Neuer Rechtsrahmen für Corona-Schutzmaßnahmen ab Herbst – Erste Bewertung des Eckpunktepapiers der Bundesregierung

Am 24.8.2022 hat das Bundespapier in Form einer Formulierungshilfe ein Eckpunktepapier für eine Fortschreibung der Corona-Schutzmaßnahmen ab Herbst 2022 vorgelegt – eine erste Bewertung

Hintergrund

Die bislang geltenden Regelungen im IfSG zur Bekämpfung der Corona-Pandemie sind bis 23.9.2022 befristet. Da Deutschland unverändert ein hohes Infektionsgeschehen mit unterschiedlichen Virusvarianten aufweist, ist ein neuer gesetzlichen Handlungsrahmen erforderlich, um auf die Infektionslage reagieren zu können.

Geplante Eckpunkte für einen effektiven Infektionsschutz

Das geplante Maßnahmenpaket der Bundesregierung sieht die Verlängerung von Verordnungsermächtigungen (z.B. für eine Reaktivierung der Corona-ArbSchV) vor, vor allem aber ein Eingriffspaket auf Bundes- und Länderebene (Einzelheiten finden Sie hier: NWB YAAAJ-20731). Kernpunkte sind hierbei: Weiterlesen

Urlaubsrecht: Muss der Arbeitgeber bei quarantänebedingter Unterbrechung Urlaub nachgewähren?

Der EuGH soll auf Vorlage des BAG klären, ob nach Unionsrecht ein Arbeitgeber verpflichtet ist, einem Arbeitnehmer bezahlten Erholungsurlaub nachzugewähren, der zwar während des Urlaubs selbst nicht erkrankt ist, in dieser Zeit aber eine behördlich angeordnete häusliche Quarantäne einzuhalten hatte (BAG, Beschluss v. 16.8.2022 – 9 AZR 76/22 (A)). Für Details zum Sachverhalt lesen Sie die NWB Online-Nachricht „Arbeitsrecht | Nachgewährter Urlaub bei behördlich angeordneter Quarantäne?“

BAG legt Streitsache dem EuGH zu Vorabentscheidung vor

Für das BAG ist jetzt entscheidungserheblich, ob es mit Art. 7 der Arbeitszeitrichtlinie 2003/88/EG und Art. 31 Abs. 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union im Einklang steht, wenn vom Arbeitnehmer beantragter und vom Arbeitgeber bewilligter Jahresurlaub, der sich mit einer nach Urlaubsbewilligung durch die zuständige Behörde angeordneten häuslichen Quarantäne zeitlich überschneidet, nach nationalem Recht nicht nachzugewähren ist, weil der betroffene Arbeitnehmer selbst nicht krank war. Denn nach dem Wortlaut des § 9 BUrlG kommt eine Nachgewähr von Urlaub nur bei ärztlich attestierter Arbeitsunfähigkeit in Betracht, nicht hingegen bei bloßer behördlich angeordneter häuslicher Quarantäne oder Isolation ohne Krankheitssymptome.

Praktische Bedeutung

Sollte der EuGH im Vorlageverfahren (Art. 267 AEUV) die Ansicht teilen, dass § 9 BUrlG unionsrechtskonform dahin auszulegen ist, dass in analoger Anwendung von § 9 BUrlG die Situation einer staatlichen Quarantäneanordnung einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit während der Abnahme genehmigten Urlaubs gleichsteht, hätte dies gerade unter Corona-Pandemie-Bedingungen weitreichende Folgen für das deutsche Urlaubsrecht. Weiterlesen

Verlängerung der Corona-Schlussabrechnungsfristen: Eine Entscheidung der Vernunft!

Das BMWK hat der dringenden Bitte der Kammern der steuerberatenden Berufe entsprochen, die von den prüfenden Dritten im Schlussabrechnungsverfahren der Corona-Wirtschaftshilfen einzuhaltenden Fristen über den 31.12.2022 hinaus mindestens bis 30.6.2023 zu verlängern.

Ein gute Botschaft auch für die Empfänger von Corona-Wirtschaftshilfen! Weiterlesen

Corona-Neustarthilfe 2022 kann abgerechnet werden!

Die Endabrechnung der Neustarthilfe 2022 ist für Direktantragsteller seit dem 2.8.2022 verfügbar. Was Empfänger von Neustarthilfe jetzt beachten sollten.

Hintergrund

In der Corona-Pandemie hat der Bund unter anderem als Vorschussprogramm die sog. Neustarthilfe (bzw. Plus) 2022 zur Verfügung gestellt, um wirtschaftlichen Härten durch eine Kostenerstattung abzumildern – ich habe mehrfach berichtet, s.u. Während bei anderen Förderprogrammen wie der Überbrückungshilfe ausschließlich der Steuerberater als „prüfender Dritter“ über ein Online-Portal die Schlussabrechnung bis 31.12.2022 erstellen muss, sind Direktantragsteller, die bereits eine Bewilligung oder Teilbewilligung erhalten haben, verpflichtet, eine Endabrechnung zu erstellen.

