Corona-Krise: Kurzarbeitergeld wird angehoben!

Die Regierungskoalition hat sich am 23.4.2020 auf weitere milliardenschwere Hilfen zur Bewältigung der wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise verständigt. Ein Kernpunkt: Das Kurzarbeitergeld soll gestaffelt erhöht, die Hinzuverdienstmöglichkeiten verbessert werden, um vor allem für Geringverdiener Einkommensverluste auszugleichen und soziale Härten zu verhindern. Zugleich wird die Bezugsdauer des Arbeitslosengelds verlängert.

Hintergrund:

Kurzarbeitergeld (§§ 95 ff. SGB III) ist ein sinnvolles arbeitsmarktpolitisches Instrument, um bei vorübergehendem Arbeitsausfall die Weiterbeschäftigung von Arbeitnehmern zu ermöglichen und Entlassungen zu vermeiden. Seit 1.3.2020 gibt es als Folge der Corona-Pandemie ein „erleichtertes Kurzarbeitergeld“ nach dem Gesetz zur Erleichterung der Kurzarbeit (BGBl I 2020, S. 493). Danach ist Kurzarbeitergeld jetzt für jeden Betrieb möglich, d. h. auch für Beschäftigte in Zeitarbeit. Nur 10 Prozent der Beschäftigten müssen vom Arbeitsausfall betroffen sein, nicht wie bislang ein Drittel der Belegschaft. Das Kurzarbeitergeld beträgt 60 Prozent des fehlenden Netto-Entgelts, bei Eltern sind es 67 Prozent. Die Beiträge für die Sozialversicherung werden bei der Kurzarbeit von der Bundesagentur für Arbeit vollständig erstattet. Beschäftigte müssen auch keine Minusstunden aufbauen, bevor Kurzarbeitergeld gezahlt werden kann. Auch die Hinzuverdienstmöglichkeiten während der Kurzarbeit werden erweitert: Vom 1.4.2020 bis zum 31.10.2020 werden Verdienste aus während der Kurzarbeit neu aufgenommenen Nebentätigkeiten in systemrelevanten Bereichen nicht auf das Kurzarbeitergeld angerechnet, wenn die Lohnhöhe nicht den Lohn überschreitet, der vor der Kurzarbeit bezogen worden ist.

Anhebung des Kurzarbeitergeldes kommt

In der politischen Diskussion wurde allerdings schnell beklagt, dass die Erleichterungen beim Bezug des Kurzarbeitergeldes nicht ausreichend seien, insbesondere wurde teilweise eine deutliche Aufstockung des Kurzarbeitergeldes gefordert. Mit Rücksicht auf die erheblichen wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise sind schon jetzt hunderttausende Beschäftigte in Kurzarbeit. Allein in Bayern sind bei Arbeitsagenturen bis Mitte April 2020 mehr als 112.000 Anzeigen für Kurzarbeit von Betrieben in Bayern eingegangen. Diese beträchtliche Zahl an Beziehern für Kurzarbeitergeld, das bislang bei kinderlosen Beschäftigten 60 Prozent und bei Beschäftigten mit Kindern 67 Prozent beträgt, wird zu einer erheblichen Belastung der Kasse der Bundesagentur für Arbeit führen. Zwar sehen einige Tarifverträge vor, dass das Kurzarbeitergeld auf fast 100 Prozent des Nettolohns aufgestockt wird, in vielen Branchen gilt das allerdings nicht. Deswegen forderte vor allem der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) das Kurzarbeitergeld befristet auf 80 bzw. 87 Prozent anzuheben. Andernfalls – so wird in der politischen Diskussion argumentiert – könnten viele Menschen ihre Mieten und Ratenkredite für Auto und Eigenheim nicht mehr bezahlen.

Am 22.4.2020 haben sich die Mitglieder der Regierungskoalition nun auf eine Anhebung des Kurzarbeitergeldes verständigt, die jetzt auf dem üblichen Weg durch Rechtsverordnung noch umgesetzt werden muss. Nach dem Gesetz ist Voraussetzung für das Tätigwerden im Verordnungswege eine krisenhafte Situation, die in Branchen oder Regionen übergreifend erhebliche Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Arbeitsmarkt hat, auch wenn sie nicht den gesamten Arbeitsmarkt erfasst.

