Nicht einmal der Tod ist umsonst; Bestattungen können recht teuer werden. Beim Tod eines nahen Angehörigen kann daher ein Sterbegeld wenigstens die finanzielle Belastung etwas verringern, auch wenn es das Leid natürlich nicht lindern kann. Doch wie immer im Leben – und eben im Tod: Der Fiskus will mitreden. Anders ausgedrückt: Er will von dem Sterbegeld Steuern kassieren, und zwar am liebsten in voller Höhe und ohne jegliche Steuerminderung.
In meinem Blog-Beitrag aus 2019 „Aufreger des Monats Mai: Sterbegeld ´mal steuerpflichtig, ´mal steuerfrei“ habe ich zu dem Thema zwei aktuelle Urteile der Finanzgerichte vorgestellt, die für sich genommen widersprüchlich klingen:
- Das Sterbegeld, das im Zuge der betrieblichen Altersversorgung an die Hinterbliebenen eines ehemaligen Angestellten gezahlt wird, ist als Einmalbetrag ohne jegliche Ermäßigung zu versteuern (FG Düsseldorf, Urteil vom 6.12.2018, 15 K 2439/18 E).
- Das Sterbegeld, das an die Hinterbliebenen eines Beamten gezahlt wird, ist in voller Höhe steuerfrei, und zwar nach § 3 Nr. 11 EStG. Begründung: Gemäß § 3 Nr. 11 Satz 1 EStG sind steuerfrei u.a. Bezüge aus öffentlichen Mitteln, die wegen Hilfsbedürftigkeit bewilligt werden. Diese Hilfsbedürftigkeit könne bei der Gewährung von Sterbegeld an den überlebenden Ehegatten und die Abkömmlinge eines verstorbenen Beamten typisierend angenommen werden (FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16.1.2019, 11 K 11160/18, Rev. VI R 8/19).
Nun hat der BFH in der Revision zu dem erstgenannten Urteil entschieden: Ein einmaliges Sterbegeld aus einer betrieblichen Altersversorgung (Pensionskasse) ist auch dann nach § 22 Nr. 5 Satz 1 EStG einkommensteuerpflichtig, wenn es mangels lebender Bezugsberechtigter nicht an die Bezugsberechtigten i.S. des BetrAVG, sondern ersatzweise an die Erben gezahlt wird (Urteil vom 5.11.2019, X R 38/18).
Der Sachverhalt: Eheleuten war nach dem Tod ihres Sohnes von einer Pensionskasse ein Sterbegeld ausgezahlt worden. Der Auszahlung lag ein Versicherungsvertrag zugrunde, der ursprünglich von einem ehemaligen Arbeitgeber des Sohnes im Rahmen einer betrieblichen Altersversorgung abgeschlossen worden war. Nach einem Arbeitgeberwechsel hatte der Sohn die Versicherung übernommen. Im Versicherungsvertrag waren als Bezugsberechtigte im Todesfall die „Hinterbliebenen“ – also der Ehegatte, Lebenspartner, Lebensgefährtin und Kinder – bestimmt. Im Jahr 2012 verstarb der Sohn. Er hinterließ keine „Hinterbliebenen“ und wurde von seinen Eltern beerbt. Die Pensionskasse zahlte an die Eltern die Versicherungsleistung begrenzt auf ein Sterbegeld in Höhe von 8.000 EUR aus. Das Finanzamt sah in der Auszahlung einkommensteuerpflichtige sonstige Einkünfte der Eltern und unterwarf sie der Einkommensbesteuerung. FG und BFH haben die Auffassung des Finanzamts bestätigt.
Der Revision wurde zwar aus verfahrensrechtlichen Gründen stattgegeben, letztlich müssen die Kläger aber wohl doch eine Niederlage in der Sache hinnehmen. Immerhin: Sollte es sich um eine Kapitalisierung handeln, könnte der Anwendungsbereich des § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG eröffnet sein („Vergütung für mehrjährige Tätigkeiten“).
Man darf gespannt sein, wie der BFH im zweiten Verfahren entscheiden wird.
Weitere Informationen:
- FG Düsseldorf, Urteil vom 6.12.2018, 15 K 2439/18 E
- FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16.1.2019, 11 K 11160/18, Rev. VI R 8/19
- BFH Urteil v. 05.11.2019 – X R 38/18