Kindergeld für Kinder mit Behinderung: Einzelaufstellung der Fahrtkosten für Jahre bis 2020 erforderlich

Ist ein Kind wegen seiner Behinderung außerstande, sich selbst zu unterhalten, wird den Eltern Kindergeld auch über das 25. Lebensjahr des Kindes hinaus gewährt. Voraussetzung ist, dass die Behinderung bereits vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetreten ist. Früher galt eine Altersgrenze von 27 Jahren. Im Jahre 2021 hat der BFH dargelegt, wie die Fähigkeit zum Selbstunterhalt rechnerisch zu ermitteln ist, also welche Einkünfte und Bezüge dem Kind als eigene Mittel für seinen Unterhalt zuzurechnen sind und welche Beträge abgezogen werden dürfen (BFH-Urteil vom 27.10.2021, III R 19/19). Insofern kann auf den Blog-Beitrag „Kindergeld für Kinder mit Behinderung: Wie der BFH den Selbstunterhalt prüft“ verwiesen werden. Nun war der BFH wieder an der Reihe. Dieses Mal ging es um die Frage, wie behinderungsbedingte Fahrtkosten zu berücksichtigen sind, inwieweit sie also zum behinderungsbedingten Mehrbedarf gehören (BFH-Urteil vom 10.7.2024, III R 2/23).

Der Sachverhalt:

Die Klägerin bezog für ihre behinderte Tochter (GdB von 80) Kindergeld. Seitdem die Tochter eine geringe Erwerbsminderungsrente bezieht, wollte die Familienkasse kein Kindergeld mehr zahlen. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Tochter nun in der Lage sei, sich selbst zu unterhalten. Hiergegen wandte sich die Mutter und erklärte, dass der Tochter hohe Fahrtkosten entstanden seien, die bei der Prüfung des behinderungsbedingten Mehrbedarfs zu berücksichtigen seien. Einen pauschalen Ansatz von Fahrtkosten lehnte die Familienkasse jedoch ab und verlangte einen Nachweis oder eine Glaubhaftmachung der Durchführung der Fahrten. Die Mutter machte hingegen geltend, dass anstelle der tatsächlich glaubhaft gemachten Fahrtkosten ein Pauschbetrag in Höhe von 75 Euro pro Monat (entspricht 3.000 km pro Jahr zu je 0,30 Euro) zu berücksichtigen sei.

Doch letztlich erkannte auch der BFH, dass Fahrtkosten nicht pauschal, sondern nur per Nachweis bzw. Einzelaufstellung zu berücksichtigen seien. Die Sache wurde an die Vorinstanz zurückverwiesen. Diese muss nun feststellen, ob und in welchem Umfang im Streitzeitraum Aufwendungen für durch die Behinderung veranlasste unvermeidbare Fahrten (zum Beispiel mit dem Kraftfahrzeug der Klägerin, mit dem öffentlichen Personennahverkehr oder mit einem Taxi) vorlagen. Streitjahr war das Jahr 2018.

Die Begründung:

Werden die behinderungsbedingten Mehraufwendungen nicht im Einzelnen nachgewiesen, sondern der maßgebliche Behinderten-Pauschbetrag angesetzt, können daneben nicht zusätzlich Aufwendungen angesetzt werden, die entweder bereits durch den Pauschbetrag für den Grundbedarf oder den Behinderten-Pauschbetrag abgegolten werden. Zusätzlich angesetzt werden kann allerdings ein behinderungsbedingter Sonderbedarf. Dazu müssen die Aufwendungen jedoch dem Grunde und der Höhe nach substantiiert dargelegt und glaubhaft gemacht werden und angemessen sein. Eine reine Fahrtkostenpauschale – hier in Höhe von 75 Euro pro Monat – kann nicht angesetzt werden.

Denkanstoß:

Im Streitjahr 2018 wurden behinderungsbedingte Fahrtkosten zwar im Rahmen einer Billigkeitsregelung der Finanzverwaltung berücksichtigt, es gab aber keine gesetzliche Pauschale. Diese ist erst im Jahr 2021 eingeführt worden (§ 33 Abs. 2a EStG). Menschen mit einem Grad der Behinderung ab 80 oder mit einem GdB ab 70 und dem Merkzeichen „G“ erhalten danach einen Pauschbetrag von 900 Euro. Menschen mit dem Merkzeichen „aG“, mit dem Merkzeichen „Bl“, mit dem Merkzeichen „TBl“ oder mit dem Merkzeichen „H“ erhalten einen Pauschbetrag von 4.500 Euro.

