Inflationsausgleichsprämie ist pfändbares Arbeitseinkommen

Noch bis zum Jahresende 2024 dürfen Arbeitgeber ihren Arbeitnehmern bis zu 3.000 Euro steuer- und sozialversicherungsfrei als Inflationsausgleichsprämie zahlen. Bei Arbeitnehmern, die überschuldet sind, dürfte sich die Freude allerdings in Grenzen halten. Der BGH hat nämlich entschieden, dass eine vom Arbeitgeber gezahlte Inflationsausgleichsprämie als Arbeitseinkommen gilt und als solches pfändbar ist (BGH, Beschluss vom 25.4.2024, IX ZB 55/23).

Der Sachverhalt in Kurzform:

Auf Eigenantrag des Schuldners eröffnete das Insolvenzgericht im Februar 2023 das Insolvenzverfahren über dessen Vermögen. Der Arbeitgeber gewährte dem Schuldner eine Inflationsausgleichsprämie in Höhe von 3.000 Euro, zahlbar in Teilbeträgen in Höhe von 1.500 Euro zum 30.6.2023 und zum 30.6.2024. Der Schuldner beantragte, die Unpfändbarkeit der Inflationsausgleichsprämie festzustellen und diese freizugeben. In letzter Instanz hat auch der BGH diesen Antrag abgelehnt. Weiterlesen

Die Energiepreispauschale oder der misslungene Spagat des Gesetzgebers

Die Energiepreispauschale entwickelt sich – bei allem Verständnis für das Anliegen, die Bürger zu entlasten – zunehmend zu einem gesetzgeberischen Desaster. Die handwerklichen Fehler sind nicht mehr zu übersehen. So wird es Haushalte geben, die vollkommen leer ausgehen, während andere Haushalte (Rentner-Ehepaar mit Minijobs) die Pauschale gleich viermal kassieren. Bitte verstehen Sie mich nicht falsch: Ich gönne jedem Einzelnen die Pauschale, gerne auch doppelt. Aber es muss gerecht zugehen.

Nun komme ich zu meinem eigentlichen Anliegen, nämlich einem höchst interessanten Beschluss des Amtsgerichts Norderstedt. In dieser Entscheidung wird die Energiepreispauschale fast schon genussvoll auseinandergenommen (AG Norderstedt, Beschluss vom 15.9.2022, 66 IN 90/19/iww.de). Weiterlesen

Pfändungsschutz – nachträglich durch bAV erhöhen

Bürger, die verschuldet sind und deren Gehalt bereits gepfändet wird, dürfte eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts interessieren (BAG-Urteil vom 14.10.2021, 8 AZR 96/20). Es geht darum, dass mit dem Abschluss einer Direktversicherung im Wege der Gehaltsumwandlung ein höherer Pfändungsschutz erreicht werden kann.

Die Wirksamkeit, das heißt der höhere Pfändungsschutz, ergibt sich selbst dann, wenn die Direktversicherung nach Ergehen des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses abgeschlossen wird. Weiterlesen

BFH: Finanzamt darf Corona-Soforthilfe nicht pfänden

Die an Unternehmen, Freiberufler und Selbständige ausgezahlte Corona-Soforthilfe darf vom Finanzamt wegen Steuerschulden nicht gepfändet werden. Das hat der BFH in einer am 30.7.2020 veröffentlichten  Entscheidung entschieden (BFH v. 9.7.2020 – VII S 23/20 (AdV)).

Worum ging es im Streitfall?

Der Steuerpflichtige unterhielt ein als Pfändungsschutzkonto nach § 850k der Zivilprozessordnung (ZPO) geführtes Konto bei der Sparkasse. Auf eine Pfändungsverfügung des FA wegen rückständiger Umsatzsteuer erklärte die Sparkasse im April 2019, es sei kein pfändungsfähiges Kontoguthaben vorhanden. Im April 2020 wurden dem Konto 9.000 € Corona-Soforthilfe gutgeschrieben, die dem Steuerpflichtigen mit „Zweckbindung“ und „Aufrechnungsverbot“ von der Landesbehörde bewilligt worden waren. Als der Kontoinhaber hierauf zugreifen wollte, verweigerte das FA als Pfandgläubiger die Freigabe. Hiergegen wandte sich der Steuerpflichtige im Wege einstweiliger Anordnung erfolgreich vor dem FG Münster, das die vorläufige Vollstreckung nach § 258 AO einstellte. Die hiergegen vom FA eingelegte Beschwerde blieb jetzt vor dem BFH ebenfalls erfolglos: Auf die Corona-Soforthilfe darf das FA nicht zugreifen.

