Coronavirus: Besteuerung von Grenzpendlern

Für die Zeit der Corona-Krise hat Deutschland eine Reihe von DBA-Verständigungsvereinbarungen verabredet, die verhindern sollen, dass Grenzpendler, die wegen der Corona-Pandemie im Homeoffice arbeiten, steuerliche Nachteile erleiden. Ein Überblick.

Hintergrund

Während der Corona-Krise und damit verbundenen Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen wechseln viele Arbeitnehmer den Arbeitsplatz und arbeiten zu Hause. Homeoffice kann aber insbesondere bei Grenzpendlern, die im grenznahen Raum an ihren Arbeitsplatz über die Grenze pendeln, zum Wechsel des Besteuerungsrechts führen.

Insbesondere Grenzpendler/innen, die normalerweise täglich von ihrem Wohnsitz aus in einen anderen Staat zur Arbeit pendeln, sind von den aktuellen Beschränkungen betroffen. Wenn sie nun vermehrt ihrer Tätigkeit im Homeoffice nachgehen, kann dies auch steuerliche Folgen auslösen, etwa dann, wenn nach den zugrunde liegenden Regelungen des DBA der beiden betroffenen Staaten das Überschreiten einer bestimmten Anzahl an Tagen (häufig: 183 Tage), an denen der eigentliche Tätigkeitsstaat nicht aufgesucht wird. Ein erhöhtes Maß an Homeoffice-Tagen kann daher zu einer Änderung der Aufteilung der Besteuerungsrechte und damit zu einer Änderung der steuerlichen Situation der betroffenen Beschäftigten führen.

Vor diesem Hintergrund hat Deutschland in den letzten Monaten mit verschieden EU-Nachbarstaaten Verständigungsvereinbarungen zu den jeweiligen DBA getroffen.  Die Vereinbarungen regeln die Besteuerung von Grenzpendlern in die Nachbarstaaten und sollen sicherstellen, dass grenzüberschreitend tätige Arbeitnehmer/innen im Hinblick auf die Covid-19 Pandemie steuerlich nicht benachteiligt werden. Ziel ist, eine Sonderregelung für die Zeit zu schaffen, in denen aufgrund der hohen Ansteckungsgefahr die Gesundheitsbehörden weiterhin zu Homeoffice raten, mit dem Ziel, es den betroffenen Beschäftigten zu ermöglichen, dass sie in diesem Zeitraum so behandelt werden, als hätten sie ihrer Arbeit wie gewohnt an ihrem eigentlichen Tätigkeitsort nachgehen können.

Aktuell liegen folgende veröffentlichte BMF-Schreiben zu Verständigungsvereinbarungen vor: Weiterlesen

Gesetzesentwurf zur Streitbeilegung bei der Doppelbesteuerung

Die Bundesregierung hat einen Gesetzesentwurf eingebracht, mit dem ein neues Verfahren zur Beilegung von Streitfällen über Doppelbesteuerungsabkommen eingeführt werden soll. Die aktuellen Verfahren sehen teilweise keinen Einigungszwang vor.

Der Hintergrund

Doppelbesteuerungssachverhalte entstehen, wenn zwei souveräne Steuer-Jurisdiktionen auf dasselbe Besteuerungssubstrat zugreifen. Bisher erfolgte die Beilegung einer von einem betroffenen Steuerpflichtigen vorgebrachten Doppelbesteuerungsstreitigkeit, indem die jeweiligen Staaten teilweise auf ihre Besteuerungsrechte verzichteten. Weiterlesen

…und wieder Künstler

BFH zum Besteuerungsrecht für Einkünfte eines Chorsängers und den „Nichtrückkehrtage“ von Grenzgängern

Wieder beschäftigte sich der BFH mit Künstlern und dem internationalen Steuerrecht. Auch dieser Fall spielt wieder an der Oper. Allerdings dieses Mal einen in Deutschland wohnenden und in der Schweiz auftretenden Chorsänger.

In der zurückliegenden Weihnachtszeit dürften Chorsänger sicherlich ihre Hochsaison gehabt haben. Und so befasste sich der BFH in seinem Urteil vom 30.05.2018 (I R 62/16) mit Künstlern und dem internationalen Steuerrecht – konkret mit dem Besteuerungsrecht eines in Deutschland wohnenden und in der Schweiz auftretenden Chorsängers an einer Oper. In diesem Fall war die Differenzierung zwischen Entgelten für Auftritte vor Publikum und für Proben ohne Publikum von Interesse, ebenso die Behandlung von Nichtrückkehrtagen von Grenzgängern.

