Der bevorzugte Nacherbe und die Schenkungsteuer

Werden Testamente verfasst, sind diese oftmals von folgenden Gedanken getragen:

  1. das Vermögen soll langfristig erhalten bleiben,
  2. es soll in der Familie bleiben,
  3. es soll gerecht verteilt werden und
  4. der länger lebende Ehegatte soll angemessen versorgt sein.

Den Wunsch, dabei möglichst wenig Erbschaftsteuern entstehen zu lassen, lasse ich bei der Aufzählung einmal außen vor. Jedenfalls sehen Testamente vielfach Vor- und Nacherbschaften vor, das heißt, es wird beispielsweise vereinbart, dass der überlebende Ehegatte zunächst Vorerbe wird und die Kinder bei dessen Versterben Nacherben werden. Unterschieden wird zwar noch zwischen befreiter und nicht befreiter Vorerbschaft, doch letztlich ist beiden Fällen gemein, dass der länger lebende Ehegatte das Erbe zumindest der finanziellen Höhe nach erhalten muss.

Um es drastisch auszudrücken: Er soll das Erbe nicht verschleudern. Und er soll auch nicht eines der Kinder bevorzugen, indem er ihm Vermögenswerte überträgt, die das (Nach-)Erbe der anderen Kinder schmälern würden.

Doch wie ist die Praxis? Weiterlesen

Erbschaftsteuerliche Begünstigungen: Lang andauernde Erbauseinandersetzung ist unschädlich – oder?

§ 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG sieht für die Vererbung des selbstgenutzten Familienheims unter bestimmten Voraussetzungen und bis zu einer bestimmten Größe eine erbschaftsteuerliche Befreiung vor. Wichtig für die Steuerbegünstigung: Das Familienheim muss „unverzüglich zur Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken bestimmt sein“. Und „unverzüglich“ bedeutet „Einzug bzw. Erbauseinandersetzung innerhalb von sechs Monaten“. So zumindest der Grundsatz. Maßgebend ist das BFH-Urteil vom 28.5.2019 (II R 37/16). Ein späterer Einzug oder eine spätere Erbauseinandersetzung führen nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen zum steuerfreien Erwerb des Familienheims. Der Erbe muss dann aber glaubhaft darlegen, dass er diese Verzögerung nicht zu vertreten hat, beispielsweise im Fall einer dringend notwendigen Renovierung.

Nun sind sechs Monate aber keine lange Zeit. Gerade komplexe Erbauseinandersetzungen können sich über mehrere Jahre hinziehen. Und für diese Fälle hat das FG Düsseldorf ein erfreuliches Urteil gefällt. Weiterlesen

Die Erbschaftsteuer im Visier: Ist eine Erhöhung sinnvoll?

Die Diskussion um die Erbschaftsteuer gewinnt in den Tagen des Wahlkampfes deutlich an Fahrt. Insbesondere die Bundestagsfraktionen von SPD und die Linke fordern, diese zu erhöhen. Rückenwind bekommen Sie dabei nunmehr von recht ungewöhnlicher Seite.

Hintergrund

Gerade in Zeiten des Wahlkampfes steht die Diskussion um eine Veränderung der steuerlichen Koordinaten in unserem Land fast immer hoch im Kurs. Neben den großen Einnahmequellen, wie Einkommensteuer und Körperschaftsteuer, geraten auch andere Steuern während dieser Zeiten in das Visier der kämpfenden Parteien. So etwa die Erbschaftsteuer. Beispielsweise fordert die SPD, dass eine Abschaffung der Überprivilisierung großer Betriebsvermögen mit einer effektiven Mindestbesteuerung zu erfolgen habe. Allgemeingültig konstatiert sie in ihrem Zukunftsprogramm, dass die Erbschaftsteuer „reformbedürftig“ sei. Die Bundestagsfraktion die Linke findet noch deutlichere Worte. Da gerade die Superreichen „ihr Millionenvermögen in Unternehmensanteilen steuerfrei vererben oder verschenken“ können, wollen sie dafür sorgen, „dass die Steuerschlupflöcher geschlossen werden. Zu dem Zweck sollen die heute existierenden Privilegien für Betriebsvermögen bei Erbschaften und Schenkungen entfallen.“ Und weiter liest man: „Wir werden die Erbschaftsteuer auf hohe Erbschaften erhöhen.“ Man rechnet hier mit Mehreinnahmen im Jahr i.H.v. 8 bis 10 Milliarden Euro.