Wie hat der BFH entschieden? Weiterlesen

Aufgehobener Durchsuchungsbeschluss macht Sachpfändung rechtswidrig

Das Finanzgericht hat die Rechtswidrigkeit der im Rahmen der Durchsuchung durchgeführten Sachpfändung auf Antrag festzustellen, wenn ein Durchsuchungsbeschluss aufgehoben wurde. So hat es der Bundesfinanzhof mit Urteil vom 15.10.2019 – VII R 6/18 entschieden.

Der Streitfall

Vollziehungsbeamte des Finanzamts ließen im Streitfall die Hintertüre zur Garage des Klägers in Gegenwart der Polizei durch einen Schlüsseldienst öffnen. Dort pfändete die leitende Vollziehungsbeamtin einen PKW durch Anbringung je eines Pfandzeichens an der Heckscheibe und Tür sowie mittels Wegnahme des Kennzeichens. Ebenfalls pfändete sie ein Motorrad durch Anbringung eines Pfandzeichens auf dem Tacho.

Den Beamten lag dabei ein Durchsuchungsbeschluss des zuständigen Amtsgerichts für die Wohnung und die Geschäftsräume des Klägers unter Auflistung von zehn Vollstreckungsersuchen vor, allerdings ohne Nennung der zu vollstreckenden Beträge. Der Kläger erhob hiergegen sofortige Beschwerde, woraufhin das Landgericht den Durchsuchungsbeschluss des AG aufhob, da die beizutreibenden Beträge in der Durchsuchungsanordnung nicht bezeichnet worden seien.

Das Urteil des BFH

Dem FG ist es verwehrt, die Entscheidung des LG, mit dem dieses den Durchsuchungsbeschluss aufgehoben hat, auf ihre Richtigkeit hin zu überprüfen. Die bereits durchgeführte Durchsuchung mit allen dabei vorgenommenen Vollstreckungsmaßnahmen wird aufgrund der bloßen Aufhebung des Durchsuchungsbeschlusses rechtswidrig, so das Urteil des BFH.

Grundlage der gegen den Willen des Vollstreckungsschuldners durchgeführten Durchsuchung und die Durchführung der Vollstreckungsmaßnahmen in seiner Wohnung ist die rechtmäßige Durchsuchungsanordnung. Entfällt diese, bleiben auf ihrer Grundlage getroffene Maßnahmen zwar wirksam, sind aber im finanzgerichtlichen Verfahren anfechtbar. Dies dient dem Schutz der Unverletzlichkeit der Wohnung gemäß Art. 13 des Grundgesetzes und sichert die Rechtsstaatlichkeit des Verfahrens.

Andernfalls würde der nach der Zivilprozessordnung vorgesehene Rechtsschutz unterlaufen.

Fazit

Die Entscheidung stärkt die Rechte der von Vollstreckungsmaßnahmen betroffenen Schuldner.

Weitere Informationen:

BFH, Urteil v. 15.10.2019 – VII R 6/18

Finanzamt will vollstrecken – Was tun?

Ist eine Steuerschuld erst einmal festgesetzt, kann man sich der Begleichung nur noch schwerlich entziehen. Anders als im Bürgerlichen Recht kann das Finanzamt ohne weiteres zur Vollstreckung greifen. Doch nicht immer ist das auch rechtmäßig. Wie also kann man sich gegen unberechtigte Vollstreckungsbemühungen wehren?

Die schlichteste Reaktionsmöglichkeit auf eine Vollstreckungsankündigung ist die freiwillige Zahlung. Wer die Möglichkeit zur Steuerentrichtung hat, schafft sich so den dringendsten Ärger schnell vom Hals. So bleibt mehr Zeit, rechtlich gegen die zugrunde liegende Festsetzung vorzugehen. Allerdings hat die Methode – neben dem Liquiditätserfordernis – auch Tücken. Nicht ganz unberechtigt hält so mancher das Finanzamt für ein Sparschwein aus Kruppstahl – ist einmal Geld drin, kommt es nie wieder heraus. Jedenfalls bei dauernder Säumigkeit oder sonstigen Steuerrückständen muss man im Zweifel tatsächlich mit den bekannten Umbuchungen rechnen. Weiterlesen