Antrag im Bundestag: Abschöpfung der Extra-Profite von Krisengewinnern

Mit einem Antrag vom 15.04.2021 fordert die Fraktion DIE LINKE die Bundesregierung auf, einen Gesetzentwurf vorzulegen, der außerordentliche, in Pandemiezeiten realisierte Gewinne bestimmter Unternehmen besonders besteuert (BT-Drucks. 19/28525).

Wie geht es hier weiter?

Hintergrund

Krisen gehen stets mit Verlierern einher. In Corona-Zeiten dürften dies vor allem zahlreiche Kleinunternehmer und Mittelstandsunternehmen sein. Krisen führen jedoch regelmäßig auch zu Gewinnern. In jener aktuellen Krise dürften dazu vor allem Markplätze wie Amazon, aber auch viele Digitalkonzerne zählen. Die damit einhergehende Marktmachtverschiebung will die Bundestagsfraktion DIE LINKE nicht hinnehmen, sondern vielmehr sehr deutlich korrigieren.

Ihrer Meinung nach hat die Marktmacht von einigen Online-Händlern wie Amazon und Konzernen wie Microsoft oder Facebook enorm zugenommen und die Wettbewerbslandschaft womöglich dauerhaft verzerrt.

Antrag auf Übergewinn-Steuer

Sie fordert aus diesem Grund die Bundesregierung auf, einen Gesetzesentwurf vorzulegen. Dieser soll

  • außerordentliche, in Pandemiezeiten erzielte Gewinne von Unternehmen, die der inländischen Gewinnbesteuerung unterliegen, einer Übergewinnsteuer unterwerfen – und
  • eine Quellensteuer auf die in Deutschland erwirtschafteten Umsätze von Digitalkonzernen, die ihre hierzulande erzielten Gewinne im Ausland erfassen, einführen, wenn deren jährlicher Umsatz in Deutschland eine festgelegte Grenze, beispielsweise 10 Millionen Euro, überschreitet.

Vor allem durch in der Vergangenheit bereits eingeführte Übergewinnsteuern (sog. „excess profits tax“) in Ländern wie den USA, Kanada, Frankreich oder Italien sieht sich die Bundestagsfraktion in ihrem Vorhaben bestärkt. Ferner konstatiert sie, dass ein zweistufiges Modell – wie vorgeschlagen – sich eignen würde, um übermäßige Gewinne abzuschöpfen. Bei der Besteuerung von überdurchschnittlichen Gewinnen im Vergleich zu Nicht-Krisen-Zeiten könne ferner eine pauschale Investitionsrate berücksichtigt werden. Übergewinne von Digitalunternehmen mit Sitz im Ausland könnten durch eine Quellensteuer ihrer Meinung nach auf den in Deutschland erwirtschafteten Umsatz auch ohne globale Vereinbarung über eine faire Aufteilung der Steuerbasis abgeschöpft werden.

Übergewinn-Steuer greift zu kurz

Ob Corona-Soli, Sonderabgabe oder Übergewinn-Steuer. Das Thema, wie die Krisengewinner ihren Beitrag zur solidarischen Mitfinanzierung der Krisenkosten zu leisten haben, wird unter den verschiedensten Begriffen diskutiert. Dass diese Debatten sicherlich in Wahlkampfzeiten und mit einem weiteren Anhalten der starken (Wirtschafts-)Beschränkungen zunehmen werden, darf vermutet werden. Ob ein nationaler Weg – wie etwa mit einer Übergewinnsteuer leicht umsetzbar – dabei zielführend sein wird, ist allerdings dann doch zu hinterfragen. Allein die Abgrenzung eines „ganz normalen“ Gewinns von einem „in Krisenzeiten realisierten“ Gewinn ist eine Herausforderung.

Dass Stellschrauben am aktuellen Steuersystem spätestens nach der Bundestagswahl justiert und nachgezogen werden, ist zu erwarten. Zu empfehlen wäre an dieser Stelle indes, das System insgesamt auf Schwächen hin zu untersuchen und nicht – wie leider in vielen Debatten immer wieder implizit gefordert – das System nur auf die Abschöpfung von wie auch immer gearteten Übergewinnen umzumünzen.

Die “Amazon-Falle“

Seit einigen Jahren dreht sich das umsatzsteuerliche Rad rund um die Besteuerung des Onlinehandels ziemlich schnell. Angefangen von den §§ 22f und 25e UStG, welche die umsatzsteuerliche Haftung von Marktplatzbetreibern erstmalig seit dem 1. Januar 2019 regeln, kommt es nun ab dem 1. Juli 2021 zu umfangreichen Änderungen bei der Umsatzbesteuerung im Rahmen des Verkaufs über jene Plattformen.

