EU-rechtswidrig einbehaltene Steuern mit 6% zu verzinsen?

Das FG Köln urteilte in einer aktuellen Entscheidung (2 K 1544/20/www.justiz.nrw.de), das ein zu Unrecht unter Berufung auf EU-rechtswidrige Vorschriften versagter Steuererstattungsanspruch zu verzinsen ist.

Welche Konsequenzen hat dieses Urteil?

Hintergrund

Eine in Österreich ansässige Gesellschaft stellte in den Jahren 2009 bis 2012 beim Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) verschiedene Anträge auf Freistellung und Erstattung von deutscher Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag. Das BZSt lehnte die Anträge zunächst unter Hinweis zu § 50d Abs. 3 EStG ab. Die hiergegen gerichteten Einsprüche hatten im Jahr 2018 allerdings Erfolg und führten zu Steuererstattungen, nachdem der EuGH die Unvereinbarkeit des § 50d Abs. 3 EStG mit dem Unionsrecht festgestellt hatte (vgl. EuGH-Urteile vom 20.12.2017, C-504/16; C-613/16 sowie Beschluss vom 14.06.2018, C-440/17 (GS)) – weitere Details in der NWB Online-Nachricht: Verfahrensrecht | EU-rechtswidrig einbehaltene Steuern sind mit 6 % zu verzinsen.

FG bestätigt Rechtsauffassung der Klägerin

Der 2. Senat des FG Köln stimmte den Ausführungen der Klägerin zu und urteile, ihr stehe ein unmittelbar aus dem EU-Recht begründeter Anspruch auf Verzinsung der unionsrechtswidrig einbehaltenen Kapitalertragsteuer in Höhe von 0,5 % pro Monat zu. Denn: Weil der deutsche Gesetzgeber diese Fälle nicht spezialgesetzlich geregelt habe, sei auf die allgemeinen Verzinsungsgrundsätze der AO zurückzugreifen. Dabei beginne der Zinslauf regelmäßig an dem Tag der zu Unrecht geleisteten Abgabenzahlung. Weiterlesen

Einigung der EU-Finanzminister: Vorschriften über Mehrwertsteuersätze werden reformiert

Pünktlich zum Ende des letzten Jahres hatten sich die EU-Finanzminister darauf geeinigt, die derzeitig gültigen Vorschriften für die auf Waren und Dienstleistungen erhobene Mehrwertsteuer zu aktualisieren.

Hintergrund

Bereits am 18.01.2018 hatte die EU-Kommission neue Rechtsvorschriften vorgeschlagen, um den Mitgliedsstaaten mehr Flexibilität bei der Festlegung der Mehrwertsteuersätze einzuräumen und das steuerliche Umfeld für kleine Unternehmen attraktiver zu gestalten. Diese Vorschläge bildeten (laut Aussage der EU-Kommission) „den Abschluss der Reform der Mehrwertsteuervorschriften (…) zur Schaffung eines einheitlichen EU-Mehrwertsteuerraums, der den Mehrwertsteuerbetrug in der EU (50 Mrd. EUR jährlich) drastisch verringern und gleichzeitig die Unternehmen fördern und die Staatseinnahmen sichern soll“.

Einigung auf Aktualisierung

Am 07.12.2021 konnten die EU-Finanzminister final eine Einigung zur Aktualisierung der derzeitig geltenden Vorschriften für die auf Waren und Dienstleistungen erhobene Mehrwertsteuer beschließen und damit einen Teil der von der EU-Kommission gemachten Vorschläge aus 2018 umsetzen. Durch diese Aktualisierung soll sichergestellt werden, dass die EU-Mehrwertsteuervorschriften mit den gemeinsamen politischen Prioritäten der EU voll und ganz im Einklang stehen. Die Regierungen bekommen mehr Flexibilität in Bezug auf die anwendbaren Steuersätze. Weiterlesen

EU-Kommission gibt grünes Licht: Erweiterte staatliche Garantien für Corona-Hilfskredite!

