Bayern hat eine Aussetzung der einrichtungsbezogenen Impfpflicht angekündigt. Ist das ein fatales Signal, gar ein Rechtsbruch oder sollten andere Bundesländer diesem Schritt folgen? Eine Positionsbestimmung.
Worum geht es?
Seit geraumer Zeit ringt Deutschland um die Einführung einer Corona-Impfpflicht. Bereits am 18.11.2021 hat die MPK beschlossen: „Die Länder halten es für erforderlich, dass einrichtungsbezogen alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Krankenhäusern und Einrichtungen der Eingliederungshilfe sowie in Alten- und Pflegeheimen und bei mobilen Pflegediensten bei Kontakt zu vulnerablen Personen verpflichtet werden, sich gegen das Coronavirus impfen zu lassen. Die Länder bitten den Bund, dies schnellstmöglich umzusetzen.” Das entsprechende Gesetz zur Stärkung der COVID-19-Impfprävention (v. 10.12.2021, BGBl 2021 I S. 5162) ist am 12.12.2021 in Kraft getreten. Ab 15.3.2022 sieht es für Beschäftigte in Kliniken oder Pflegebereich den Nachweis vor, dass sie geimpft oder genesen sind. Kann der Nachweis nicht erbracht werden, können die Gesundheitsbehörden Tätigkeitsverbote aussprechen. Die neue Regelung nach § 20a IfSG ist bis zum 31.12.2022 befristet.
Bayern hat jetzt „großzügige Übergangsregelungen“ angekündigt, was „de facto zunächst mal auf ein Aussetzen des Vollzugs hinausläuft.“ Die einrichtungsbezogene Impfpflicht zum 15.3.2022 sei „kein wirksames Mittel mehr, um die jetzige Omikron-Welle zu begleiten oder zu dämpfen oder zu stoppen.“ Geht das so einfach?
Wie ist die rechtliche Situation?
Die einrichtungsbezogene Impfpflicht für Gesundheits- und Pflegepersonal in § 20a IfSG ist geltendes Recht. Sie ist als „mittelbare Impfpflicht zu qualifizieren, da das Gesetz zwar an das Vorhandensein der Schutzimpfung anknüpft, die Schutzimpfung selbst aber nicht durchsetzen kann. Das Unterlassen der Impfung ohne Genesenen- oder Impfnachweis kann weitreichende berufliche Einschränkungen zur Folge haben. Das BVerfG (v.10.2.2022 – 1 BvR 2649/21) hat diese Regelung wenigstens vorläufig bestätigt und es nach einer Folgenabwägung der Nachteile für vulnerable Bevölkerungsgruppen abgelehnt, den Vollzug einstweilen auszusetzen.
Pacta sunt servanda (Verträge sind einzuhalten) heißt es im Privatrecht und nichts anderes gilt bei Gesetzen. Nach dem Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG sind Exekutive und Rechtsprechung an „Recht und Gesetz“ gebunden. Die Einfügung von § 20a IfSG ist in einem ordnungsgemäßen Verfahren vom Bundestag am 10.1.2021 beschlossen worden, der Bundesrat hat zugestimmt – auch Bayern. Soll jetzt in Bayern das Gesetz nicht mehr eingehalten werden? Muss Bayern gar mit Bundeszwang (Art.37 Abs. 1 GG) dazu angehalten werden, seine Bundespflichten nach dem IfSG zu erfüllen?
Der bayerische Sonderweg: Vorbild für andere Länder?
Zugegeben: Viele Fragen der Umsetzung der einrichtungsbezogenen Impfpflicht sind noch offen, die wichtigsten hat das Bundesgesundheitsministerium in FAQ zu beantworten versucht. Weiterlesen →