Hierbei sollen für das verbesserte folgende Eckpunkte gelten:

  • Für Arbeitnehmer, die Kurzarbeitergeld für eine um mindestens 50 Prozent reduzierte Arbeitszeit beziehen, soll das Kurzarbeitergeld ab dem 4. Bezugsmonat auf 70 Prozent (Ledige), bzw. 77 Prozent (Haushalte mit Kindern) angehoben werden.
  • Ab dem 7. Bezugsmonat soll das Kurzarbeitergeld auf 80 Prozent (Ledige) bzw. 87 Prozent (Haushalte mit Kindern) angehoben werden.
  • Die bereits mit den erleichterten Voraussetzungen für den Kurzarbeitergeldbezug seit 1.3.2020 eingeführten Hinzuverdienstmöglichkeiten sollen ab 1.5.2020 nochmals erweitert werden.
  • Alle entsprechenden Regelungen sollen befristet bis längstens 31.12.2020 gelten.
  • Geringfügig Beschäftigte (450-Euro-Minijobber) sind versicherungsfrei in der Arbeitslosenversicherung, für sie kann daher nach wie vor kein Kurzarbeitergeld beantragt werden.

Erste Bewertung

What ever it takes – das Füllhorn der Bundesregierung scheint bei der Bewältigung der wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie nach wie vor unerschöpflich zu sein. Denn parallel mit der Anhebung des Kurzarbeitergeldes hat sich die Regierungskoalition nunmehr auch auf eine Verlängerung des Arbeitslosengeldes geeinigt. Die Bezugsdauer des ALG I soll um drei Monate für die Bezieher verlängert werden, deren Anspruch zwischen dem 1.5. und 31.12.2020 enden würde. Bislang bekommt zwölf Monate Arbeitslosengeld wer bis 50 Jahre alt ist, wenn er zuvor 24 Monate oder länger versicherungspflichtig beschäftigt war. Oberhalb von 50 Jahren steigt die Bezugsdauer schrittweise auf bis zu 24 Monate, soweit der Arbeitnehmer zuvor mindestens 48 Monate versicherungspflichtig beschäftigt war. Das Arbeitslosengeld liegt bei 60 Prozent des Nettoentgelts, bei Arbeitslosen mit Kindern bei 67 Prozent des Nettoentgelts. Auch die Verlängerung des Bezugs von Arbeitslosengeld ist also sehr kostspielig.

Bei allem Verständnis für politisch gut gemeinte Schutzschirme für die unterschiedlichsten gesellschaftlichen Gruppen, ist meines Erachtens die Politik inzwischen gut beraten, nicht jeder Forderung erliegend in einen „Subventionswahn“ zu verfallen, den am Ende unsere Gesellschaft nicht mehr bezahlen kann. Mit der jetzt beschlossenen befristeten Anhebung des Kurzarbeitergeldes sollte es deshalb sein Bewenden haben. Damit dürften zugleich weitergehende Anträge erledigt sein. Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hatte beispielsweise die Einführung eines „Kurzarbeitergelds +“ gefordert (BT-Drs. 19/18704), nach dem das Kurzarbeitergeld vor allem für kleine und mittlere Einkommen erhöht werden sollte, im Höchstsatz bis zu 90 Prozent des Nettoentgeltes; für Auszubildende sollte sogar jederzeit und nicht erst nach dem sechswöchigen Entgeltfortzahlungszeitraum (§ 19 Abs. 1 Nr. 2 BBiG) Kurzarbeitergeld beantragt werden können. Die Fraktion Die Linke hatte sogar in ihrem Antrag gefordert (BT-Drs. 19/18686), das Kurzarbeitergeld rückwirkend zum 1.3.2020 auf einheitlich 90 Prozent des Nettoentgelts anzuheben. Beschäftigte, die nur den gesetzlichen Mindestlohn verdienen, sollten sogar 100 Prozent ihres Gehaltes erstattet bekommen.

Ich meine: Wünsche kann man äußern, bei der Umsetzung sollte die Politik aber maßhalten!

Quellen

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