Ehegatten-Arbeitsverhältnis: Wenn das ausstehende Gehalt nachträglich eingefordert wird…

Eigentlich blogge ich ungerne zu Themen jenseits des Steuerrechts, doch ich bin kürzlich auf ein Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm gestoßen, in dem es um ausstehende Gehaltszahlungen bei einem Ehegatten-Arbeitsverhältnis geht und man als steuerlicher Berater in diesem Zuge dann doch wieder prüfen muss, welche steuerlichen Auswirkungen sich hieraus ergeben. Daher möchte ich das Urteil kurz vorstellen.

Der Sachverhalt:

Der Ehemann führte die Geschäfte des Unternehmens der Ehefrau und war hierfür zu einem Bruttogehalt von 7.500 Euro monatlich angestellt. Insbesondere in den Jahren 2016 und 2017, aber auch in der Folgezeit verfügte das Unternehmen der Ehefrau nicht immer über ausreichend Liquidität. Aus diesem Grunde wurde die Arbeitsvergütung des Ehemannes zwar ordnungsgemäß abgerechnet, das heißt Steuern und Sozialversicherungsbeiträge wurden abgeführt. Eine Auszahlung der Nettoentgelte erfolgte hingegen nicht. Im Einzelnen wurden Nettoentgelte von rund 52.000 Euro nicht ausgezahlt. Inzwischen leben die Ehegatte getrennt und streben die Scheidung der Ehe an, welche jedoch noch nicht erfolgt ist.

Ende 2021 reichte der Ehemann Klage beim Arbeitsgericht ein und begehrte die Auszahlung der bislang zurückbehaltenen Nettoentgelte. Er ist der Ansicht gewesen, dass seine Ehefrau die Nettoentgelte lediglich gestundet habe. Diese hingegen war der Auffassung, die Forderungen seien verjährt. Eine Stundungsabrede sei im Übrigen nicht getroffen worden. Das Arbeitsgericht hat der Klage des Ehemannes aber stattgegeben und die Berufung der Ehefrau beim LAG wurde verworfen. Die Ehefrau muss den ausstehenden Betrag zahlen (LAG Hamm, Urteil vom 25.1.2023, 9 Sa 738/22).

Die Begründung in Kurzform:

Grundsätzlich wären die Entgeltansprüche aus den Jahren 2016 und 2017 gemäß §§ 195, 199 Abs.1 BGB mit Ablauf der Kalenderjahre 2019 bzw. 2020 verjährt gewesen. Die Verjährung der Entgeltansprüche des Ehemannes war jedoch gemäß §§ 207 Abs. 1 S. 1, 209 BGB gehemmt. Nach dieser Vorschrift ist die Verjährung von Ansprüchen zwischen Ehegatten gehemmt, solange die Ehe besteht. Der Zeitraum, während dessen die Verjährung gehemmt ist, wird gemäß § 209 BGB nicht in die Verjährungsfrist eingerechnet. Ob seinerzeit gemäß § 205 BGB eine Stundung der Vergütungsansprüche des Ehemannes erfolgt ist oder nicht, sei unerheblich.

Denkanstoß:

In dem Urteil ging es selbstredend nur ums Arbeitsrecht. Aber ein Blick ins Steuerrecht kann nicht schaden. Hier gilt: Nur in besonderen Ausnahmefällen ist die Nichtauszahlung des Gehalts zum Fälligkeitszeitpunkt unschädlich, beispielsweise wenn ein steuerlich zu beachtender Darlehensvertrag abgeschlossen wurde oder wenn beachtliche betriebliche Gründe zu einer kurzfristigen Verschiebung einzelner Gehaltszahlungen geführt haben (vgl. BFH-Urteil vom 13.11.1986, IV R 322/84; BFH-Urteil vom 26.6.1996, X R 155/94).

Steuerlich ist es also in Fällen wie dem obigen nicht unwahrscheinlich, dass das Ehegatten-Arbeitsverhältnis insgesamt verworfen wird. Dann aber würde die Gehalts(nach)zahlung steuerlich nicht zu Betriebsausgaben führen, der gesamte Vorgang bliebe auf der Privatebene verordnet. Beim Arbeitnehmer-Ehegatten müsste aber auch kein Lohn versteuert werden; die Nachzahlung würde sich auch bei ihm im privaten Bereich abspielen. Zugegebenermaßen wäre das Ergebnis irgendwie seltsam, denn der Lohn ist ja  – wenn auch verspätet – tatsächlich und arbeitsrechtlich wirksam geflossen.

Mich würde Ihre Auffassung interessieren. Wäre das Arbeitsverhältnis trotz der jahrelangen Nichtauszahlung des Gehalts steuerlich anzuerkennen gewesen? Und falls das Arbeitsverhältnis steuerlich nicht anzuerkennen wäre: Wie würden Sie dann die Gehalts(nach)zahlung steuerlich werten, deren Korrektheit immerhin durch das Arbeitsgericht festgestellt worden ist?

Aber auch anders herum sind die steuerlichen Auswirkungen diffizil: Angenommen, das Gehalt wurde zwar nicht ausgezahlt, aber dennoch wurde – wie im Urteilsfall – Lohnsteuer abgeführt. Nun wird das Arbeitsverhältnis vom Finanzamt (weiter) anerkannt und dieses erfährt auch von der Gehaltsnachzahlung. Wird hierauf Lohnsteuer fällig, obwohl diese in den Jahren zuvor bereits auf das nicht ausgezahlte Gehalt berechnet und abgeführt wurde? Auch hierzu würde mich Ihre Auffassung interessieren.

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