Das aktuelle BFH-Urteil kann wohl so interpretiert werden, dass der jeweilige Pauschbetrag seit 2021 auch bei der Prüfung des behinderungsbedingten Mehrbedarfs zu berücksichtigen ist, für davor liegende Zeiträume aber eine Einzelaufstellung der Aufwendungen vorzulegen ist.

Der BFH befasst sich in seinem Urteil daher ausführlich mit der Frage, ob die Familienkasse – gegebenenfalls im Rahmen einer Selbstbindung – die (gesetzlichen) Pauschalen auch bereits für die Jahre vor 2021 anwenden wollte. Allerdings verneint er eine Selbstbindung: „Aus A 19.4 Abs. 5 Satz 7 und dem Vorwort der Dienstanweisung zum Kindergeld nach dem Einkommensteuergesetz vom 17.09.2021 kann nicht abgeleitet werden, dass die Verwaltung sich selbst binden wollte, die Pauschalierungsregelung des § 33 Abs. 2a EStG bereits für die Veranlagungszeiträume 2017 bis 2020 als Schätzungsregelung anzuwenden.“ Und weiter: „Soweit das Bundeszentralamt für Steuern davon abgesehen hat, die unterschiedlichen Rechtsstände für die Jahre 2017 bis 2021 vollständig darzustellen, kann daraus nicht abgeleitet werden, dass die Verwaltung ihre Gesetzesbindung missachten wollte.“

Das paritätische Wechselmodell: Steuerrecht vs. Lebenswirklichkeit

Kompliziert, komplizierter, am kompliziertesten – so lässt sich das Regelwerk beschreiben, das der Gesetzgeber im Laufe der letzten Jahre rund um die steuerlichen Begünstigungen für Kinder geschaffen hat. Doch so kompliziert es auch ist: Immer noch hält es nicht mit allen Lebenswirklichkeiten Schritt, wie ein aktuelles Urteil des BFH beweist.

Es geht um die steuerlichen Begünstigungen rund um das so genannte paritätische Wechselmodell, bei dem ein Kind alleinerziehender Eltern zeitweise bei der Mutter und zeitweise beim Vater wohnt, also über zwei Haushaltszugehörigkeiten verfügt (BFH-Urteil vom 10.7.2024, III R 1/22) Weiterlesen

Gute Nachricht für Steuerzahler: Grundfreibetrag und Kinderfreibetrag werden rückwirkend zum 1.1.2024 angehoben

Der Bundestag hat am 18.10.2024 mit Rückwirkung auf den 1.1.2024 zur Sicherung des sächlichen Existenzminimums eine Anhebung der Steuerfreibeträge 2024 beschlossen. Zwar steht die Zustimmung des Bundesrates noch aus, diese gilt aber als sicher.

Hintergrund

Nach den der verfassungsrechtlichen Vorgaben des BVerfG muss das Existenzminimum je- derzeit steuerfrei gestellt werden. Deshalb legt nach einem Beschluss des Bundestages aus dem Jahr 1995 (BT-Beschluss v. 2.6.1995, BT-Drs. 13/1558 vom 31.5.1995) legt die Bundesregierung alle zwei Jahre einen Bericht über die Höhe des von der Einkommensteuer freizustellenden Existenzminimums von Erwachsenen und Kindern (Existenzminimumbericht) vor.

Auf dessen Basis müssen der Grundfreibetrag und der Kinderfreibetrag entsprechend angepasst werden. Der Ausgleich der kalten Progression ist sicherzustellen, damit die Inflation insbesondere auch den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern nicht die Lohnzuwächse auffrisst und ihnen netto ein angemessener Teil des Lohns verbleibt. Nachdem das sog. Bürgergeld zum 1.1.2024 angehoben wurde, muss jetzt auch ein entsprechender Ausgleich der kalten Progression für die Steuerzahler erfolgen. Dies soll für das laufende Jahr durch ein auf den 1.1.2024 rückwirkendes Steuergesetz, für die Zeit ab 1.1.2025 durch das sog. Steuerfortentwicklungsgesetz (StFeG, vorher: Zweites JStG 2024) erfolgen.

