Erdbeben am Immobilienmarkt: Droht Immobilienkonzernen Zoff mit der BaFin bei der Bewertung?

Prüfungsschwerpunkt des beizulegenden Zeitwerts von Investment Properties der ESMA

Der aktuelle Zeitwert von Immobilien, die als Finanzinvestitionen gehalten werden. Steigende Zinsen hatten bei Immobilienkonzernen mit einem IFRS-Abschluss teilweise für sehr hohe Wertkorrekturen gesorgt. Und wir sind erst am Anfang der Zinswende. 2021 hatten viele Konzerne in ihren IFRS-Abschlüssen noch Wertsteigerungen ausgewiesen.

Das Thema Zeitwert von Investment Properties, wie sie im Fachjargon genannt werden, beschäftigt nun auch die ESMA. Bei der Veröffentlichung der Prüfungsschwerpunkte möchte die europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde aufgrund der aktuellen makroökonomischen Situation diese im nächsten Jahr besonders unter die Lupe nehmen. Rollt hier im nächsten Jahr eine Welle von Fehlerfeststellungen auf uns zu, wenn die Bafin hier vermehrt Prüfungen von Immobilienkonzernen durchführen wird?

Warum und wie die ESMA den Zeitwert überprüfen möchte

Änderungen des beizulegenden Zeitwerts (Fair Value) können erhebliche Auswirkungen auf die Finanzlage eines Unternehmens haben. Dies nennt die ESMA als Hauptgrund dafür, warum die Bewertung der Investment Properties zum Fair Value genauer geprüft werden soll. Ferner erwartet die ESMA aufgrund des aktuellen makroökonomischen Umfeldes wie beispielsweise den hohen Zinsen Auswirkungen auf den Fair Value und die Angaben diesbezüglich in den Abschlüssen.

Die Unsicherheit bei der Bewertung von Investment Properties zum beizulegenden Zeitwert liegt mitunter daran, dass die Anzahl an Transaktionen zurückgegangen ist und daher möglicherweise nur wenige Informationen über vergleichbare Transaktionen vorliegen. Zudem wäre nach Ansicht der ESMA denkbar, dass die in der Vergangenheit vereinbarten Preise nicht die makroökonomischen Bedingungen am Ende des Berichtszeitraums widerspiegeln.

Die Unternehmen werden daher aufgefordert, unter Umständen zusätzliche Bewertungsmethoden anzuwenden. Damit soll erreicht werden, dass der ermittelte Wert innerhalb einer angemessenen Bandbreite von Werten liegt.

Die ESMA erwartet, dass Unternehmen detaillierte Informationen über die Bewertung aufbewahren. Darüber hinaus soll erläutert werden, wie die wesentlichen Inputs wie beispielsweise der Kapitalisierungszinssatz ermittelt wurde. Alle wesentlichen Änderungen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum sowie die Gründe dafür sollen erläutert werden. Separat hervorgehoben wurde an dieser Stelle auch die Berücksichtigung von Klimafragen bei der Bewertung von Investment Properties.

Welche Welle rollt im nächsten Jahr auf uns zu?

Das ist eine gute Frage. Denn bei Bewertungen lässt sich bekanntlich streiten – über den ausgenutzten Ermessensspielraum der Unternehmen. Das ist insoweit nichts Besonderes. Doch im Fall der Immobilienkonzerne geht es um das wesentliche Vermögen in der Bilanz: Den Investment Properties. Minimale Abweichungen von zugrunde gelegten Annahmen können hier schon deutliche Abweichungen aufzeigen.

Dazu kommt das große Erdbeben, das derzeit über die Immobilienbranche rollt. Die Lage ist derzeit sicherlich alles andere als einfach: Hohe Baukosten, steigende Refinanzierungskosten, zunehmende Notwendigkeit energetischer Sanierungen bei gleichzeitig stagnierenden oder sinkenden Immobilienpreisen. Hinzu kommt die Insolvenz von Projektentwicklern, aktuelle Problemfälle wie Adler Immobilien und die Signa…