Rückenwind von ungewöhnlicher Seite

Unterstützung erhalten diese Forderungen nunmehr von einer Stimme, der man eine solche eher nicht zugetraut hätte. Weiterlesen

Wegfall der Steuerbefreiung für das Familienheim

Grundsätzlich ist der Erwerb des Familienheims durch den Ehegatten steuerbefreit. Im Fall des Erwerbs von Todes wegen fällt die Steuerbefreiung rückwirkend weg, wenn der Erwerber innerhalb von zehn Jahren das Objekt nicht mehr zu Wohnzwecken selbst nutzt. Streitbefangen an dieser Stelle ist regelmäßig die sogenannte Rückausnahme.

Ausweislich der gesetzlichen Regelung in § 13 Abs. 1 Nr. 4b Satz 5 ErbStG fällt die Steuerbefreiung nämlich nicht rückwirkend weg, wenn die Aufgabe der Selbstnutzung aus zwingenden Gründen erfolgt. Tatsächlich ist insoweit regelmäßig streitbefangen, was entsprechende „zwingende Gründe“ sind. Aktuell hat das FG Münster mit Urteil vom 10.12.2020 (Az: 3 K 420/20 Erb) den krankheitsbedingten Auszug aus dem Familienheim nicht als zwingenden Grund gewertet.

Konkret ging es im Sachverhalt um eine Ehefrau, die nach dem Tod ihres Ehemanns das Familienheim geerbt hat und seitdem unter Depressionen und Angstzuständen litt, insbesondere weil ihr Mann im Haus verstorben ist. Um dieser psychischen Erkrankung zu begegnen hat ihr nachweislich ein Arzt geraten, die Wohnungsumgebung zu wechseln, was auch geschah.

Das erstinstanzliche Gericht erkennt darin jedoch keine „zwingenden Gründe“. In der Pressemitteilung des Gerichtes wird sogar angeführt, dass ein zwingender Grund im Sinne des Gesetzes nur dann gegeben sei, wenn das Führen eines Haushaltes schlechthin (etwa aufgrund von Pflegebedürftigkeit) unmöglich sei. Weil dies jedoch im vorliegenden Fall (noch!) nicht gegeben war, muss auch die Steuerbefreiung wegfallen.

Unter dem Strich sagen die Richter damit nichts anderes, als dass man die psychische Erkrankung der Hinterbliebenen hätte fortschreiten lassen müssen bis es gegebenenfalls zu einer entsprechenden Pflegebedürftigkeit gekommen wäre. Denn dann hätte sie auch ihre Steuerbefreiung behalten dürfen. Insoweit kann eine solche restriktive Gesetzesauslegung nicht richtig sein.

Wenn, wie es aus der Pressemitteilung des Gerichtes selbst hervorgeht, die Erkrankung jedoch definitiv vorlag und auch ein entsprechender ärztlicher Rat gegeben war, kann es schlicht nicht richtig sein, dass die Steuerbefreiung erst dann nicht mehr wegfällt, wenn die Erkrankung einen Grad erreicht hat, der die Haushaltsnutzung unmöglich macht.

Aktuell ist leider nicht ersichtlich, ob die zugelassene Revision eingelegt wurde.

Erbschaftsteuer: Umzug aufgrund Depression schädlich für Steuerbefreiung der Eigenheim-Übertragung

Die Vererbung einer selbstgenutzten Wohnimmobilie an den Ehegatten bzw. Lebenspartner oder an Kinder, Stiefkinder oder Kinder verstorbener Kinder ist erbschaftsteuerfrei, und zwar zusätzlich zu bzw. unabhängig von den persönlichen Freibeträgen. Voraussetzung für die Steuerbefreiung ist jedoch, dass der Erblasser das Eigenheim vor dem Erbfall selbst bewohnt hat und die Erben die Immobilie nach der Erbschaft zehn Jahre lang selbst zu Wohnzwecken nutzen.

Fallen die Voraussetzungen innerhalb von zehn Jahren weg, entfällt die Steuerbefreiung mit Wirkung für die Vergangenheit (§ 13 Abs. 1 Nr. 4b und 4c ErbStG). Eine Ausnahme gilt (nur), wenn der Erwerber aus zwingenden Gründen an einer Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken gehindert ist. Weiterlesen

Stiefkinder: Erbschaftsteuerrecht versus Erbrecht

Man sollte meinen, dass insbesondere zwischen zwei so verwandten Themen wie dem Erbschaftsteuerrecht und dem Erbrecht ein gewisser Gleichklang herrscht. Was Stiefkinder betrifft ist dies aber keinesfalls so und kann in der Praxis zu Problemen führen.