Worum ging es?

Der Kläger hat seinen Wohnsitz im Inland. Im Streitjahr (2012) war er – wie auch schon viele Jahre zuvor – als Sänger im Chor eines privatwirtschaftlich als AG betriebenen Opernhauses in A (Schweiz) beschäftigt. Weiterlesen

Historisches Verfahren – Österreich verklagt Deutschland wegen Vertragsauslegung (Teil 2)

Das ist für uns alle Neuland – So könnte man das beim Europäischen Gerichtshof anhängige Verfahren Rechtssache C-648/15 beschreiben. Denn zum ersten Mal überhaupt entscheidet der EuGH über eine Streitigkeit zwischen zwei Mitgliedstaaten  aufgrund eines Schiedsvertrags. Wer zieht im Zwist der Bundesrepubliken den Kürzeren?

Inhaltlich erscheint die Streitfrage – anderes als in verfahrensrechtlicher Hinsicht – nicht übermäßig interessant. Abstrakt liegt der Streitfall wie folgt: Eine österreichische Bank erhält Zinsen auf Genussscheine aus Deutschland. Vereinbart ist eine Festverzinsung, die jedoch bei Bilanzverlust des Schuldners bis auf null sinken kann. Dann besteht in späteren Gewinnjahren allerdings ein Nachzahlungsanspruch. Rechtlich entscheidend ist nun, ob man diese Zinsen einfach als Zinsen oder als Zinsen auf Forderungen mit Gewinnbeteiligung ansieht. Einfache Zinsen besteuert nach dem Doppelbesteuerungsabkommen allein der Ansässigkeitsstaat (hier Österreich). Für gewinnabhängige Zinsen besteht hingegen ein Quellenbesteuerungsrecht (hier in Deutschland). Weiterlesen

Historisches Verfahren – Österreich verklagt Deutschland wegen Vertragsauslegung (Teil 1)

Das ist für uns alle Neuland – So könnte man das beim EuGH anhängige Verfahren in der Rechtssache C-648/15 beschreiben. Denn zum ersten Mal überhaupt entscheidet der Gerichtshof über eine Streitigkeit zwischen zwei Mitgliedstaaten  aufgrund eines Schiedsvertrags.

Gegenstand des Verfahrens ist – natürlich – ein Steuerstreit. Beide Staaten konnte keine Einigung über das Besteuerungsrecht an Zinsen auf Genussscheine finden, welche die Bank Austria von der WestLB erworben hatte. Nachdem das  Verständigungsverfahren mindestens drei Jahre ohne Ergebnis blieb, rief Österreich den Europäischen Gerichtshof an. Inhaltlich haut einen der Streit jetzt wirklich nicht so ohne weiteres vom Hocker, was allerdings auch ohne größere Bedeutung bleibt. Denn im Vordergrund stehen die technischen Fragen des Verfahrens, welches bislang ja nur ein rein theoretisches Konstrukt war. Weiterlesen

Lohnsteuerfrei arbeiten im Ausland? Gibt’s nicht!?

Es war ein beliebter Trick der vielen Grenzpendler und „Auslandsarbeiter“: Man schafft jenseits der Grenze, spart sich dort (teilweise) die Steuererklärung, und erklärt dem deutschen Finanzamt, dass es für die Besteuerung des Gehalts unzuständig sei. Mit dem am vergangenen Mittwoch veröffentlichen Urteil des Bundesfinanzhofs ist dem nun endgültig ein Riegel vorgeschoben. Theoretisch wenigstens. Weiterlesen

DE/CH: Überdachende Besteuerung wohl unionsrechtskonform

Vor etwa eineinhalb Jahren rief das FG Baden-Württemberg den EuGH an, weil es die überdachende Besteuerung im DBA Deutschland/Schweiz für unionsrechtswidrig hielt. In der Fachwelt rief die Vorlage bereits einige Verwunderung hervor. Nun stellte auch Generalanwalt Mengozzi dar, dass dieses Vorabentscheidungsersuchen eher eine Luftnummer war. Weiterlesen