Von dem Grundsatz, dass Leiharbeitnehmer für gleiche Arbeit den gleichen Lohn bekommen müssen, kann ohne Verstoß gegen EU-Recht durch Tarifvertrag zum Nachteil von Leiharbeitnehmern abgewichen werden – das hat das BAG in einer aktuellen Entscheidung bestätigt (BAG v. 31. Mai 2023 – 5 AZR 143/19).
Worum ging`s im Streitfall?
Die Klägerin war aufgrund eines nach § 14 Abs. 2 Teilzeitbefristungsgesetz -TzBfG befristeten Arbeitsverhältnisses bei der Beklagten, die gewerblich Arbeitnehmerüberlassung betreibt, als Leiharbeitnehmerin in Teilzeit beschäftigt. Sie war Januar bis April 2017 hauptsächlich einem Unternehmen des Einzelhandels als Kommissioniererin überlassen und verdiente zuletzt 9,23 Euro brutto/Stunde. Vergleichbare Stammarbeitnehmer erhielten einen Stundenlohn von 13,64 Euro brutto, deswegen verlangte die Klägerin unter Berufung auf den Gleichstellungsgrundsatz des § 8 Abs. 1 AÜG bzw. § 10 Abs. 4 Satz 1 AÜG a.F. die Differenzvergütung. Sie meinte, dass auf ihr Leiharbeitsverhältnis kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit Anwendung findende Tarifwerk sei mit Art. 5 Abs. 3 EU-Leiharbeits-RL (2008/104/EG) wegen des dort verlangten „Gesamtschutzes der Leiharbeitnehmer“ nicht vereinbar.
BAG lässt Abweichung vom Equal pay-Grundsatz zu
Um unionsrechtliche Fragen zu klären, hatte das BAG zunächst (BAG 16.12.2020 – 5 AZR 143/19 (A), BAGE 173, 251) das Revisionsverfahren ausgesetzt und den EuGH nach Art. 267 AEUV um Vorabentscheidung wegen nicht näher definierten „Achtung des Gesamtschutzes von Leiharbeitnehmern“ ersucht. Der EuGH hat die Vorlage beantwortet (EuGH v. 15.12.2022 – C-311/21).
Jetzt hat das BAG geurteilt: Weiterlesen