Einkommensteuerpflichtige Ersatzleistungen führen nicht zu einer Kürzung der nach § 33 EStG abzugsfähigen Aufwendungen – so lautet kurz und knapp ein aktueller Beschluss des BFH vom 15.6.2023 (VI R 33/20). Der Leitsatz verschweigt ein wenig, dass die zugrundeliegende Problematik sowohl die Finanzgerichte als auch den BFH durchaus längere Zeit beschäftigt hat.
Es ging nämlich zunächst um die Frage, ob ein so genanntes Sterbegeld steuerpflichtig ist. Und dann um die weitere Frage, ob es, wenn es schon versteuert werden muss, trotzdem die als außergewöhnliche Belastung abziehbaren Beerdigungskosten mindert.
Zur Historie:
Der BFH hat sich zweimal mit der Steuerpflicht des Sterbegeldes befassen müssen. So hat er entschieden, dass das pauschale Sterbegeld aus der Beamtenversorgung, das nach den Dienstbezügen bzw. dem Ruhegehalt des Verstorbenen bemessen ist, nicht nach § 3 Nr. 11 EStG steuerfrei ist. Es handelt sich um einen Versorgungsbezug und damit um steuerpflichtige Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit. Unerheblich ist dabei, dass es sich um einen einmaligen Bezug handelt (BFH-Urteil vom 19.4.2021, VI R 8/19).
Zuvor hatte er bereits geurteilt, dass ein einmaliges Sterbegeld aus einer betrieblichen Altersversorgung (Pensionskasse) auch dann nach § 22 Nr. 5 Satz 1 EStG einkommensteuerpflichtig ist, wenn es mangels lebender Bezugsberechtigter nicht an die Bezugsberechtigten i.S. des BetrAVG, sondern ersatzweise an die Erben gezahlt wird (BFH-Urteil vom 5.11.2019, X R 38/18).
Was im Lichte dieser beiden BFH-Urteile so eindeutig erscheint, war zuvor durchaus umstritten. Beachten Sie dazu die Blog-Beiträge „Aufreger des Monats Mai: Sterbegeld ´mal steuerpflichtig, ´mal steuerfrei“ und „Sterbegeld oder ´“Mit der einen Hand gegeben, mit der anderen genommen´.“
Der aktuelle Beschluss des BFH:
Werden außergewöhnliche Belastungen aus zu versteuerndem Einkommen geleistet, sind die entsprechenden Aufwendungen ohne Anrechnung der zu versteuernden Beträge nach § 33 EStG abziehbar. Denn eine (auch nur teilweise) Anrechnung der zu versteuernden Leistung auf die nach § 33 EStG abziehbare außergewöhnliche Belastung hätte eine unzulässige doppelte steuerliche Belastung des Steuerpflichtigen zur Folge.
Denkanstoß:
Die Begründung des BFH ist recht kurz gehalten. Er hat es offenbar nicht für nötig gehalten, der Ansicht der Finanzverwaltung mit vielen Worten entgegenzutreten. Ein Punkt soll aber dennoch erwähnt werden, weil der BFH darauf nur am Rande eingegangen ist: Die Vorinstanz erkannte die Beerdigungskosten nämlich „gekürzt um den Versorgungsfreibetrag“ als außergewöhnliche Belastung an. Man darf davon ausgehen, dass auch der BFH diese Kürzung als rechtens ansieht.