Aufreger des Monats: Kein Interessenkonflikt bei Teilnahme einer Gemeinde an Betriebsprüfungen

Angenommen, ein Geschäftspartner, mit dem Sie gerade in Verhandlungen stehen, möchte Einblick in Ihre Kalkulationen und Verträge mit Konkurrenten nehmen. Wahrscheinlich würden Sie ein solches Begehren als schlechten Aprilscherz werten. Was aber, wenn der Geschäftspartner die Gemeinde ist, in der Sie ansässig sind? Auch der Gemeinde würden Sie keinen Einblick in Ihre Geschäftsunterlagen gewähren.

Wenn nun aber die Gemeinde auf ihr Recht pocht, das ihr in § 21 FVG gesetzlich zusteht, wird die Sache kompliziert. Denn nach § 21 Abs. 1 und 3 FVG darf sie an einer Betriebsprüfung des Finanzamts teilnehmen. Und dabei wird zumindest ein Bediensteter der Gemeinde ebenjene Unterlagen sichten, die Sie ihm nie und nimmer zeigen möchten. Ist dann dennoch eine Teilnahme des Gemeindebediensteten an der Betriebsprüfung des Finanzamts zulässig? Nein, sagt das FG Düsseldorf (Urteil vom 23.6.2021, 7 K 656/18 AO). Ja, sagt der BFH (Urteil vom 20.10.2022, III R 25/21). Für mich ist das der Aufreger des Monats.

Im zugrundeliegenden Fall unterhielt das zu prüfende Unternehmen mit der Stadt und deren Tochtergesellschaften Vertragsbeziehungen. In einem solchen Fall bestehe die Gefahr, dass der Gemeindebedienstete durch die Prüfung Einblicke in sensible Daten des Unternehmens wie etwa Kalkulationsgrundlagen und weitere Vertragsbeziehungen erhalte – so die Richter der Vorinstanz. Stehen sich Gemeinde und Steuerpflichtiger auch als Vertragspartner gegenüber und bestehe die Möglichkeit, dass Vertrags- oder Kalkulationsgrundlagen bei dem Steuerpflichtigen vorliegen, die auch für die Festsetzung der Gewerbesteuer relevant sind (z.B. durch Auswirkung auf den Gewerbeertrag) und damit grundsätzlich vom Einsichtsrecht des Gemeindebediensteten umfasst sind, so sei das Steuergeheimnis höher zu bewerten als das Einsichtsrecht der Gemeinde.

Der BFH sieht die Sache anders, zumindest differenzierter, und hat wie folgt geurteilt: Weiterlesen

Interessenkonflikt bei Teilnahme einer Gemeinde an Betriebsprüfungen

Stellen Sie sich vor, ein Geschäftspartner bittet Sie darum, Einblick in Ihre gesamten Unterlagen, also auch in Ihre Kalkulationen und Verträge mit Konkurrenten Einblick nehmen zu dürfen. Sicherlich würden Sie dem Geschäftspartner höflich, aber bestimmt zu erkennen geben, dass sie seinem Anliegen nicht nachkommen können. Was aber, wenn der Geschäftspartner die Gemeinde ist, in der Sie ansässig sind? Auch der Gemeinde würden Sie keinen Einblick in Ihre Geschäftsunterlagen gewähren.

Wenn nun aber die Gemeinde auf ihr Recht pocht, das ihr in § 21 FVG gesetzlich zusteht, wird die Sache kompliziert. Weiterlesen

Teilnahme einer Gemeinde an Außenprüfung des Finanzamts

In meinem Blog-Beitrag „Gemeinden misstrauen dem Fiskus – Schilda lässt grüßen“ habe ich darauf hingewiesen, dass die Stadt Dormagen plant, einen Betriebsprüfer einzustellen, der die Außenprüfungen des Finanzamtes bei Großunternehmen begleitet. Vorbild sollen drei Städte in der Region sein, die bereits so verfahren würden. Aufgrund der positiven Erfahrungen sei der Mehraufwand bei den Personalkosten in Höhe von rund 100.000 Euro im Jahr gerechtfertigt. Im Fokus habe die Stadt Großunternehmen, „die den steuerrechtlichen Rahmen weitestgehend ausschöpfen.” Die Stadt erwarte sich durch die Prüfungsbegleitung jedenfalls Mehreinnahmen. Ob die Einstellung des Prüfers in Dormagen tatsächlich erfolgt ist, kann ich nicht beurteilen. Jedenfalls würde Dormagen – wie alle anderen Gemeinden Deutschlands – nun Rückenwind durch den BFH erhalten. Weiterlesen

Gemeinden misstrauen dem Fiskus – Schilda lässt grüßen

Gestern habe ich einen Blog-Beitrag mit dem Titel „Gebäude in Sanierungsgebieten: Fiskus misstraut den Gemeinden“ veröffentlicht. Es geht darum, dass die Finanzämter im Hinblick auf die erhöhten Abschreibungen nach § 7h EStG wieder ein eigenes Prüfungsrecht erhalten sollen. Der Fiskus misstraut hier den Gemeinden, deren Bescheinigung nach § 177 BauGB einen Grundlagenbescheid darstellt, der nach bisheriger Rechtslage nicht angezweifelt werden darf.

Mein Fazit dazu: „Es ist eine Bankrotterklärung, wenn der Gesetzgeber erklärt, dass die eine Verwaltung das Handeln einer anderen Verwaltung kontrollieren muss, weil die Verwaltung Nr. 1 in der Vergangenheit zu oft schlampig gearbeitet hat.“ Doch nun gibt es einen Schildbürgerstreich erster Güte, der genau umgekehrt wirkt: Die Gemeinden wollen ihrerseits die Finanzämter überprüfen! Sie glauben es nicht? Dann kennen Sie den Bürgermeister der Stadt Dormagen schlecht.

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