(Stand: 06.04.2020, 12:00 Uhr)

Der deutsche Mittelstand ist bei der Bekämpfung der wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie in Bezug auf staatliche Liquiditätshilfen bislang zu kurz gekommen: Entweder sind die Unternehmen mit mehr als 10 Mitarbeitern für den Bundes-Sofortzuschuss zu groß oder sie erfüllen die strengen Kriterien für KfW-Kredite nicht. Die EU-Kommssion hat jetzt aber am 3.4.2020 den beihilferechtlichen Rahmen deutlich erweitert.

Jetzt kommen auch größere mittelständische Unternehmen leichter an dringend benötigte Kreditmittel: Bis zu 800.000 Euro mit 100 Prozent Haftungsfreistellung werden denkbar! Weiterlesen

Sonder-AfA für Baudenkmale: Was ist hier mit der Kapitalverkehrsfreiheit?

Ausweislich der Regelung der Sonder-AfA für Baudenkmäler in § 7i EStG ist diese auf im Inland gelegene Gebäude beschränkt. Ob dies in Zeiten der EU rechtens sein kann, prüft aktuell der BFH in Bezug auf ein unter Denkmalschutz stehendes in Polen belegenes Gebäude.

Weiterlesen

Grundsätzlich unbegrenzte Übertragung des nicht genommen Jahresurlaubs

Für Arbeitnehmer hat der EuGH zum Thema nicht genommenen Jahresurlaub eine bahnbrechende Entscheidung getroffen.

Der EuGH (Urteil vom 29.11.2017 – C – 214/16) hat zunächst ausgeführt, dass der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub ein besonders bedeutsame Grundsatz des EU – Sozialrechts ist und zusätzlich in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verankert ist. Zweck des Urlaubs liegt darin, es demArbeitnehmer zu ermöglichen, sich zu erholen und über einen Zeitraum für Entspannung und Freizeit zu verfügen.

Bereits zuvor (20.1.2009 – C 350/06 und C – 520/06) hatte der EuGH entschieden dass bei krankheitsbedingten Fehlzeiten und der daraus folgenden nicht Ausübung des Urlaubs keine Bedenken bestehen, wenn die Ansammlung eines solchen Urlaubs rechtlich auf 15 Monate begrenzt ist und nach dessen Ablauf erlischt (Tz 49).

Davon zu unterscheiden ist die Situation, in der der Arbeitgeber den  Arbeitnehmer daran hindert, seinen bezahlten Jahresurlaub auszuüben.

Weiterlesen

Brexit – und nun?

Das habe ich heute Morgen nicht kommen sehen: die Briten verabschiedeten sich tatsächlich. Und nein, nicht aus dem Achtelfinale, sondern aus der Union. Die politische Diskussion sei jetzt den Politikern überlassen. Doch auf welche steuerlichen Folgen muss man sich hierzulande eigentlich einstellen? Weiterlesen

Fällt wirklich das Berufsrecht für deutsche Steuerberater?

Es ist bereits durch die Presse gegangen: Nach Ansicht des Generalanwalts am EuGH ist es europarechtswidrig, wenn eine in einem anderen EU-Mitgliedstaat niedergelassene Steuerberatungsgesellschaft nicht für Mandanten in Deutschland tätig werden darf. Deutschland verstoße damit gegen den freien Dienstleistungsverkehr (EuGH, Schlussanträge v. 1.10.2015 in der Rs. C-342/14). Der Generalanwalt stößt sich insbesondere daran, dass  § 4 StBerG ohnehin eine große Zahl von Personen aufzählt, die zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen befugt sind, ohne über eine entsprechende Berufsqualifikation zu verfügen (z.B. Notare, Patentanwälte, Vermögensverwalter, Lohnsteuerhilfevereine). Weiterlesen

Bei Geld hört die Freundschaft auf. Und die EU.

Wann immer man dieser Tage etwas zur Steuerpolitik in der EU vernimmt, kommen die Nachrichten von unseren hellenischen Freunden. Sind die Kassen leer, müssen halt neue Steuereinnahmen her. Einen Schritt in diese Richtung soll die Extrabesteuerung von Transaktionen mit Steueroasen bringen. Ungeschickt nur, dass auf der „schwarzen Liste“ auch drei EU-Staaten stehen. Weiterlesen