Steuerfreibeträge 2024 steigen rückwirkend

Rückwirkend für das Jahr 2024 wird der Grundfreibetrag in der Einkommensteuer um 180 Euro auf 11.784 Euro steigen und der steuerliche Kinderfreibetrag um 228 Euro auf 6.612 Euro. Den entsprechenden Gesetzentwurf der Bundesregierung (BT-Drs. 20/12783) hat der Finanzausschuss am 16.10.2024 gebilligt, der Bundestag ist am 18.10.2024 mehrheitlich dem Votum gefolgt.

Die lohnsteuerliche Berücksichtigung der weiteren steuerlichen Entlastung für 2024 erfolgt bei der Lohn-, Gehalts- bzw. Bezügeabrechnung für Dezember 2024 (Nachholung), für alle anderen Steuerpflichtigen im Rahmen der Steuerveranlagung für das Jahr 2024. Dem Gesetz muss zwar noch der Bundesrat im zweiten Umlauf zustimmen, die Zustimmung gilt aber als sicher.

Steuerfreibeträge 2025 und 2026 weiterhin offen

Ungeklärt ist derzeit unverändert, ob und in welchem Umfang auch die Grundfreibeträge und Kinderfreibeträge in 2025 und 2026 angehoben werden. Mit dem Regierungsentwurf sollen insbesondere die Tarifeckwerte bei der Einkommensteuer verschoben werden, damit nicht Lohn- und Gehaltszuwächse inflationsbedingt durch die Steuerprogression aufgezehrt werden. Der Entwurf des vom Kabinett am 16.10.2024 beschlossenen Steuerfortentwicklungsgesetzes (BT-Drs. 20/12778) mit den entsprechenden Regelungen stand jedoch am 16.10.2024 nicht mehr auf der Tagesordnung des BT-Finanzausschusses und war infolgedessen auch nicht am 18.10.2024 Gegenstand der BT-Beschlussfassung.

Hintergrund ist ein (neuer) koalitionsinterner Streit über das Entlastungsvolumen, das auf Vorschlag von BM Lindner als Ausgleich für die Inflation um rund 260 Millionen Euro höher ausfallen soll als ursprünglich vorgesehen. Die Kabinettsvorlage sieht hierbei eine Anhebung des Grundfreibetrags bei der Steuer 2025 um 312 Euro auf 12.096 Euro vor. Das sind zwölf Euro mehr als bisher geplant. 2026 soll der Grundfreibetrag auf 12.348 Euro steigen. Der Tarifverlauf würde damit insgesamt im Umfang der maßgeblichen Inflationsrate in Höhe von 2,6 Prozent verschoben. Der Einigungsdruck innerhalb der Koalition wächst, weil auch Teil der sog. Wachstumsinitiative eng mit den StFeG verknüpft sind.

Weitere Informationen
Heute im Bundestag (hib) 706/2024: Deutscher Bundestag – Höhere Steuerfreibeträge beschlossen

 

Extra-Steuerentlastung 2024: Ampelregierung plant Anhebung des Grund- und Kinderfreibetrags

Grundfreibetrag und Kinderfreibetrag bei der Einkommensteuer sollen nach Plänen der Bundesregierung 2024 stärker steigen als bisher geplant. Bei Umsetzung ist das eine gute Nachricht für alle Steuerzahler.

Hintergrund

Grundfreibetrag (§ 32 a EStG) und Kinderfreibetrag (§ 32 Abs.6 EStG) sollen sicherstellen, dass das Existenzminimum nicht besteuert wird (BVerfG v. 25.9.1992). Die Besteuerung soll nach dem Prinzip der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit erfolgen. Für 2023 wurde durch das Inflationsausgleichsgesetz der Grundfreibetrag um 561 Euro auf 10.908 Euro angehoben. Für 2024 ist eine weitere Anhebung um 696 Euro auf 11.604 Euro vorgesehen.

Die Freibeträge für Kinder (Kinderfreibetrag in Höhe von aktuell 6.024 Euro und Freibetrag für Betreuung, Erziehung oder Ausbildungsbedarf in Höhe von unverändert 2.928 Euro) betragen zusammen 8.952 Euro/Jahr. Die Freibeträge sollen nach bisherigen Plänen zum 1.1.2024 um weitere 360 Euro auf 9.312 Euro angehoben werden. Die bisherigen Leistungen sollen nach dem Entwurf eines Bundeskindergrundsicherungsgesetzes (BKG) ab 1.1.2025 durch eine einheitliche Kindergrundsicherung ersetzt werden.