Endabrechnung ab sofort möglich

Wie das BMWK jetzt auf seinen Internetseiten mitgeteilt hat, ist das für die Endabrechnung von Direktantragstellern zu nutzende Online-Portal ab sofort verfügbar. Die Frist für die Einreichung der Endabrechnung der Neustarthilfe 2022 für Direktantragsteller läuft ab dem 8.8.2022 bis zum 30.9.2022. Wenn die Neustarthilfe erst nach dem 1.9.2022 bewilligt wird, läuft die Frist entsprechend erst vier Wochen nach Versand des Bewilligungsbescheides ab.

Worauf sollten Bewilligungsempfänger achten?

Es gibt einige Spielregeln, die Direktantragsteller unbedingt beachten sollten: Weiterlesen

Bundesarbeitsgericht: Arbeitgeber darf Angestellten Corona-Tests vorschreiben!

Arbeitgeber dürfen ihren Angestellten grundsätzlich Corona‑Tests vorschreiben. Das hat das BAG in einem aktuellen Grundsatzurteil (BAG 1.6.2022 – 5 AZR 28/22) entschieden.

Das Urteil hat weitreichende praktische Bedeutung – jedenfalls wenn die Corona-Pandemie im Herbst zurückkehrt! Details zum Sachverhalt in der NWB Online-Nachricht (s.u.). Weiterlesen

Verfassungsmäßigkeit der einrichtungsbezogenen Impfpflicht – Welche Lehren sind aus der Entscheidung des BVerfG zu ziehen?

Das BVerfG (1 BvR 2649/21) hat mit seiner am 19.5.2022 veröffentlichten Entscheidung die Verfassungsmäßigkeit der einrichtungsbezogenen Impfpflicht bestätigt. Dies ist ein „juristischer Meilenstein“ in der COVID-19-Pandemiebekämpfung.

Welche Fernwirkung hat das verfassungsgerichtliche Machtwort? Weiterlesen

Schlussabrechnung der Corona-Überbrückungshilfen gestartet – Worauf ist zu achten?

Seit 5.5.2022 kann die Schlussabrechnung der Überbrückungshilfeprogramme I – III erfolgen, hat das BMWK mitgeteilt. Das Thema wurde hier im Blog bereits im Beitrag von Dr. Degenhardt aufgegriffen. Ich möchte nochmal Aspekte ergänzen und „unterstreichen“, worauf in der Praxis zu achten ist, z.B. bei der Umsatz- und Kostenprognose. Weiterlesen

Sollte die einrichtungsbezogene COVID-Impfpflicht fallen? Standortbestimmung und Bewertung

Die allgemeine Impfpflicht gegen das Coronavirus ist im Bundestag gescheitert. Jetzt häuft sich auch die Kritik an der einrichtungsbezogenen Impfpflicht. Sollte auch diese wieder abgeschafft werden?

Hintergrund

Im Bundestag war am 7.4.2022 kein der eingebrachten Gesetzesanträge zur Einführung einer allgemeinen Impfpflicht mehrheitsfähig (BT-Drs. 20/899; 20/954; 20/1353); ich habe unlängst berichtet. Das Infektionsschutzgesetz sieht vor, dass Personen, die in den bestimmten Einrichtungen tätig sind, entweder gegen das Corona-Virus geimpft oder von einer Infektion genesen sein müssen; Einrichtungen im Sinne von § 20a Abs. 1 IfSG sind z.B. Krankenhäuser, Tageskliniken und Arztpraxen.

Eine Ausnahme besteht für Personen, die auf Grund einer medizinischen Kontraindikation nicht gegen das Corona-Virus geimpft werden können und ein entsprechendes ärztliches Zeugnis vorlegen. Wer in einer der Einrichtungen arbeitet, musste der Einrichtungsleitung bis zum 15.03.2022 entweder einen gültigen Impfnachweis, einen gültigen Genesenennachweis oder ein ärztliches Zeugnis vorgelegt haben. Andernfalls kann das Gesundheitsamt ein Betretungs- bzw. Tätigkeitsverbot aussprechen, wenn diese Nachweise nach Aufforderung nicht erbracht wird.

Dies kann für den Betroffenen weitreichende (arbeitsrechtliche) Konsequenzen haben, z.B. ein Bußgeld (§ 73 IfSG). Das entsprechende Gesetz vom 10.12.2021 (BGBl 2021 I S. 5162) ist am 12.12.2021 in Kraft getreten und ist bis 31.12.2022 befristet.

Wie ist der Umsetzungs- und Diskussionsstand?

Die einrichtungsbezogene Impfpflicht war eigentlich nur als „Durchgangsbahnhof“ auf dem Weg zu einer allgemeinen Corona-Impfpflicht gedacht, dazu ist aber nicht gekommen. Weiterlesen

Impfpflicht ohne Mehrheit – aber auch ohne Folgen?

Im Bundestag war am 7.4.2022 keiner der eingebrachten Gesetzesanträge zur Einführung einer allgemeinen Impfpflicht mehrheitsfähig. Eine Bestandsaufnahme und Bewertung der Folgen.