Die guten Zeiten für Immobilienkonzerne scheinen zu Ende zu sein. Zumindest die Party mit steigenden Preisen und Geld, das nichts kostet. Doch gerade in dieser Zeit ist es umso wichtiger, den Fokus auf die Bewertung der Immobilien zu legen. Gerade für IFRS-Abschlüsse. Bei vielen Immobilienkonzernen ist auch nicht die Liquidität in Massen geflossen, sondern die teilweise hohen Gewinne wurden aufgrund der Wertsteigerungen der Immobilien erzielt. Der Markt hat sich hier nun komplett gedreht: Anstatt von Gewinnen dank Wertsteigerungen, ist nun der Ausweis teilweise hoher Verluste aufgrund von Wertverringerungen die neue Normalität. Mit den Wertsteigerungen konnten in der Vergangenheit auch keine Kredite bedient werden, das geht nur mit liquiden Mitteln.

Das zeigt wieder einmal sehr deutlich: Gewinn ist Ansichtssache, Cashflow Tatsache. Es wird sich zeigen, welche Prüfungsankündigungen und Fehlerfeststellungen die Bafin zum Thema Investment Properties im nächsten Jahr veröffentlichen wird.

Weitere Informationen:

 

Update Adler Immobilien: Adler verbrennt immer mehr Geld

Eine kurze Analyse der Halbjahreszahlen

Ende August hat Adler die Halbjahreszahlen für das erste Halbjahr 2023 veröffentlicht. Die Ergebnisse sind für Adler-Beobachter sicherlich wenig überraschend: Adler verbrennt immer mehr Geld, die Immobilien mussten deutlich nach unten korrigiert werden und der Immobilien-Konzern weist für das erste Halbjahr einen Verlust in Höhe von einer Milliarde Euro aus.

Bald geht es auf den Jahresendspurt zu und noch immer sucht Adler einen Abschlussprüfer. Inzwischen wurden auch die Fristen für die Veröffentlichung des geprüften Abschlusses für das Jahr 2022 großzügig in die Zukunft verschoben: Auf Ende September 2024. Kein Wunder, dass Adler immer noch einen Prüfer sucht. Das Unternehmen ist sicherlich für jeden Abschlussprüfer ein Horror-Mandat.

Ein Blick auf die Zahlen von Adler

Durch die Immobilienverkäufe der Vergangenheit sind die Umsatzerlöse im ersten Halbjahr weiter gesunken. Sie liegen inzwischen bei lediglich 193 Mio. € und damit knapp 20 % unter dem Wert des Vorjahreszeitraumes.

Zur besseren Einordnung der Umsatzerlöse hier ein paar Vergleiche: Weiterlesen

Gewinn oder Verlust? – Wie Benko sein Immobilienimperium den Banken präsentiert

Im letzten Jahr sorgte der österreichische Unternehmer René Benko in Deutschland mit der Forderung nach Staatshilfen für Galeria Karstadt Kaufhof für Schlagzeilen. Nun weist eine seine Immobilien-Gesellschaft Signa Prime für das letzte Jahr einen hohen Verlust aus. Aus einer Präsentation für Banken, die dem Handelsblatt vorliegt, geht noch einiges andere hervor.

Ein Blick in die Zahlen des Immobilienriesen

Ende Juli hat das Handelsblatt von einer hohen Wertberichtigung der Signa Prime, einer Immobiliengesellschaft von René Benko berichtet. Die Neubewertung der Immobilien führte schlussendlich auch zu einem Nettoverlust in Höhe von 1 Mrd. €. Laut der Unterlagen, die dem Handelsblatt vorliegen, wurde das Immobilienimperium um 1,2 Mrd. € niedriger angesetzt. Damit wurde das Portfolio um sechs Prozent abgewertet, den es wird laut dem Handelsblatt auf 20,4 Mrd. € beziffert.

Doch das ist noch nicht alles: Das Handelsblatt berichtet über stille Reserven des Immobilienportfolios, die nach den Unterlagen zufolge bei Signa Prime zu einem Nettogewinn in Höhe von 90 Mio. € geführt hätten.

Trotz des Verlustes ist das Eigenkapital mit 6,8 Mrd. € stabil geblieben, denn im August 2022 konnte eine Kapitalerhöhung in Höhe von 750 Mio. € platziert werden. So heißt es nach dem Handelsblatt in Signa-Kreisen.

