der Steuererklärung beruht, ist § 129 Satz 1 AO bereits dann anwendbar, wenn für jeden unvoreingenommenen Dritten klar und deutlich erkennbar ist, dass die Nichtangabe fehlerhaft ist. Entsprechendes muss gelten, wenn (nur) die Angabe einer Endsumme mit 0 Euro erfolgt und dies erkennbar unrichtig ist.

Der – etwas vereinfacht dargestellte – Sachverhalt:

Die Klägerin ist eine im Jahr 2010 gegründete GmbH mit einem Stammkapital von 25.000 Euro. Im Streitjahr (2012) waren die Gründungsgesellschafter A und B mit einem Geschäftsanteil von jeweils 12.500 Euro beteiligt. In 2012 schlossen A und B mit der Klägerin einen Einbringungsvertrag, in dem sie sich verpflichteten, zur Stärkung des Kapitals der Klägerin hohe und voll werthaltige Darlehensforderungen unentgeltlich einzubringen. Die Einlagen sollten als Kapitalrücklage gemäß § 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB ausgewiesen werden. Weiterlesen

Rücklagen für Ersatzbeschaffung: Vorübergehende Verlängerung der Reinvestitionsfristen verkündet

Mit dem BMF-Schreiben vom 13.01.2021 (IV C 6 -S 2138/19/10002 :003) hat das Ministerium die Reinvestitionsfristen für Ersatzbeschaffungen i.S.v. R 6.6 EStR um ein Jahr vorübergehend verlängert.

Hintergrund

Gem. R 6.6 der Einkommensteuerrichtlinien kann die Gewinnverwirklichung durch Aufdeckung stiller Reserven in bestimmten Fällen der Ersatzbeschaffung vermieden werden. Voraussetzung dafür ist, dass

  1. ein Wirtschaftsgut des Anlage- oder Umlaufvermögens infolge höherer Gewalt oder infolge oder zur Vermeidung eines behördlichen Eingriffs gegen Entschädigung aus dem Betriebsvermögen ausscheidet,
  2. innerhalb einer bestimmten Frist ein funktionsgleiches Wirtschaftsgut (Ersatzwirtschaftsgut) angeschafft oder hergestellt wird, auf dessen Anschaffungs- oder Herstellungskosten die aufgedeckten stillen Reserven übertragen werden, und
  3. in dem handelsrechtlichen Jahresabschluss entsprechend verfahren wird.

Zweck dieser von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zur Anerkennung einer Rücklage für Ersatzbeschaffung und deren Übertragung auf ein Ersatzwirtschaftsgut „ist nicht allein die als unbillig empfundene Besteuerung eines Gewinns, der durch die zwangsweise Aufdeckung stiller Reserven entsteht; vielmehr soll dem Steuerpflichtigen ermöglicht werden, die erlangte Entschädigung zur Wiederbeschaffung des Ersatzwirtschaftsguts zu verwenden“ (vgl. BFH v. 14.10.1999, IV R 15/99).

Folge der Rücklagenbildung ist, dass der realisierte Gewinn zunächst neutralisiert wird. Weiterlesen