Verständlicherweise sind Anträge auf Verschiebung von gerichtlichen Terminen bei den Richtern nicht gerne gesehen und die Beteiligten sollten ihre übrigen Belange möglichst so einrichten, dass die Termine stattfinden können. Doch alles hat seine Grenzen. Und aktuell hat der BFH einem Vorsitzenden Richter des FG Münster in scharfer Art und Weise zu erkennen gegeben, dass dessen eigene Terminplanung nicht höher zu werten ist als das ehrenamtliche Engagement für Menschen mit Behinderungen (Beschluss vom 10.3.2020, VII B 206/18). Weiterlesen
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Finanzgericht darf nicht gegen Akteninhalte verstoßen
Grundsätzlich entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. So geregelt in § 96 Abs. 1 FGO.
Auch wenn das Gericht dabei aus freier Überzeugung entscheiden darf, muss es das Gesamtergebnis des Verfahrens, also sämtliche Details, dabei berücksichtigen. Weiterlesen
Sieg beim Verfassungsgericht – trotzdem Kostentragung des BFH-Prozesses
Es gibt immer wieder Urteile, die zwar wohl Recht und Gesetz entsprechen, bei denen das gesunde Rechtsempfinden aber dennoch gestört ist. Dazu gehört meines Erachtens das aktuelle Urteil des BFH vom 16.5.2018 (II R 16/13), in dem es heißt: „Der Kläger, dessen Revision zurückgewiesen wird, hat die Kosten des Revisionsverfahrens auch zu tragen, wenn der angefochtene Verwaltungsakt auf Vorschriften beruht, die zwar verfassungswidrig sind, deren Anwendung im Streitfall aber aufgrund einer entsprechenden Anordnung des BVerfG zulässig ist.“
Aufreger des Monats Mai: „Erstattung von Kosten für ein Privatgutachten im FG-Prozess?“
Wer meine Blog-Beiträge regelmäßig liest, weiß, dass ich unter der Rubrik „Aufreger des Monats“ häufiger FG-Urteile kritisiere. Mir geht es nicht in erster Linie um die Entscheidungen als solche, sondern vielmehr um ihr „Zustandekommen“. Da werden Beweisanträge abgeschmettert, einschlägige andere Entscheidungen ignoriert, Revisionen nicht zugelassen oder schlafende Richter „geschützt.“
Auch heute möchte ich eine Entscheidung vorstellen, die in der Sache wohl korrekt ist, bei dem mich die Wortwahl aber ärgert. Es geht um die Frage, ob Kosten für ein Privatgutachten im FG-Prozess erstattungsfähig sind (FG Hamburg, Beschluss vom 22.1.2018, 4 K 84/17). Um es vorweg zu nehmen: Sie können nur ganz ausnahmsweise erstattet werden. Hier aber einige Passagen aus dem Beschluss:
Liegt die NZB-Bearbeitung im Belieben des BFH?
Hat ein Finanzgericht die Revision gegen ein Urteil nicht zugelassen, so kann dagegen die so genannte Nichtzulassungsbeschwerde (NZB) beim BFH eingelegt werden. Dieser wiederum kann der NZB stattgeben und somit das Verfahren als Revisionsverfahren fortführen, wenn die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO vorliegen. Dies ist der Fall, wenn
- die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
- die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des BFH erfordert oder
- ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann.
Die genannten Voraussetzungen lassen sich nicht nur dem Gesetz, sondern auch der Homepage des BFH entnehmen. Offenbar fehlt hier aber ein weiterer Zulassungsgrund, nämlich die jeweilige Auslastung des BFH.
Ein Finanzrichter schläft niemals!
Lange Verhandlungen – sei es in der Politik, in der Wirtschaft oder bei Gericht – können ermüdend sein. Ich nehme an, dass 99,9 Prozent der Leser der Auffassung sind, dass sie bei großer Müdigkeit nicht mehr zu Top-Leistungen imstande sind. Nun wissen wir aber, dass der Berufsstand des Politikers von derartig menschlichen Regungen ausgenommen ist. Auch nach einem 20-stündigen Verhandlungsmarathon ist er in der Lage, Entscheidungen zu treffen, die unser Land in den kommenden vier Jahren maßgeblich beeinflussen werden. Aber nicht nur Politiker gehören zu der seltenen Spezies, die über den Schlaf erhaben ist. Auch (Finanz-)Richter sind gegen Müdigkeitsanfälle immun und jederzeit in der Lage, auch noch so langen (langweiligen) Verhandlungen zu folgen.
Mein sehr geschätzter Autorenkollege Peter Kauth hat kürzlich in einem Editorial sehr anschaulich herausgearbeitet, dass es kaum gelingen wird, ein Urteil anzufechten, das trotz eines schlafenden Richters zustande gekommen ist.
Bauchlandung der Bargeldretter
Anfang vergangenen Jahres berichtete ich über die Bargeldretter. Dabei ging es um die Barzahlung beim Finanzamt in dem Versuch, wegen der generellen Bargeldablehnung der Behörden eine zinslose Stundung zu erwirken. Nun hat das Hessische Finanzgericht einen Präzedenzfall geschaffen. Weiterlesen
Jahresrückblick 2015 – Ärger und Freude!?
Die Redaktion bat mich, doch über das zu schreiben, was uns ärgert, freut oder zum Schmunzeln bringt im vergangenen Steuerjahr. Meine Frau hat mir beigebracht, dass man über das, worüber man sich ärgert, selbst bestimmt. Nun bin ich auch noch in der komfortablen Lage, den „Unsinn“ des Steuerrechtes nicht mehr in einer aktiven Kanzlei ausbaden zu müssen. Also Ärger nein, Wutbürger ja.
BFH pfeift Schätzung des Prüfers und deren Duldung durch das FG zurück
Die Entscheidung des BFH vom 25.03.15 (X R 19/14) ist ein exemplarisches Beispiel für den Alltag mit der Betriebsprüfung. Ein stürmischer, übereifriger Prüfer auf gute Mehrergebnisse getrimmt, prüft einen Arbeitnehmer, der im Nebengewerbe eingekaufte Lebensmittel (Fleisch und Käse) verkauft. Dem Prüfer ist der Gewinn zu niedrig. Er ermittelt mit Hilfe des Zeitreihenvergleiches und einer „Warenbestands-Trendentwicklung ein kräftiges Mehrergebnis. Weiterlesen
10 kuriose Steuer-Urteile zum Wochenende (Teil 3)
Heute der dritte und letzte Teil meiner persönlichen Top10 der kuriosesten FG-Urteile. Weiterlesen