Hintergrund

Die neue Ampel-Koalition hat Ende 2021 eine COVID-19-Impfpflicht auf den Weg gebracht, allerdings nur „berufsbezogen“ in bestimmten Einrichtungen und Unternehmen (z.B. Alten- und Pflegeheimen),. Eine Ausweitung bleibt zu prüfen“, hieß es damals. Angesichts weiter steigender Infektionszahlen und einer drohenden Überlastung des Gesundheitssystems von Krankenhäusern bis hin zu Gesundheitsämtern wurde seitdem eine über die einrichtungsbezogene (sektorale) Impfpflicht hinausgehende allgemeine Impfpflicht streitig diskutiert: Zwischen Medizinern und Juristen gleichermaßen. Aus der vom Bundeskanzler bis „Mitte März 2022“ angekündigten allgemeinen Impfpflicht ist nichts geworden, ja nicht mal eine Regierungsvorlage für ein entsprechendes Gesetz hat die Ampel-Koalition hinbekommen.

Sämtliche Gesetzesvorlagen gescheitert

Verschiedene Initiativen zum Thema Corona-Impfpflicht, die von völliger Ablehnung bis zu einer allgemeinen Impfpflicht für alle über 18-Jährigen reichen, sind am 7.4.2022 im Bundestag ohne die erforderliche Abstimmungsmehrheit geblieben, alle Vorlagen sind „durchgefallen“, ein bemerkenswerter Vorgang. Die meisten Stimmen konnte auf die Beschlussempfehlung des federführenden Gesundheitsausschusses (BT-Drs. 20/1353) der Antrag auf sich vereinen, der eine verpflichtende Impfberatung und Einführung einer altersbezogenen Impfpflicht ab 60 Jahren ab dem 15.10.2022 vorsah (BT-Drs. 20/899 und 20/954); aber auch hier gab es keine Mehrheit. Damit haben sich letztlich die Parlamentarier faktisch durchgesetzt, die gegen eine Impfpflicht sind.

Welche Auswirkungen auf das Corona-Geschehen sind zu erwarten?

Feststeht, dass das Corona-Virus – egal in welcher Variante – noch längst nicht zu den Akten gelegt werden kann. Weiterlesen

Rolle rückwärts: Keine freiwillige Isolations- und Quarantäne ab 1.5.2022

Ab 1.5.2022 sollten die bislang sehr strengen Isolations- und Quarantäneregelungen bei Corona-Infektionen gelockert werden, nachdem sich die Gesundheitsminister von Bund und Ländern am 4.4.2022 geeinigt haben. Damit sollte den Lockerungen der bisherigen Corona-Einschränkungen entsprochen werden.

Aber nur einen Tag später erklärt der Bundesgesundheitsminister: Rolle rückwärts!

Hintergrund

Ich habe berichtet: Nach dem geänderten Infektionsschutzgesetz (IfSG, BGBl 2022 I S. 466) endeten mit dem 2.4.2022 die meisten Corona-Beschränkungen, nur die Länder Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern machen bislang von den sog. Hotspot-Regelungen Gebrauch, die weiterhin flächendeckende Corona-Einschränkungen wie Maskenpflicht oder Zugangsbeschränkungen erlauben. Gleichzeitig mit den weitreichenden Lockerungen hat der Bund aber an den strengen Isolations- und Quarantäneregelungen nach §§ 28 Abs. 1 S.1;  30 Abs. 1 S.2 IfSG festgehalten, die in der Umsetzungspraxis bei steigenden Infektionszahlen zu erheblichen Personalausfällen geführt haben.

Was ändert sich jetzt (nicht)?

Für Kontaktpersonen von Menschen mit einer Corona-Infektion soll es nun ab dem 1. Mai eine verkürzte und freiwillige Isolation oder Quarantäne geben, nicht aber für Infizierte selbst; für diese Gruppe bleibt es bei den strikten Isolationsregeln, die von den Gesundheitsämtern anzuordnen sind. Kontaktpersonen sollen sich stattdessen selbst regelmäßig testen. Für infizierte Beschäftigte in Gesundheits- oder Pflegeeinrichtungen soll die Absonderung ebenfalls weiter vom Amts wegen angeordnet werden und erst nach fünf Tagen nach einem negativem Schnell- oder PCR-Test enden. Alle Corona-Infizierten müssen also auch weiterhin in Isolation bleiben – nach fünf (bislang: sieben) Tagen soll ab 1.5.2022 die Möglichkeit bestehen, sich freizutesten.

Aus dem ursprünglichen Plan, nach dem bei einer Corona-Infektion ab 1.5.2022 nur noch eine „dringende Empfehlung“ für eine fünf Tage lange Isolation Infizierter gelten sollte, wird also nichts. Denn der Bundesgesundheitsminister hat es sich einen Tag später wieder anders überlegt: Rolle rückwärts, um den Kritikern zu entsprechen, die sich mahnend gegen Freiwilligkeit und gegen das „Prinzip der Durchseuchung“ ausgesprochen haben. Weiterlesen