Was ist Inhalt der neuen Entlastungspläne?

Nach den bekannt gewordenen Koalitionsplänen von Ende November 2023 soll der Grundfreibetrag bei der Einkommensteuer über das bisher geplante Maß hinaus angehoben werden, zudem ist ein höherer Kinderfreibetrag geplant. Weiterlesen

Kindergeld für Kinder mit Behinderung: Und wieder unterliegt die Familienkasse

Ist ein Kind wegen seiner Behinderung außerstande, sich selbst zu unterhalten, wird den Eltern Kindergeld über das 18. und auch über  25. Lebensjahr des Kindes hinaus gewährt. Voraussetzung ist, dass die Behinderung bereits vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetreten ist. Früher galt eine Altersgrenze von 27 Jahren.

Erst kürzlich habe ich in meinem Blog-Beitrag „Kindergeld für Kinder mit Behinderung: Abermals Schlappe für die Familienkasse“ ein aktuelles BFH-Urteil vorgestellt, in dem aufgezeigt wurde, dass einiges von dem, was die Familienkasse gerne als Bezug anrechnen möchte, anrechnungsfrei bleiben muss.

Nun wird das Thema um eine weitere Facette bereichert: Eine Grundrente, die das Opfer einer Gewalttat bezieht, ist nicht zu den Bezügen eines behinderten Kindes zu rechnen. Die Rente steht daher der Gewährung von Kindergeld nicht entgegen (BFH-Urteil vom 20.4.2023 III R 7/21). Weiterlesen

Kindergeld für Kinder mit Behinderung: Abermals Schlappe für die Familienkasse

Ist ein Kind wegen seiner Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten, wird den Eltern Kindergeld auch über das 25. Lebensjahr des Kindes hinaus gewährt. Voraussetzung ist, dass die Behinderung bereits vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetreten ist. Früher galt eine Altersgrenze von 27 Jahren. Im Jahre 2021 hat der BFH dargelegt, wie die Fähigkeit zum Selbstunterhalt rechnerisch zu ermitteln ist, also welche Einkünfte und Bezüge dem Kind als eigene Mittel für seinen Unterhalt zuzurechnen sind und welche Beträge abgezogen werden dürfen (BFH-Urteil vom 27.10.2021, III R 19/19). Insofern kann auf den Blog-Beitrag „Kindergeld für Kinder mit Behinderung: Wie der BFH den Selbstunterhalt prüft“ verwiesen werden.

Nun war der BFH wieder an der Reihe. Dieses Mal ging es um die Frage, ob die Einzahlung der Eltern in einen privaten Versicherungsvertrag, der dem Kind zugutekommt, für das Kindergeld schädlich ist. Besser gesagt: Es war zu entscheiden, ob die Rente, die das Kind aus dem Vertrag bezieht, in voller Höhe oder nur mit dem Ertragsanteil für die Beurteilung des Kindergeldanspruchs anzusetzen ist. Weiterlesen

Kinderfreibetrag kann bei Zusammenleben der Eltern nicht übertragen werden

Mutter und Vater eines Kindes steht der steuerliche Kinderfreibetrag grundsätzlich jeweils zur Hälfte zu. Bei alleinerziehenden Eltern kommt es aber seit Jahr und Tag zu Streitigkeiten darüber, ob der Kinderfreibetrag nicht doch dem betreuenden Elternteil in voller Höhe zusteht.

Grundsätzlich gilt hier, dass halbe Kinderfreibetrag (nur) dann von dem einen auf den anderen Elternteil übertragen werden kann, wenn der barunterhaltspflichtige Elternteil seiner Unterhaltsverpflichtung nicht im Wesentlichen nachkommt oder mangels Leistungsfähigkeit nicht unterhaltspflichtig ist. Dementsprechend gehen Streitigkeiten mit dem Finanzamt bezüglich der Übertragung von Kinderfreibeträgen in aller Regel auch generell mit Streitigkeiten um den Unterhalt einher.