Eine kurze Stellungnahme

Was mir beim Lesen des Artikels im Handelsblatt auffällt? Weiterlesen

Ende der Immobilienparty – wie die Zinswende die Bilanzen von Immobilienkonzernen zusammenschrumpfen lässt

„Leg muss Wohnungsbestand abwerten.“ – „Vonovia schreibt rote Zahlen und verkauft Immobilien.“  – „Schuldenschnitt soll Corestate retten.“

Schlagzeilen wie diese liest man nun immer häufiger. Ist dies überraschend? Absolut nicht. Die Immobilienparty ist nun zu Ende. Das wollte lange Zeit niemand hören, denn schließlich haben viele an den immer weiter steigenden Preisen kräftig mitverdient. Die drastische Zinswende sorgt nunmehr dafür, dass immer mehr über sinkende Immobilienpreise berichtet wird. Schockstarre, Erdbeben – diese Begriffe habe ich in den letzten Wochen in Gesprächen, u.a. auch mit Vorständen börsennotierter Immobilienkonzerne immer häufiger gehört.

Wie ist es soweit gekommen? Welche Risiken drohen uns? Schauen wir uns diese Fragen etwas genauer an. Weiterlesen

BGH kassiert Reservierungsgebühr in Makler-AGB

Immobilienmakler dürfen nicht im Wege allgemeiner Geschäftsbedingungen (AGB) Gebühren dafür kassieren, dass sie ein Immobilienobjekt für einen Interessenten reservieren, das Geschäft aber nicht zustande kommt. Das hat der BGH ganz aktuell entschieden (BGH v. 20.4.2023 – I ZR 113/22). Was bedeutet das für Käufer von Immobilien?

Worum ging es im Streitfall?

Die Kläger beabsichtigten den Kauf eines von der Beklagten als Immobilienmaklerin nachgewiesenen Grundstücks mit Einfamilienhaus. Die Parteien schlossen einen Maklervertrag und im Nachgang dazu einen Reservierungsvertrag, mit dem sich die Beklagte verpflichtete, das Grundstück gegen Zahlung einer Reservierungsgebühr bis zu einem festgelegten Datum exklusiv für die Kläger vorzuhalten. Die Kläger nahmen vom Kauf Abstand und verlangten vom Makler die Rückzahlung der gezahlten Reservierungsgebühr. Amts- und Landgericht haben die Klage abgewiesen. Im Revisionsverfahren bekamen die Kläger aber Recht: Die Reservierungsgebühr muss zurückgezahlt werden.

Wie hat der BGH entschieden?

Der BGH (v. 20.4.2023 – I ZR 113/22) hat jetzt entschieden, dass die in AGB vereinbarte Verpflichtung eines Maklerkunden zur Zahlung einer Reservierungsgebühr unwirksam ist. Es liege im Streitfall keine eigenständige Vereinbarung mit nicht nach den §§ 307 ff. BGB kontrollfähigen Hauptleistungspflichten vor, sondern eine den Maklervertrag ergänzende Regelung. Es spielt keine Rolle, dass der Reservierungsvertrag in Form eines gesonderten Vertragsdokuments geschlossen wurde und später als der Maklervertrag zustande kam. Der Reservierungsvertrag benachteiligt die Maklerkunden im Sinne von § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unangemessen und ist daher unwirksam, weil die Rückzahlung der Reservierungsgebühr ausnahmslos ausgeschlossen ist und sich aus dem Reservierungsvertrag weder für die Kunden nennenswerte Vorteile ergeben noch seitens des Immobilienmaklers eine geldwerte Gegenleistung zu erbringen ist. Weiterlesen

Adler Group: Umsatzerlöse geringer als Wertverlust der Immobilien

Adler hat den ungeprüften Abschluss für 2022 mit Verlust in Höhe von 1,7 Mrd. € veröffentlicht

Endlich ist er da: Der Abschluss der Adler Group für das vergangene Geschäftsjahr. Adler kommentiert dies wie folgt in der Pressemeldung vom 25. April: „Wohnungsportfolio der Adler Group erweist sich in schwierigem Geschäftsjahr 2022 als robust.“  Also alles in Butter? Absolut nicht. Auch bei einem Weltuntergang könnte Adler noch eine positive Pressemitteilung veröffentlichen. Ein Lichtschimmer finden sie immer.