Diesbezüglich wurde den Verbänden nun der Entwurf eines BMF Schreibens zur „zweiten Stufe des sogenannten Mehrwertsteuer-Digitalpakets“ vorgelegt (auf Basis des JStG 2020 vom 21. Dezember 2020). Auf über 29 Seiten finden sich umfangreiche Änderungen betreffend die Behandlung von Fernverkäufen nach § 3c UStG (vormals „Versandhandelsregelung“) sowie die Erweiterung des besonderen Besteuerungsverfahrens, welches gemeinhin als „One-Stop-Shop“-Verfahren bezeichnet wird (vormals „Mini-One-Stop-Shop“-Verfahren).

Ungeachtet zahlreicher Änderungen für im Drittland ansässige Unternehmen sowie die Einführung eines fiktiven Reihengeschäfts beim Verkauf über elektronische Schnittstellen, befasst sich dieser Artikel mit der grundlegenden Problematik im Inland ansässiger Unternehmer, welche zukünftig Umsätze über Online-Marktplätze generieren und die Lagerung der angebotenen Waren dem jeweiligen Marktplatzbetreiber überlassen. Weiterlesen

Diskussion über Einführung einer „Paketsteuer“: Rettung zur Belebung der Innenstädte?

Dem Attraktivitätsverlust des Einzelhandels in den Innenstädten, der durch die aktuelle Corona-Pandemie zugenommen hat, wollen Politiker von CDU und CSU jetzt mit einer „Paketsteuer“ entgegenwirken. Hilft eine solche Maßnahme tatsächlich, um dem Einzelhandel unter die Arme zu greifen?

Hintergrund

Laut aktuellen Medienberichten denkt die Fraktion von CDU und CSU im Bundestag darüber nach, Pakete, die im Onlinehandel bestellt werden, mit einer neuen „Steuer“ zu belegen. Vergangenes Wochenende wurde dazu ein Grundsatzpapier vorgelegt, in dem der stellvertretende Fraktionschef Andreas Jung und der kommunalpolitische Sprecher von CDU/CSU die Auflage eines sog. Innenstadtfonds vorschlagen, der durch die Paketsteuer finanziert werden könnte. Bezahlt werden soll die neue „Steuer“ von Online-Händlern, um dann direkt der Stärkung des Einzelhandels in den Innenstädten zugutezukommen. Die Höhe der zu leistenden Zahlung soll sich dabei am jeweiligen Wert der bestellten Waren orientieren. Ob und inwiefern die neue Steuer zu höheren Preisen führe, liege im Ermessen der Anbieter. Weiterlesen

Neue verschärfte Regeln für elektronische Marktplatzbetreiber im Umsatzsteuerrecht (Teil 2)

Die mit dem Jahressteuergesetz 2020 anvisierten Verschärfungen und Modifizierungen der Regelungen zur Marktplatzhaftung führen dazu, dass unter bestimmten Umständen ein Reihengeschäft zwischen dem Schnittstellenbetreiber, dem Online-Händler und dem Endkunden gesetzlich fingiert wird. Während in Teil 1 die Neuerungen ausführlich dargestellt wurden, geht Teil 2 nunmehr auf die daraus resultierenden Konsequenzen ein.

Hintergrund

Für die Betreiber elektronischer Marktplätze sowie die entsprechenden Online-Händler hält das Jahressteuergesetz umfassende Neuerungen bereit: In einem neuen § 3 Abs. 3a UStG-E wird für bestimmte Fälle eine sog. Leistungskommission fingiert, wodurch der Schnittstellenbetreiber so behandelt wird, als hätte er den Gegenstand für sein eigenes Unternehmen erworben und geliefert. Dadurch entsteht ein (fingiertes) Reihengeschäft zwischen Onlinehändler, dem Betreiber der elektronischen Schnittstelle und Endkunde; mit der Folge, dass der elektronische Schnittstellenbetreiber die Steuer schuldet.

Die neue Leistungskommission soll fingiert werden, wenn

  • ein Schnittstellenbetreiber Lieferungen eines Gegenstands unterstützt, dessen Beförderung oder Versendung im Gemeinschaftsgebiet beginnt und endet, durch einen nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässigen Unternehmer an einen Nichtunternehmer (§ 3 Abs. 3a Satz 1 UStG-E).

Liefert beispielsweise ein russischer Unternehmer Gegenstände aus einem in der Europäischen Union liegenden Lager an einen deutschen Privatkunden, so kommt es zur Reihengeschäftsfiktion.

Ebenso kommt es zur Fiktion, wenn

  • ein Schnittstellenbetreiber den Fernverkauf von aus dem Drittlandsgebiet eingeführten Gegenständen in Sendungen mit einem Sachwert von höchstens 150 Euro (§ 3 Abs. 3a Satz 2 UStG-E) an einen Erwerber in einem EU-Mitgliedstaat unterstützt.

Verkauft beispielsweise ein russischer Unternehmer über einen deutschen Online-Marktplatz Gegenstände im Wert von höchstens 150 Euro an einen deutschen Privatkunden und versendet diese aus Russland heraus, so kommt es ebenfalls zur Fiktion.