Ganz anders in einem Fall, den der BFH nun entscheiden musste. Hier leben – die nicht miteinander verheirateten – Elternteile offenbar sehr zufrieden mit ihren Kindern zusammen, sie wollten aber dennoch die Übertragung der Kinderfreibeträge erreichen. Allerdings scheiterten sie mit ihrem Begehren beim BFH (Urteil vom 15.12.2021, III R 24/20). Weiterlesen

Kindergeld für Kinder mit Behinderung: Wie der BFH den Selbstunterhalt prüft

Ist ein Kind wegen seiner Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten, wird den Eltern Kindergeld auch über das 25. Lebensjahr des Kindes hinaus gewährt. Voraussetzung ist, dass die Behinderung bereits vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetreten ist. Früher galt eine Altersgrenze von 27 Jahren. Menschen, deren Behinderung bereits im Kindesalter eingetreten ist, haben es im Arbeitsleben generell nicht leicht, doch vielen gelingt es durchaus, einen erfüllenden und auch vernünftig bezahlten Job zu erlangen.

Was bleibt, ist dennoch ein behinderungsbedingter Mehrbedarf, der von den Sozialträgern vielfach nicht oder zumindest nicht vollständig übernommen wird. Und so ist – für die Frage der Kindergeldberechtigung – zu prüfen, ob die Einkünfte und Bezüge nach Abzug der Aufwendungen eine ausreichende Leistungsfähigkeit des Kindes gewährleisten oder eben nicht. Weiterlesen

Übertragung des Betreuungsfreibetrages: Der Rechtsanwender ist verwirrt

Bei getrennt lebenden Eltern stellt sich häufig die Frage, welchem Elternteil der Kinderfreibetrag und der Freibetrag für Betreuung, Erziehung und Ausbildung (kurz: Betreuungsfreibetrag oder BEA-Freibetrag) zustehen. Grundsätzlich stehen die Freibeträge zwar beiden Elternteile zur Hälfte zu. Doch der halbe Kinderfreibetrag kann auf Antrag übertragen werden, wenn der barunterhaltspflichtige Elternteil seiner Unterhaltsverpflichtung nicht im Wesentlichen nachkommt oder mangels Leistungsfähigkeit nicht unterhaltspflichtig ist.

Die bisherige Verwaltungspraxis sah vor, dass bei minderjährigen und volljährigen Kindern der Betreuungsfreibetrag der Übertragung des Kinderfreibetrags folgt. Dieser Grundsatz ergab sich nach Auffassung der Verwaltung aus § 32 Absatz 6 Satz 6 EStG. Der BFH hat jedoch mit Urteilen vom 22.4.2020 (III R 61/18 und III R 25/19) entschieden, dass der dem anderen Elternteil zustehende BEA-Freibetrag nach Volljährigkeit des Kindes auch im Fall der Verletzung der Unterhaltsverpflichtung nicht auf den alleinerziehenden Elternteil übertragen werden kann. Dadurch erhält ein seiner Unterhaltsverpflichtung nicht nachkommender Elternteil den halben BEA-Freibetrag, obwohl er nicht mit Unterhaltsaufwand belastet ist. Infolge dieser Rechtsprechung wird einem alleinerziehenden Elternteil der halbe BEA-Freibetrag für das volljährige Kind verwehrt, obwohl er die Unterhaltslasten des Kindes alleine trägt.

Mit einer Ergänzung des § 32 Absatz 6 Satz 6 EStG ist dann aber geregelt worden, dass mit Wirkung ab Veranlagungszeitraum 2021 die Übertragung des Kinderfreibetrags stets auch zur Übertragung des BEA-Freibetrages führt („Abzugsteuerentlastungsmodernisierungsgesetz“).

Bis hierhin ist es schon recht kompliziert, doch immerhin kann ich dem Gesetzgeber noch folgen. Bei dem nun folgenden Punkt bin ich selbst allerdings etwas verwirrt. Weiterlesen

Kindergeldanspruch für erwachsenes Kind mit Asperger-Syndrom

Eltern erhalten das Kindergeld für ein behindertes Kind ohne Altersbegrenzung, also über das 18. Lebensjahr hinaus, wenn dieses wegen seiner Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten. Voraussetzung ist, dass die Behinderung bereits vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetreten ist.

Auch wenn jeder Fall natürlich anders liegt und für sich zu beurteilen ist, so soll nachfolgend aber dennoch ein positives Urteil des FG Hamburg vorgestellt werden, da es für viele Eltern von Bedeutung sein kann: Nach Auffassung des FG Hamburg kann das Asperger-Syndrom erheblich mitursächlich dafür sein, dass dein Kind außerstande ist, sich selbst zu unterhalten (Urteil vom 12.11.2020, 6 K 314/19). Weiterlesen