Großrazzia bei Adler Immobilien – Zusammenbruch in Raten?

Seit der letzten Meldung der Bafin Mitte November 2022 ist einige Zeit ins Land gegangen. Der ein oder andere mag sich vielleicht gefragt haben: Wann geht’s hier mal weiter? Wie die Berichterstattung über die Großrazzia bei Adler am 28. Juni 2023 zeigt, muss eine solche Aktion seitens der Behörden gut vorbereitet werden. Insbesondere dann, wenn diese wie im Falle Adler gleichzeitig in mehreren Staaten erfolgt.

Eine kurze Einordnung

Marktmanipulation, Untreue, Bilanzfälschung – seit der Razzia stehen einige klare Vorwürfe im Raum. Ist dies überraschend? Absolut nicht. Im Vergleich zu Wirecard eine überschaubare Liste an Vorwürfen von Gesetzesverstößen.

Ehrlich gesagt habe ich mich seit der Veröffentlichung des KPMG-Berichtes im April 2022 gefragt, wann dies Konsequenzen haben wird, denn die Erkenntnisse des Berichtes sind erschreckend. Das kurz danach verweigerte Testat des damaligen Abschlussprüfers KPMG bestätigte das Misstrauen in Adlers Zahlen.

Was erstaunlich war? Zum einen wurde in dem KPMG-Gutachten von den Beraterverträgen berichtet. Hohe Rechnungen mit wenig Inhalt über die erbrachten Leistungen. Ein Verdacht einer möglichen Scheinrechnung scheint daher nicht unrealistisch. Und natürlich das große Thema der Bewertung der Immobilien. Das Thema bei Adler. Und man bedenke: Die Erkenntnisse des KPMG-Berichtes waren zu einem Zeitpunkt vor dem Ausbruch des Ukraine-Krieges und der Zinswende. Seither hat sich der Wind auf dem Immobilienmarkt zu einem wirklichen Erdbeben entwickelt. Schockstarre hört man in diesem Zusammenhang immer öfter.

Keine Reaktionen nach dem KPMG-Bericht

Ich hatte nach der Veröffentlichung des KPMG-Gutachtens mit heftigen Reaktionen gerechnet – ähnlich wie bei Wirecard. Diese sind jedoch ausgeblieben. Offenbar war die Dimension des Inhaltes des KPMG-Berichtes nicht so eindeutig wie bei dem ehemaligen DAX-Konzern. Stimmt. Die Immobilien sind da anders als die Guthaben auf Treuhandkonten bei Wirecard. Dennoch stellt sich hier die Frage, wie viel diese wert sind. Manipulationen sind auch hier keinesfalls ausgeschlossen.

Gerade letzte Woche hatte ich auf dem Fürther Insolvenzforum zum Causa Adler referiert und über die Ereignisse seit dem Bericht des Shortsellers Fraser Perrings berichtet. „Derzeit heißt es warten“, hatte ich letzte Woche in meinem Vortrag „Immobilienkrise am Beispiel Adler Immobilien – (k)ein Einzelfall?“ noch gesagt, denn seit dem Herbst 2021 verfolge ich den Fall besonders genau und habe nicht nur an Hauptversammlungen von Adler teilgenommen, sondern auch die veröffentlichten Berichte analysiert sowie die Teil-Fehlerfeststellungen der Bafin.

Bis zur Offenlegung der testierten Berichte sollte es noch einige Monate dauern. Die ungeprüften Berichte liegen schon einige Zeit vor; die Adler Group sucht immer noch einen Prüfer für den Abschluss 2022. Dies dürfte mit der nun erfolgten Razzia bei der Tochter nicht einfacher werden.

Ein kurzes Fazit

Die Causa Adler hat im letzten Jahr nicht so heftig eingeschlagen wie Wirecard. Das aber auch hier möglicherweise gegen das ein oder andere Gesetz verstoßen wurde war meines Erachtens spätestens nach der Veröffentlichung des KPMG-Gutachtens zu vermuten. Es bleibt spannend, ich bleibe dran.

Weitere Informationen:
Spiegel.de: Großrazzia bei Immobilienkonzern Adler