Ein Blick in den Geschäftsbericht

Interessante Überschrift der neuesten Pressemitteilung, denn ein Blick in den Geschäftsbericht erweckt bei mir doch einen ganz anderen Eindruck. Zunächst ein paar Fakten zur Ertragslage: Weiterlesen

Serie Bilanzskandale: Hauptversammlung der Adler Group liefert mehr Fragen als Antworten

20 Minuten und 20 Sekunden. So lange dauerte die Hauptversammlung der Adler Group letzte Woche. Und dass, obwohl sich die Ad-hoc-Meldungen seit Fristende der Einreichung von Fragen abgelaufen war: Einleitung eines Squeeze-out, Einleitung einer Prüfung durch die Bafin – um einige wichtige zu nennen. Vorgestellt wurden die Zahlen des nicht testierten Abschlusses. Das KPMG das Testat verweigert hat, wurde aus meiner Sicht als „Nebensache“ dargestellt. Für 2022 wird schließlich ein uneingeschränktes Testat angestrebt, wie der Verwaltungsratsvorsitzende Kirsten in den letzten Wochen mehrfach betont hat.

Kein Interesse an Austausch mit Aktionären auf der Hauptversammlung

Das Beispiel der Adler Group zeigt leider auch sehr gut, wie die Aktionärsrechte eingeschränkt werden können. Weiterlesen

Der Veranlassungszusammenhang entscheidet, oder etwa nicht?

Sowohl Finanzverwaltung als auch Finanzgerichte argumentieren regelmäßig darüber, dass der Veranlassungszusammenhang entscheidet, wie Aufwendungen steuerlich berücksichtigt werden.

Vor diesem Hintergrund ist ein Steuerpflichtiger auf eine sehr interessante Idee im Zusammenhang mit der Herstellung einer Immobilie gekommen. Regelmäßiges Streitthema ist hier immer wieder die Aufteilung zwischen nur über die Abschreibung zu berücksichtigende Herstellungskosten und gegebenenfalls sofort abzugsfähigen Werbungskosten. Es muss nicht extra erwähnt werden, dass die steuerliche Auswirkung enorm sein kann. Der Fiskus achtet daher sehr genau darauf, welche Aufwendungen mit der Herstellung (alternativ mit der Anschaffung) zusammenhängen.

Im vorliegenden Fall forderte die finanzierende Bank im Rahmen der Immobilienherstellung eine qualifizierte baufachliche Betreuung. Weiterlesen

Erbschaft und Schenkung von Immobilien: BFH stellt strenge Anforderungen an Gutachter

Wer den pauschalierten Bedarfswert einer Immobilie für Erbschaft- oder Schenkungsteuerzwecke als zu hoch erachtet, kommt um ein Gutachten nicht herum, auch wenn dieses teuer ist. Finanzverwaltung und Gerichtsbarkeit legen dabei Wert auf die „methodische Qualität“ des Gutachtens (vgl. BFH-Urteil vom 24.10.2017, II R 40/15) und nicht selten werden die Gutachten verworfen. Gefälligkeitsgutachten kann man sich gleich sparen.

Doch spätestens jetzt darf wohl davon ausgegangen werden, dass ein Gutachten ausschließlich dann anerkannt wird, wenn es entweder durch den örtlich zuständigen Gutachterausschuss oder einen öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für die Bewertung von Grundstücken erstellt worden ist, denn der BFH hat seine bereits früher geäußerte Auffassung noch einmal bestätigt (Urteil vom 5.12.2019, II R 9/18). Weiterlesen

Kann der AfA-Zeitraum für Gebäude verlängert werden?

Man kennt das ja: Die Gebäudeabschreibung mit üblicherweise nur 2 oder 3 Prozent ist den meisten Immobilienbesitzern zu gering und so wird zumindest hin und wieder versucht, einen kürzeren AfA-Zeitraum „durchzusetzen“ (was aber nicht allzu oft gelingt). Dass hingegen ein längerer Abschreibungszeitraum – und damit eine niedrigere AfA – als gesetzlich vorgesehen gewünscht werden, ist eher selten anzutreffen, kann aber Sinn machen, wenn ansonsten die Gefahr bestünde, dass Verluste wegen unterstellter Liebhaberei nicht abgezogen werden dürfen – so auch in einem Fall, über den der BFH im Rahmen einer Nichtzulassungsbeschwerde zu entscheiden hatte. Weiterlesen