Grundsätzlich sollten die Regelungen zum 01.01.2020 in Kraft treten. Da die Regelungen jedoch Bestandteil des Digitalpakets auf EU-Ebene sind und dieses auf Vorschlag der Europäischen Kommission Corona-bedingt verschoben wurde, werden die Neuregelungen zum 01.07.2021 umgesetzt.

Schnittstellenbetreiber sollten Prozesse nunmehr überprüfen

Bereits im Jahre 2019 waren Online-Marktplätze mit großen Herausforderungen konfrontiert, damit sie den damals eingeführten Vorschriften zur Marktplatzhaftung und den entsprechenden Aufzeichnungspflichten gerecht werden konnten. Ein umfassendes BMF-Schreiben (v. 28.01.2019, III C 5 – S 7420/19/10002 :002) unterstützte dabei und nahm Stellung zu den einzelnen Rechtsfolgen.

Nunmehr sind die Betreiber elektronischer Marktplätze erneut dazu aufgerufen, Anpassungen vorzunehmen und die geplanten Gesetzesvorgaben im Auge zu behalten. Betreiber von elektronischen Markplätzen sollten daher zeitnah ihre Prozesse auf die geplante Neuregelung hin überprüfen und etwaig anpassen. Insbesondere gilt es detailliert zu analysieren, ob man in ein fiktives Reihengeschäft nach § 3 Abs. 3a UStG-E einbezogen ist. Dazu muss stets unterschieden werden zwischen der Lieferung des Schnittstellenbetreibers an den Endkunden einerseits und jener des Online-Händlers an den Schnittstellenbetreiber andererseits. Ferner gilt es abzuklären, ob die Lieferung innerhalb der EU oder aber aus dem Drittland erfolgt, da die Fiktion nur auf bestimmte Sachverhalte beschränkt ist. Die Betreiber elektronischer Schnittstellen schulden in diesen Fällen die Steuer. Entsprechend sollten die jeweiligen Buchhaltungssysteme einer Anpassung unterzogen werden. Gleichzeitig gilt es, die neuen, modifizierten Vorschriften zur Aufzeichnung zu kennen und umzusetzen. Da ein Verstoß als eine Ordnungswidrigkeit nach § 379 AO beurteilt werden kann, sollte diesen gesetzeskonform nachgekommen werden.

Lesen Sie hierzu auch Teil 1


Neue verschärfte Regeln für elektronische Marktplatzbetreiber im Umsatzsteuerrecht (Teil 1)

Bereits seit dem 01.01.2019 können Betreiber eines elektronischen Marktplatzes für die nicht entrichtete Steuer aus der Lieferung anderer Unternehmer, die auf dem bereitgestellten Markplatz rechtlich begründet worden ist, nach § 25e Abs. 1 UStG in Haftung genommen werden. Diese Regelungen sollen nunmehr mit dem Jahressteuergesetz 2020 einer deutlichen Verschärfung unterzogen werden.

Was bedeutet das für die Betreiber? Weiterlesen

Bekämpfung von Umsatzsteuerausfällen im Online-Handel – Bundesregierung prüft Praxiserleichterungen

Ich hatte bereits berichtet: Zur Verhinderung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren auf elektronischen Marktplätzen im Internet soll im Zuge des (früher so genannten) JStG 2018 das Umsatzsteuerrecht (§§ 22f und 25e UStG-neu) geändert werden (BT-Drucks. 19/4455). Alle Betreiber elektronischer Marktplätze sollen ab Januar 2019 dazu verpflichtet werden, bestimmte Daten von Verkäufern zu erfassen, u.a. Name, vollständige Anschrift, Steuernummer, Versand- und Lieferadresse, Zeitpunkt und Höhe des Umsatzes (§ 22f UStG-E). Geplant ist, dass Händler mit Bescheinigungen von Finanzämtern den Betreibern von Online-Plattformen nachweisen sollen, dass sie für die Umsatzsteuer registriert sind. Erst dann wird der Plattform-Betreiber von der Haftung freigestellt, falls von den Händlern die Umsatzsteuer nicht abgeführt wird.

Im Grundsatz die richtige Initiative, aber ein kostenintensives Bürokratiemonster

Diese Initiative ist im Grundsatz zu begrüßen: Vor allem in Drittländern ansässige Unternehmen, die in Deutschland steuerlich nicht registriert sind, verletzen auf elektronischen Marktplätzen häufig ihre hier bestehenden steuerlichen Pflichten. Insbesondere führen sie für ihre Umsätze, die sie in Deutschland aus den Verkäufen erzielen, keine Umsatzsteuer ab. Dadurch gehen Deutschland wichtige Steuereinnahmen verloren. Allerdings drohen wiederum überflüssige Bürokratie für Händler und Betreiber von Plattformen und unternehmensbezogene Aufwendungen für Bescheinigungen, Aufzeichnungs- und Übermittlungspflichten in Millionenhöhe. Weiterlesen