Ausweislich § 15 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG gehören neben den Kindern auch die Stiefkinder zur Steuerklasse I in Bezug auf die Erbschaft-oder Schenkungsteuer. Dies bedeutet: Ebenso wie leibliche Kinder wird ein persönlicher Freibetrag von 400.000 € gewährt und der steuerpflichtige Erwerb wird mit einem Eingangssteuersatz bei Steuerklasse I von 7 % besteuert. Weiterlesen

Erbschaftsteuer: Altersbedingter Umzug schädlich für Steuerbefreiung der Eigenheim-Übertragung

Die Vererbung einer selbstgenutzten Wohnimmobilie an den Ehegatten bzw. Lebenspartner oder an Kinder, Stiefkinder oder Kinder verstorbener Kinder ist erbschaftsteuerfrei, und zwar zusätzlich zu bzw. unabhängig von den persönlichen Freibeträgen. Voraussetzung für die Steuerbefreiung ist jedoch, dass der Erblasser das Eigenheim vor dem Erbfall selbst bewohnt hat und die Erben die Immobilie nach der Erbschaft zehn Jahre lang selbst zu Wohnzwecken nutzen.

Fallen die Voraussetzungen innerhalb von zehn Jahren weg, entfällt die Steuerbefreiung mit Wirkung für die Vergangenheit (§ 13 Abs. 1 Nr. 4b und 4c ErbStG). Eine Ausnahme gilt (nur), wenn der Erwerber aus zwingenden Gründen an einer Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken gehindert ist.

Das Tatbestandsmerkmal „zwingende Gründe“ wird durch den BFH und die Finanzgerichte leider äußerst eng ausgelegt. So hat das FG Hessen entschieden, dass selbst ernsthafte psychische Gründe für den Auszug aus dem Familienheim nicht ausreichen, um die Steuerbefreiung zu behalten (FG Hessen, Urteil vom 10.5.2016, 1 K 877/15). Um es spitz zu formulieren: Psychische Gründe sind keine zwangsläufigen Gründe (vgl. dazu meinen Blog-Beitrag „FGs haben kein Einsehen bei psychischen Krankheiten von Steuerpflichtigen“).

Nun hat das FG Düsseldorf entschieden, dass „übliche“ altersbedingte Einschränkungen ebenfalls keine zwingenden Gründe für einen Auszug aus dem Familienheim innerhalb der Zehn-Jahres-Frist sind und die Steuerbefreiung für den Erwerb des Familienheims folglich rückwirkend entfällt (Urteil vom 8.1.2020, 4 K 3120/18 Erb). Weiterlesen

Im Steuerrecht ist Vater nicht gleich Vater – Karlsruhe muss entscheiden

Man lernt nie aus. Wie ich erst kürzlich durch den BFH erfahren durfte, ist im Steuerrecht Vater nicht gleich Vater. Es muss zwischen dem biologischen und dem rechtlichen Vater unterschieden werden. Nur der rechtliche Vater habe gegenüber dem Kind Pflichten, wie zum Beispiel zur Zahlung von Unterhalt. Außerdem sei das Kind nur gegenüber seinem rechtlichen, nicht aber seinem biologischen Vater erb- und pflichtteilsberechtigt. Dies rechtfertige es, den rechtlichen Vater auch für die Erbschaft- und Schenkungsteuer finanziell besser zu stellen.

Bei einem Erbe oder einer Schenkung des biologischen Vaters findet folglich nicht die für Kinder günstige Steuerklasse I Anwendung, sondern es wird nach der Steuerklasse III besteuert. Mithin wird nur ein Freibetrag von 20.000 EUR gewährt (BFH-Urteil vom 5.12.2019, II R 5/17). Weiterlesen

Bei Gericht: Interessante Steuerstreitigkeiten im Dezember 2020

Zum Jahresende drei Anhängigkeiten, die auch noch weit über das Jahr hinaus Bedeutung für das Steuerrecht haben können. Einmal geht es um die umsatzsteuerliche Behandlung der Mitvermietung von Betriebsvorrichtungen, dann um die Frage der Steuerklasse bei Schenkungen vom biologischen Vater und zuletzt um die Berechnung der Kfz-Kostendeckelung beim Einnahme-Überschuss-Rechner. Weiterlesen

Übliche Miete vs. vertraglich vereinbartes Entgelt

Für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer sind bei Immobilien die Grundbesitzwerte gesondert festzustellen und für die wirtschaftlichen Einheiten des Grundvermögens unter Anwendung der Regelungen des Bewertungsgesetzes zu ermitteln.

Grundstücksart ausschlaggebend

Die Bewertung bebaute Grundstücke ist dabei von der Grundstücksart abhängig. Mehrfamilienhäuser werden beispielsweise im Ertragswertverfahren zu bewerten sein. Bei der Anwendung des Ertragswertverfahrens ist der Wert des Gebäudes getrennt von dem Bodenwert auf der Grundlage des Ertrags zu ermitteln. Bei der Ermittlung des Gebäudeertrags ist von dem Reinertrag des Grundstücks auszugehen. Dieser ergibt sich aus dem Rohertrag des Grundstücks abzüglich der Bewirtschaftungskosten. Weiterlesen